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Burn-out verhindern: Ein Plädoyer für die 4-Tage-Woche

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Burn-out verhindern: Ein Plädoyer für die 4-Tage-Woche
Geringe Arbeitszeit, höhere Produktivität: Die Isländer haben nach jahrelangen Tests auf eine 4-Tage-Woche umgestellt.©PeopleImages
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Jörg Flecker ist Soziologieprofessor in Wien und rät der österreichischen Politik die Einführung einer 30-Stunden-Woche um Burn-out zu verhindern. Warum eine kürzere Wochenarbeitszeit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer(innen) meist eine Win-Win-Situation ist. Wo Burnout-Betroffene sich hinwenden können.

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Der Soziologe Jörg Flecker forscht an der Universität Wien über Trends in der Arbeitswelt. Einer seiner Schwerpunkte: Burnout-Prävention.

Österreicher arbeiten im EU-Vergleich besonders viele Stunden pro Woche

Professor Flecker verweist darauf, dass die Österreicher mit im Schnitt 42 Arbeitsstunden pro Woche nach den Griechen (43,8 Stunden) in Europa am längsten arbeiten. Die Verkürzung der Arbeitszeit ist laut Flecker "keine ideologische Debatte", sondern im Hinblick auf eine gesundheits- und altersgerechte Arbeitswelt notwendig. "Man arbeitet heute außerdem auch deutlich intensiver als vor 20 Jahren." Davon zeuge auch die starke Zunahme psychischer Erkrankungen wie Burn-out.

Welche Länder eine 4-Tage-Woche eingeführt haben

Die Regierung in Beglien hat vor kurzem eine Vier-Tage-Woche beschlossen. Die Angestellte im Land sollen ihre Arbeit künftig flexibel an vier statt fünf Tagen verrichten können. Die belgische Regierung einigte sich auf eine entsprechende Arbeitsmarktreform, wie Premierminister Alexander De Croo mitteilte. Island hat 2021 auf eine 4-Tage-Woche umgestellt. Einige skandinavische Länder haben in der Vergangenheit bereits mit kürzeren Arbeitszeitmodellen experimentiert. Nachdem die Vier-Tage-Woche mit 35 Stunden jahrelang getestet wurde, hat in Island nun die Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung das Recht auf fünf Stunden kürzere Arbeitszeiten – bei vollem Lohn. Auch Frankreich ist für die 35-Stunden-Woche bekannt.

Was eine 4-Tage-Woche bringt

Island verspricht sich davon eine Win-Win-Entwicklung mit mehr Lebensqualität einerseits und höherer Produktivität. Das neue System wurde während drei Jahren in einer Studie mit einem Prozent der Angestellten getestet und zeigte recht erstaunliche Resultate: Weniger Burn-outs und zufriedenere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei gleichbleibenden oder sogar verbesserten Leistungen. In Finnland etwa, dort wo kürzer gearbeitet wird als in Österreich, haben die Mitarbeiter hätten auch mehr Möglichkeiten, für sich selbst im Alltag Grenzen zu ziehen. Die Frage der Verteilung der Arbeit wird laut Flecker in der österreichischen Politik vernachlässigt und dass es gar keine Debatte darüber gebe, liege am "Killerargument der Wettbewerbsfähigkeit", kritisierte der Professor.


Befürchtung die Zahl der Überstunden würde massiv ansteigen, hat sich gerade in Berufen mit fixen Anwesenheitszeiten laut Studie nicht bewahrheitet. Mit verschiedenen Formen neuer Schichten und zusätzlichen digitalen Hilfsmitteln sei das vermieden worden

Hohe Kosten um Burnout zu behandeln

Hierzulande endet der tägliche Arbeitsstress für immer mehr Berufstätige im Burn-out und fühlen sich ausgebrannt. Die Folge sind oft monatelange Arbeitsausfälle und teure Behandlungen. Forscher Friedrich Schneider vom Institut Wirtschaftsstandort (IWS) Oberösterreich ist in einer Studie zu dem Ergebnis gelangt, dass die volkswirtschaftlichen Kosten von arbeitsbedingten psychischen Krankheiten in Österreich jährlich bei sieben Milliarden Euro verschlingen.

Je später das Leiden diagnostiziert werde, desto höher seien die Kosten für Krankenbehandlung, Anstaltspflege und Krankengeld. Werde Burn-out früh erkannt, verursache es im Einzelfall nur Kosten in Höhe von rund 1.500 bis 2.300 Euro, bei einer späten Diagnose könnten die Kosten auf bis zu 131.000 Euro pro Patient steigen. Noch besser und billiger sei es allerdings, präventiv entgegenzuwirken und für das Thema ein Bewusstsein zu schaffen.

Burnout: Häufige Ursache für Frühpensionierung

IWS-Forscher Schneider macht darauf aufmerksam, dass psychische Belastungen die zweithäufigste Ursache für Frühpensionierungen seien, die ebenfalls entsprechende Kosten verursachen würden. "Das ist leider ein negativer Wirtschaftsfaktor geworden." Das IWS rechnet vor: 95 Prozent der Maßnahmen gegen zu viel Stress kosten wenig bis gar kein Geld und 80 Prozent davon würden innerhalb kurzer Zeit greifen.

Wo sich Betroffene hinwenden können

Betroffene können sich neben ihrem Hausarzt an spezielle Einrichtungen wie an pro mente, dem österreichischen Dachverband für Vereine und Gesellschaften für psychische und soziale Gesundheit, wenden. Dort finden sich für alle Bundesländer nützliche Adressen von Mitgliedern und Partnern.

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