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"Mein Ziel ist, dass der Hintergrund der Eltern oder die Herkunft nicht das dominante Unterscheidungsmerkmal ist, sondern dass alle Kinder und Jugendliche gute und faire Bildungschancen bekommen", sagte der Bildungsminister bei der Präsentation des Projekts. Ab dem kommenden Schuljahr würden 112.000 Schülerinnen und Schüler von dem Programm profitieren. Die ausgewählten 156 Mittelschulen und 244 Volksschulen können laut Ministeriumsaussendung selbst wählen, ob sie als zusätzliches Personal "Lehrer:innen, Schulpsycholog:innen, Schulsozialarbeiter:innen oder Sozialpädagog:innen" wollen.
Die Maßnahme soll jährlich rund 65 Millionen Euro kosten. Im Regierungsprogramm waren weitere zusätzliche 20 Mio. Euro ab dem Schuljahr 2027/28 "unter Budgetvorbehalt" angedacht. Ein Ausbau des Programm in Zukunft sei möglich, sagt Wiederkehr hierzu. Dafür bräuchte es aber zusätzliche Budgets, die erste verhandelt werden müssten.
Die 800 zusätzlichen Stellen werden vorrangig nach Schulgröße vergeben. Je nach Schule würden ein bis sieben Vollzeitäquivalente zugeteilt. Die meisten Schulen kommen aus dem urbanen Raum. Wenig verwunderlich befinden sich die meisten ausgewählten Einrichtungen in Wien mit 227 Volks- und Mittelschulen. In Oberösterreich sind 60 Schulen eingeladen, an dem Projekt teilzunehmen. Es folgen die Steiermark (41), Niederösterreich (27), Salzburg (13), Tirol (12), Vorarlberg (11), Kärnten (8) und das Burgenland (1).
Die 400 Schulen sollen für mindestens fünf Jahre in dem Programm bleiben. Auf den Lehrermangel angesprochen, räumte Wiederkehr ein, dass es regional zu Problemen kommen könnte, das gewünschte Personal zu finden. Der Mangel sei aber nicht mehr flächendeckend, zudem gehe die Entwicklung in "die richtige Richtung".
Ausgesucht wurden die 400 Schulen nach dem sozioökonomischen Hintergrund der Schüler - konkret anhand der sogenannten SÖL-Kategorien (Sozioökonomische Ausgangslage). Kriterien für mehr Mittel sind dabei der Anteil an Eltern am Standort, die maximal Pflichtschulabschluss bzw. geringes Einkommen oder keine Arbeit haben, und der Anteil an Kindern, die im Alltag nicht Deutsch als Erstsprache angeben oder im Ausland geboren wurden.
Zu den ausgewählten Schulen gehören alle 296 der "SÖL-Kategorie 1" sowie ein Teil der Einrichtungen aus der "SÖL-Kategorie 2". Nachdem alle Schulen, die bereits am Vorgängerprojekt "100 Schulen - 1000 Chancen" teilgenommen haben, auch an dem neuen Programm teilnehmen können, wurden auch zwei Einrichtungen der "SÖL-Kategorie 3" eingeladen.
Laut dem Chancenindex der Arbeiterkammer (AK), der auf die Kriterien Umgangssprache der Schüler und Bildungsstand der Eltern abzielt, gab es in Österreich im Schuljahr 2022/23 über alle Schularten hinweg 510 Schulen mit besonders großen Herausforderungen, wie es auf APA-Anfrage hieß.
Kritik kam von der FPÖ. Sie macht mit Verweis auf den Lehrermangel "wieder einmal nur eine halbe Geschichte des NEOS-Bildungsministers" aus. Wiederkehr schiebe die Verantwortung hier auf die Schulen ab, "obwohl es seine ureigenste Aufgabe als Minister wäre, das Problem des Lehrermangels endlich zu lösen", so FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl.
Lob für den Chancenbonus gab es von SPÖ-Bildungssprecher Heinrich Himmer, für den die Regelung aber noch nicht weit genug geht. "Die Schulen brauchen mehr Unterstützung und ein umfassendes, langfristiges Paket zur weiteren Entlastung. Dazu gehören auch zusätzliche Mittel für weitere Berufsgruppen wie Ergotherapeut:innen oder Logopäd:innen."
Die Grüne Bildungssprecherin Sigrid Maurer verwies auf das noch unter grüner Regierungsbeteiligung geschaffene Projekt "100 Schulen - 1000 Chancen". "Dass dieses erfolgreiche Modell nun weiterentwickelt wird und im Chancenbonus aufgeht, ist ein richtiger und notwendiger Schritt."
Wiens Vizebürgermeisterin Bettina Emmerling (NEOS) sieht eine langjährige Forderung der Bundeshauptstadt erfüllt. Erfreut zeigte sich auch der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer. Das zugesagte Personal müsse jetzt "rasch" und "unkompliziert" bei den Schulen ankommen.