
KSV-CEO Ricardo-José Vybiral und Insolvenzleiter Karl-Heinz Götze warnen im Rahmen ihrer Pressekonferenz vor den Konsequenzen des gestern beschlossenen Betrugsbekämpfungsgesetzes.
©KSV1870/Ava NovidiVor allem Handel, Bau und Gastro waren heuer von Pleiten betroffen. Hochgerechnet haben heuer knapp 7.000 Unternehmen eine Insolvenz angemeldet.
Ausgehend von einem hohen Niveau steigen die Firmenpleiten heuer mit einem Plus von 4,1 Prozent, wie der Gläubigerschutzverband KSV1870 im Rahmen einer Pressekonferenz am Donnerstag mitteilte. Die Ende 2024 von KSV-CEO Ricardo-José Vybiral getroffene Prognose einer Bewegung in Richtung 7.000 Insolvenzen ist mit hochgerechnet 6.857 angemeldeten Unternehmensinsolvenzen eingetroffen.
Regionale Unterschiede bei Insolvenzeröffnungen
Die jahrelange Negativspirale bewirke heuer 19 Unternehmenspleiten pro Tag. Während die eröffneten Insolvenzen 2025 um 1,5 Prozent auf 4.222 Fälle stiegen, fiel das Plus bei den nicht-eröffneten mit 8,5 Prozent auf 2.635 Fälle kräftiger aus. In diesen Fällen seien nicht mal mehr 4.000 Euro im Unternehmen vorhanden, um die Mindestkosten für das Verfahren zu decken, erklärte KSV-Insolvenzleiter Karl-Heinz Götze. Die Folge: Schließung des Betriebes, Verlust aller Arbeitsplätze, erhöhter Schaden für Gläubiger. Derartige Fälle machen bereits 38 Prozent aller Firmenpleiten aus.
Die Entwicklung war je nach Bundesland sehr unterschiedlich. Im Burgenland gingen die Firmeninsolvenzen um rund ein Drittel zurück. Deutliche Anstiege gab es in Salzburg (plus 22,7 Prozent), Oberösterreich (plus 20,8 Prozent) und Tirol (plus 14,9 Prozent). In Wien und Niederösterreich lagen mit 2.605 und 1.106 Insolvenzen die höchsten Fallzahlen vor. Die größte Insolvenz des Jahres kam aus dem Signa-Umfeld: Die Signa Prime Capital Invest GmBH mit Passiva von 870 Millionen Euro.
Die Branchen Handel, Bau und Beherbergung/Gastronomie machten heuer fast 50 Prozent aller Insolvenzen aus. Im Bau hofft man jedoch basierend auf einer steigenden Nachfrage, die Talsohle überschritten zu haben. Im Grundstücks- und Wohnungswesen wurde im Vergleich zu 2019 eine Steigerung der Insolvenzzahlen um 316 Prozent verzeichnet. „Das ist die Branche, die es aktuell am schwierigsten hat“, betonte Götze.
Die Zahl der Gläubiger sei 2025 um rund acht Prozent gestiegen, jene der betroffenen Mitarbeiter:innen dafür um fast 28 Prozent gesunken. Die geschätzten Passiva wurden gegenüber 2024 - dem Höchststand der österreichischen Wirtschaftsgeschichte - mehr als halbiert auf rund 8,4 Milliarden Euro. Allerdings „trug das Vorjahr“ - geprägt von einigen Riesenpleiten aus dem Benko-Reich - „die Überschrift Signa“, so Götze.
Stimmungslage der österreichischen Wirtschaft
„Die Geschäftslage stagniert, der freie Fall ist jetzt einmal gestoppt“, resümierte KSV-Chef Vybiral den wirtschaftlichen Hintergrund der Insolvenzstatistik. Zwar schließen heuer mehr als die Hälfte der Unternehmen mit einem Gewinn ab, doch „kämpft ein Viertel der Unternehmen mit der schwarzen Null“. Jene Unternehmen könnten leicht in die roten Zahlen rutschen. In der KSV1870-Bonitätsbewertung zeige sich in Bezug auf die Ratingklassen, dass immer mehr Unternehmen in Richtung Durchschnitt abrutschen, folglich also das Ausfallsrisiko steigt. Weiters befänden sich Hypothekar- und Konsumkredite auch weiterhin deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau.
Positiv zu vermerken sei die gestiegene Eigenkapitalquote. Zudem strich Insolvenzleiter Götze die gestiegene Zahl an Unternehmensgründungen hervor, die die Betriebsschließungen deutlich übersteigen würden: „Ja, die Firmeninsolvenzen sind gestiegen, aber wir haben auch viel mehr wirtschaftsrelevante Firmen in Österreich bekommen.“
Kaum Veränderung bei den Privatinsolvenzen
Keine Bewegung gab es bei den Privatkonkursen. Sie blieben mit 8.840 Fällen knapp über dem Vorjahreslevel von 8.822. Allerdings sind die Passiva hier um fast 18 Prozent von 997 Millionen Euro auf rund 1,2 Milliarden Euro angewachsen. Demzufolge erhöhte sich auch die durchschnittliche Schuldenhöhe um rund 20.000 Euro. Für das kommende Jahr prognostiziert der KSV1870 zurzeit ein ähnliches Privatinsolvenzaufkommen.
Kritik am Betrugsbekämpfungspaket
Als „schwarze Stunde für die österreichische Wirtschaft“ bezeichnete Götze abschließend das gestern im Nationalrat beschlossene Betrugsbekämpfungsgesetz. Mit der Novellierung würden der Klassenkonkurs de facto wieder eingeführt und der Staat als Gläubiger bevorzugt werden. Die Befürchtung beim KSV: Der Staat und öffentliche Versicherungen hätten kein so großes Interesse mehr, frühzeitig Gläubigeranträge auf Insolvenz zu stellen. In Folge wären Firmen als „Zombie-Unternehmen viel länger im Wirtschaftsleben aktiv, obwohl sie dort nichts mehr verloren haben“. Weiters würden Insolvenzen verschleppt werden und Gläubiger öfter leer ausgehen. Als Konsequenz rechnet der Gläubigerschutzverband mit Folgeinsolvenzen und dem Verlust von Arbeitsplätzen.
So warnte Insolvenzleiter Götze: „Die Einsparung für den Staat wird auf 20 bis 25 Millionen geschätzt. Das erscheint vielleicht auf den ersten Blick wie viel Geld. Aber die Konsequenz für die österreichische Wirtschaft wird ein Vielfaches davon sein.“
