Babara Müller-Christensen (Uni.Prof. JKU Linz), Gerhard Leitner (Geschäftsführer LIMAK) und Fred Marhinger (A1 - HR-Leiter)
©trend / Michael Rausch-SchottWie Führungskräfte in einer Zeit der Polykrisen agieren sollen, darüber sprechen GERHARD LEITNER, Geschäftsführer der LIMAK Austrian Business School, FRED MAHRINGER, HR-Leiter bei A1, und Universitätsprofessorin BARBARA MÜLLER-CHRISTENSEN.
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Was sind aktuell die größten Herausforderungen für Führungskräfte?
Die Führungskräfte sind derzeit mit einer Vielzahl an Herausforderungen konfrontiert. Themen wie Teuerung, Personalmangel, Nachhaltigkeit, künstliche Intelligenz, Digitalisierung und Prozessoptimierung prägen immer stärker den Führungsalltag und fordern damit die Führungskräfte, ihre Teams durch diese multiplen Transformationen zu führen. Für die Führungskräfte ist es dabei wichtig, die Balance in diesem Spannungsfeld an Herausforderungen zu halten. Das bedeutet, dass es notwendig ist, sowohl auf Leistungsorientierung mit Fokus auf die Zahlenwelt als auch auf Menschenorientierung, sprich das People Management, gleichzeitig zu setzen. Es braucht beides, um langfristig erfolgreich zu sein.
Viele reden von der Polykrise, und das stimmt tatsächlich. Führungskräfte müssen laufend und sehr schnell Entscheidungen unter Unsicherheit oder eben mit mehrdeutigen Informationen treffen. So eine Entscheidungsfindung ist in den aktuell turbulenten Zeiten nicht so leicht.
Was es zusätzlich für Führungskräfte aktuell sehr schwer macht, ist, dass sich auch das Führungsbild unserer Gesellschaft wandelt und dass sehr viele Erwartungen an Führungskräfte gestellt werden. Und mit diesem Erwartungsdruck sind die Führungskräfte unmittelbar konfrontiert. Das Führungsbild ist relativ polarisierend. Wir haben auf der einen Seite nach wie vor ein heldenhaftes Bild von Führung und auf der anderen Seite schlägt das Pendel ins Gegenteil aus, in dem Sinne, dass es keine Führungskräfte und keine Hierarchien mehr braucht. Auch mit diesem Spannungsfeld müssen die Führungskräfte umgehen.
Herr Mahringer, stimmt Ihr Bild mit der Perspektive aus der Praxis mit diesen Aussagen überein?
Es ist genau so, wie man es immer sagt: Die Veränderung wird niemals wieder so langsam sein wie heute. Businessmodelle und Technologien ändern sich sehr schnell in unserer Industrie, dazu kommt noch ein kultureller Wandel in den Organisationen. Das ist schon eine richtige Herausforderung für uns alle, die wir in Führungsrollen sind. Wir reagieren darauf mit viel Training und Ausbildung und versuchen, den Führungskräften das notwendige Handwerkszeug an die Hand zu geben. Was wir auch sehr stark gemacht haben, ist, an der Fehlerkultur zu arbeiten. Wenn man in einem komplexen und dynamischen Umfeld ist, dann ist es einfach okay, dass man auch einmal Fehler macht. Auch Raum zur Reflexion ist wichtig.
Wie begegnen erfolgreiche Unternehmen diesen Herausforderungen? Und welche Rolle spielen die Führungskräfte dabei?
Erfolgreiche Unternehmen sind sehr vorausschauend und haben eine Vielzahl an Maßnahmen. Aus der Perspektive einer Weiterbildungsinstitution, welche für viele erfolgreiche Unternehmen in ganz Österreich und international arbeiten darf, fällt uns auf, dass gerade jetzt verstärkt in die Entwicklung der Führungskräfte investiert wird. Führungskräfte sind ein zentraler Erfolgsbaustein, wenn es um die Gewinnung, aber vor allem die Bindung von Mitarbeiter:innen geht, und sie haben auch einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung einer zeitgemäßen Unternehmenskultur.
Unternehmen müssen jetzt sehr adaptiv sein, um auf die Rahmenbedingungen reagieren zu können. Wichtig für Organisationen ist dabei der Blick nach außen: Was tut sich in unserem Umfeld? Die Verantwortung von Führung ist, möglichst viele solcher Beobachtungspunkte nach außen zu schaffen. Und dann auch darauf zu hören, was vom Verkauf, dem Kundenservice oder der Produktion als Information zurückkommt, und das in die Entscheidungsfindung zu implementieren.
Entscheidend ist, Zeit für Reflexion und gemeinsamen Austausch zu bieten, zum Beispiel über universitäre Netzwerke. Hier kann man von anderen Organisationen extrem viel lernen, weil wir derzeit vielleicht gerade jene Herausforderungen haben, die andere schon vor zwei Jahren hatten. Und umgekehrt. Auch im eigenen Unternehmen ist der Austausch mit anderen Kolleg:innen sehr wertvoll.
Mit IN.SPIRE bietet die LIMAK maßgeschneiderte, firmeninterne Führungskräfteentwicklung und Qualifizierungsprogramme an, die auch A1 nutzt. Wie sehen so ein akademisches Inhouse-Programm und die Zusammenarbeit genau aus?
Das Besondere dabei ist, dass wir wirklich unsere Themen und unsere Herausforderungen in das Programm mit einbringen konnten und ein Stück weit sogar bei der Schwerpunktsetzung und bei den Professoren und Vortragenden mitgestaltet haben. Für unser Thema, wie man Wachstum und Performance gleichzeitig managt, konnte einer der renommiertesten Professoren in Österreich gewonnen werden. Er hat nach einem Briefing von uns genau verstanden, wo unsere Herausforderung liegt, und mit seinem theoretischen Background die Sessions sehr maßgeschneidert für uns gestaltet. Gleichzeitig passiert bei diesen Programmen sehr viel auf Teambuilding-Ebene. Die Leute arbeiten gemeinsam an einem Thema und gehen mit guten Ideen, aber auch mit einem gemeinsamen Bild aus diesen Sessions hinaus.
Genau das ist ja der große Vorteil an den Inhouse-Programmen, dass man wirklich Herausforderungen, Themenstellungen aus dem Unternehmen nimmt und direkt daran arbeitet. Und dann hat man ein Ergebnis, das man auch umsetzen kann. Durch die akademische Gestaltung und die Abstimmung der Lernziele sind innerbetriebliche Weiterbildungen wie diese auch für aufbauende Executive-MBA-Lehrgänge anrechenbar. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten somit das Beste aus beiden Welten: Bei den Inhouse-Angeboten bekommen sie maßgeschneiderte Inhalte für ihre aktuelle Arbeitssituation und in der Folge eröffnet ihnen die Weiterbildung zum Executive MBA neue Impulse, Perspektiven und Netzwerke. Zwei A1-Mitarbeiter aus dem Inhouse-Programm haben ihren MBA bereits abgeschlossen.
MÜLLER-CHRISTENSEN: Gute Führungskräfte müssen Schnittstellen und Brücken zwischen den vielen Abteilungen eines Unternehmens schaffen. Und genau das passiert in einem Inhouse-Programm auch. Denn da kommen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den unterschiedlichsten Bereichen und können sich die Zeit und den Raum nehmen, um gemeinsam an den Themen zu arbeiten und unterschiedliche Perspektiven zu artikulieren. Die Kompetenz, die unterschiedlichen Sichtweisen zu verbinden und auf deren Basis fundiertere Entscheidungen zu treffen, macht den Unterschied aus.
Was würden Sie einer jungen Führungskraft in Bezug auf ihre Weiterentwicklung empfehlen?
Ich rate, sich die Zeit zu nehmen, sich mit dieser Rolle ganz explizit auseinanderzusetzen. Und auch zu erkennen, dass das tatsächlich eine neue Rolle ist und man Führung nicht einfach nur nebenher machen kann. Bei dieser Reflexion müssen sich die Führungskräfte auch die Frage stellen, wo sie Entwicklungsbedarf haben. Das ist nicht einfach und muss daher auch von der Organisation mit unterstützt werden.
Wir haben bei A1 eine "New Leaders Journey". Dabei lernen neue Führungskräfte das Handwerkszeug wie Arbeitsrecht oder Arbeitssicherheit. Dazu empfehle ich jungen Führungskräften, sich einen Coach zu nehmen. Das kann ein erfahrener Kollege sein, an den ich mich auch einmal in schwierigen Situationen wenden kann. Und jeder sollte das Grundsatzverständnis haben, dass man da nie ausgelernt hat. Früher hat es immer diesen Spruch gegeben: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Ich glaube, das ist einer der größten Irrtümer, die es heutzutage gibt.
Die Basis ist, dass sich eine junge Führungskraft zuerst die Gedanken macht: Wo will ich überhaupt hin? Was sind meine Potenziale? Wo ist meine Leidenschaft? Was mache ich richtig gerne, wo zieht es mich hin? Dann würde ich schauen, wer oder was mich auf meinem Weg unterstützen kann. Unser Executive-MBA-Programm ist sicher so ein Unterstützer, weil man dort neben dem Knowhow unterschiedliche Perspektiven bekommt und sich auch ein Netzwerk aufbaut. Um als Führungskraft schnell und effektiv auf den neuesten Wissensstand zu den wichtigsten Zukunfts-und Trendthemen zu kommen, bieten sich unsere neuen ein-bis fünftägigen Executive Essentials an. Ich empfehle auch, ins Ausland zu gehen und sich die Welt anzuschauen. Wichtig ist einfach, dass man sich immer weiterentwickelt: fachlich und auch als Leadership-Persönlichkeit.
Zu den Personen
BARBARA MÜLLER-CHRISTENSEN ist assoziierte Universitätsprofessorin am Institut für Leadership &Change Management an der JKU Linz und akademische Leiterin des Universitätslehrgangs "Strategic People Management and New Work" an der LIMAK Austrian Business School. Sie absolvierte ihr Studium in Betriebswirtschaftslehre an der WU Wien und verbrachte Forschungsaufenthalte in den USA und England.
GERHARD LEITNER ist seit mehr als zwölf Jahren Geschäftsführer der LIMAK Austrian Business School. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der JKU - Johannes Kepler Universität Linz war er in der Logistikbranche in unterschiedlichen Führungsfunktionen tätig und als General Manager bei Fischer Sports für Business Development und den weltweiten Vertrieb der Fischer-Alpinprodukte verantwortlich.
FRED MAHRINGER leitet seit 2020 den HR-Bereich bei A1. Der promovierte Betriebswirt absolvierte bei A1 eine Techniklehre und schloss danach eine HTL für Elektrotechnik und ein MBA-Programm ab. Die Stationen des Oberösterreichers bei A1 reichen von technischen Bereichen im Festnetz und Mobilfunk bis zum Director Portfolio-und Projectmanagement. Mahringer ist verheiratet und Vater zweier Kinder.
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