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Bitcoin & ETF: So investiert die Jugend von heute

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David Forsthuber, Florian Schinerl und David Scholler (v. l.) sind typische Vertreter der Generation ETF.  Sie halten auch Aktien, aber für den langfristigen Vermögensaufbau vertrauen sie auf börsengehandelte Indexfonds.

©Trend Wolfgang Wolak
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Obwohl der Bitcoin aktuell ein Rekordhoch erreicht hat, setzen viele Investoren lieber auf stabilere Anlageprodukte. Besonders beliebt bei der Gen Z sind Indexfonds. Sie sind transparent, günstig und bringen solide Erträge. Sechs junge Menschen erzählen, warum sie ihr Geld in diese ETFs stecken.

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Als Fabian Schinerl 18 Jahre alt wurde, stellten seine Eltern eine entscheidende Weiche für ihn. Sie überließen ihrem Sohn einen größeren Betrag mit den Worten: „Das haben wir für dich angespart. Überleg dir gut, was du damit machst.“

Der Sohn hatte sich schon in frühen Jahren für die Börse interessiert. Er wollte damit Aktien kaufen. Und so gingen Schinerl senior und junior zur Hausbank der Familie. Dort hörte der Sohn, was Zigtausend Bankkunden auch vorgepredigt wird. Aktien sind Beteiligungen an Unternehmen. Sie können steigen oder fallen. Um das Risiko von Verlusten zu verringern, müsste man viele Aktien kaufen. Dazu braucht man viel Kapital. Also sind Fonds die richtige Lösung. Sie enthalten eine Vielzahl an Aktien. Das Risiko wird besser gestreut. Und der Ertrag steigt.

Heute ist Schinerl 27 und Assistent am Institut für Europarecht und internationales Recht der Universität Wien. Er erinnert sich an diesen Moment zurück: „Mir wurde damals bewusst, dass so ein Fonds einen deutlich höheren Ertrag erzielen muss, damit mir bei den Kaufspesen und laufenden Kosten auch etwas übrig bleibt. Ich habe mich dann weiter über das Thema informiert und bin draufgekommen, dass es nur den wenigsten Fondsmanagern gelingt, den Markt zu schlagen, also besser zu sein als ein Index wie Dax, Dow Jones oder S&P 500.“

Schinerl kaufte damals nach der Beratung bei der Hausbank keinen Investmentfonds, aber wenig später einen ETF, einen börsengehandelten Indexfonds auf den MSCI World. Er war damit Pionier einer Entwicklung bei der Geldanlage, die immer stärker wird, vor allem bei jüngeren Menschen. So wie auch bei Katrin Fetzer, Lucas Wachernig, David Scholler, David Forsthuber oder Michael Scheiffler. Sie sind alle zwischen 20 und 40, wollen längerfristig ansparen, sich einen Traum erfüllen, ein Auto, einen größeren Auslandsaufenthalt oder auch bereits für später vorsorgen. Sie traden mit Aktien über das Handy bei Onlinebrokern oder bei ihrer Hausbank. Aber die breite Basis ihrer Investmentstrategie bilden immer ETFs. Es ist das Investmentprodukt der Jugend. Nach einer Erhebung in Deutschland kaufen 35 Prozent der Anleger unter 40 Jahren ETFs. In der Altersgruppe darüber sind es nur mehr 17 Prozent. Das Verhältnis dürfte in Österreich ähnlich sein. 

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Lukas Wachernig. Der Umwelttechniker bei der Porr AG startete seine Investmentkarriere zunächst mit Gold und dann mit Bitcoin. Doch jetzt hat er langfristige Anlageziele vor Augen. Und dafür ist ein Indexfonds auf den S&P 500 ins Depot gekommen.

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 © Solactive

EFT-Boom

Die drei Buchstaben sind in der Investmentwelt mittlerweile zu einer Zauberformel geworden: ETF, Exchange-Traded Fund. Diese börsengehandelten Indexfonds, so die wörtliche Übersetzung, setzen sich immer mehr als Alternative zu Publikumsfonds durch. Der wichtigste Unterschied zwischen einem ETF und einem klassischen Fonds: Bei einem Investmentfonds entscheiden ein Manager und sein Team, welche Aktien oder Anleihen für den Fonds gekauft werden, von dessen Kursanstiegen der Fondskäufer dann profitiert. Bei einem ETF werden einfach die Aktien eines bestimmten Index, etwa des Weltaktien-Index MSCI World, automatisch gekauft. Und der ETF-Käufer verdient an dem Kursanstieg des Index, in dem Fall eben der wichtigsten Aktien der Welt. Dementsprechend spricht man auch von aktiven oder passiven Investmentfonds.

Einer der größten Vorteile von ETFs sind die Kosten. Sie fallen sehr gering aus, da aufgrund der passiven Indexnachbildung keine hohen Verwaltungsgebühren für ein aufwendiges Fondsmanagement entstehen. Der Kauf eines aktiven Fonds kostet einen Ausgabeaufschlag, der in der Regel bis zu fünf Prozent der Kaufsumme beträgt. ETFs hingegen haben keinen Ausgabeaufschlag. Die weiteren Gebühren für aktive Investmentfonds belaufen sich pro Jahr auf rund 1,5 bis zwei Prozent des Fondsvermögens. Die Total Expense Ratio, also die Summe aller Kosten, liegt bei aktiven Investmentfonds im Jahr im Schnitt bei 3,5 Prozent. Die Kosten für ETFs liegen mit 0,05 Prozent bis maximal 0,8 Prozent deutlich darunter. 

Und nicht zuletzt spricht die Transparenz der Preisgestaltung für die börsengehandelten Indexfonds: Für ETFs gibt es zu jeder Zeit einen sich an den Aktienmärkten durch Angebot und Nachfrage bildenden Kurs. Bei Publikumsfonds wird der An-und Verkaufspreis nur einmal am Tag festgelegt. Bei Fonds mit geringerem Volumen manchmal sogar nur einmal pro Woche.

Bei Lucas Wachernig, 25, Umwelttechniker bei der Porr AG, stand am Beginn seiner Investmentkarriere ein ausgelaufener Bausparvertrag. Die Zinsen auf einem Bankkonto waren gering, also kaufte er Gold. „Dann hab ich es mit Bitcoin versucht“, erinnert sich der junge Mann, „da geht der Kurs halt sprunghaft auf und ab.“ Die Kryptowährung hat er gekauft, als sie bei 8.000 US-Dollar stand und hält sie noch immer. Bitcoin steht jetzt bei rund 108.000 US-Dollar. „Damals hatte ich leider nicht viel Geld“, meint er mit einem bedauernden Lächeln. 

In Summe ist Wachernig mit seinen Investmententscheidungen solide im Plus, dennoch hat er die Zukunft im Blick. Er will nicht nur kurzfristige Gewinne einfahren, sondern auch etwas, das stabile Erträge bringt. Der Student an der TU Wien arbeitet mittlerweile beim führenden Baukonzern in Österreich im Umwelt- und Nachhaltigkeitsbereich und denkt dementsprechend langfristig. „Seitdem ich voll arbeite, habe ich einen monatlichen Sparplan für einen ETF auf den S&P 500 abgeschlossen“, sagt Wachernig, „Bitcoin können kurzfristig hohe Gewinne bringen, aber der ETF auf den S&P 500 ist ein Investment, das ich lange halten werde.“

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Katrin Fetzer. Die Unternehmensberaterin bei Accenture kam durch Larissa Kravitz auf den Geschmack, ETFs zu kaufen. Die als Investorella bekannte Finfluencerin machte im Auftrag von Accenture ein Tutorial über ETFs. Heute hält Fetzer zwei Indexfonds und plant weitere Käufe.

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Buffets Rat

Wachernigs Strategie wird auch von den Großen der Wall Street empfohlen. Denn selbst der wohl erfolgreichste Investor der Welt, Warren Buffett, ist von ETFs als Langfristinvestments überzeugt. Erst vor Kurzem hat er seine Nachfolge an der Spitze der Beteiligungsholding Berkshire Hathaway geregelt. Und er hat in seinem Aktionärsbrief auch Einblick in sein Testament gegeben. Es enthält einen für den Altmeister der erfolgreichen Geldanlage überraschenden Passus: Seine Erben sollen 90 Prozent des ihnen zufallenden Vermögens in einen S&P-500-Indexfonds anlegen. Buffett glaubt nicht, dass die Mehrzahl der aktiv verwalteten Fonds langfristig den Vergleichsindex schlagen können. Und dafür sind sie zu teuer. 

Ein wesentlicher Faktor für Fondsmanager, um Gewinne zu erzielen, die über dem Marktdurchschnitt liegen, ist, den richtigen Zeitpunkt für Käufe und Verkäufe zu finden. Eine Aufgabe, der sich kein Privatanleger stellen soll und stellen kann. Kleinanleger sollten im Großen und Ganzen eine Buy-and-Hold-Strategie verfolgen. Dafür sind ETFs das optimale Investment-Produkt. Mit einer langfristigen Geldanlage in einen S&P-500-ETF lassen sich durchschnittliche Renditen von rund zehn Prozent im Jahr erzielen. Diese durchschnittliche Performance kam in der Vergangenheit aber trotz einiger schlechter Marktphasen und sogar Börsencrashs wie bei der Dotcom-Blase im Jahr 2000 oder dem Lehman-Crash 2008 zustande.  

Katrin Fetzer beispielsweise ist 29 und Unternehmensberaterin bei Accenture. Bei ihrem Freund hat sie bereits gesehen, wie er erfolgreich an der Börse handelte. Die Initialzündung, es selbst einmal zu versuchen, kam jedoch von ihrem Arbeitgeber. Der lud Larrissa Kravitz, bekannt als Investorella, zu einer Informationsveranstaltung für die Mitarbeiter ein. Kravitz ist die erfolgreichste Finfluencerin des Landes und predigt, den Einstieg in den Kapitalmarkt nur über ETFs zu machen. „Ich bin nicht unbedingt ein sehr risikofreudiger Mensch und will auch nicht viel Zeit in die Beobachtung von Aktien investieren, also habe ich mich für einen ETF entschieden“, beschreibt Fetzer ihre Überlegungen zum Einstieg bei Indexfonds. 

Sie hält derzeit einen auf den MSCI World und einen auf MSCI Emerging Markets, ist aber auf der Suche, wie sie ihr ETF-Depot erweitern könnte. Fetzer hält die ETFs mit einem langfristigen Ziel: „Aber für eine geplante größere Reise werde ich vielleicht einen Teil verkaufen.“

Fonds im Vergleich

Über den Performancevergleich zwischen aktiv gemanagten Fonds und passiven Indexfonds wird viel diskutiert. Für ein Experiment der angesehenen amerikanischen Zeitschrift „Forbes“ warfen im Jahr 1967 Redakteure Dartpfeile auf das Kursblatt des „Wall Street Journals“ und stellten so ein Portfolio zusammen. Nach 17 Jahren lag die durchschnittliche Rendite des Dart-Fonds bei über neun Prozent pro Jahr, was vielen professionellen Fondsmanagern nicht gelungen war. Selbst im Bereich der Technologieaktien schaffen es nur eine Handvoll Fondsmanager den Technologieaktienindex Nasdaq-100 zu schlagen. 

Die großen Fondsgesellschaften haben auf diese Entwicklung entsprechend reagiert. Viele von ihnen bieten mittlerweile beides an, aktive Investmentfonds und passive ETFs. Larry Fink, CEO von Blackrock und damit einer der mächtigsten Männer der Wall Street, hat kürzlich gemeint, dass ETFs zum Aufbau einer Aktienkultur auch in Europa beitragen können: „Wenn Anleger beginnen, in die Kapitalmärkte einzusteigen, geschieht dies oft über ETFs. Wir wollen die Einstiegshürden senken und finanzielle Bildung in den lokalen Märkten stärken.“

Diese Bildung kommt, speziell bei jungen Menschen, immer öfter über Social Media. Der 22-jährige David Scholler beispielsweise studiert Politikwissenschaft und arbeitet auch bereits 30 Stunden bei einem Start-up für Energiegemeinschaften. „Über eine Investmentplattform auf YouTube habe ich das erste Mal etwas über ETFs gehört. Dort wurde vorgezeigt, wie man über Veranlagung in passive Indexfonds langfristig Kapital aufbauen und so finanzielle Unabhängigkeit erreichen kann.“ Auch über das US-amerikanische Internetforum Reddit holte er sich Informationen. 

Und so hat Scholler einen ETF auf den S&P 500 gekauft, um trotz seiner jungen Jahre schon Vorsorge zu betreiben. Er hält auch noch Einzelaktien, „aber die sind eher zum Herumspielen und Schauen, wo man bei speziellen Situationen Gewinne machen kann. Die Basis ist ganz klar der S&P 500. Der ist langfristig unschlagbar und ein sicheres Geschäft“, sagt Scholler. Er hat sich auch einige klassische Fondssparpläne der Kapitalanlagegesellschaften von heimischen Banken angesehen und kommt zum Schluss: „Die bringen zu wenig Performance, das ist bei den Kosten, die dabei anfallen, ein schlechtes Geschäft.“

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Michael Scheiffler. Der Elektrotechniker hat schon früh Erfahrung an der Börse gesammelt. Neben mehreren Einzeltiteln hat er auch zwei besondere ETFs im Depot. Einen mit Aktien von aufstrebenden Goldminenbetreibern und einen mit Aktien aus der Uran- und Atomindustrie.

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Breite Palette

Der große Boom der ETFs hat auch dazu geführt, dass die Produktpalette immer vielfältiger und durchaus auch anspruchsvoller geworden ist. So gibt es mittlerweile bereits sogenannte aktive ETFs. Sie folgen nicht einfach nur einem Index, sondern es greifen elektronische Mechanismen oder auch Fondsmanager ein, und das Portfolio wird an die neue Marktsituation angepasst. Ein besonders erfolgreicher aktiver ETF ist der ARK Artificial Intelligence & Robotics ETF der berühmten Tech-Investorin Cathie Woods. Auch wenn dieser ETF eigentlich wie ein gemanagter Aktienfonds gebildet wird, sind die Kosten weiterhin gering.

Vor allem das Investmentumfeld, aus dem Aktien in einen Indexfonds zusammengefasst werden, ist mittlerweile fast unüberschaubar groß. So gibt es ETFs, die nur aus den besten KI-Aktien bestehen oder aus Werten aus der Wasseraufbereitungstechnologie. Und nicht zuletzt erhielten Indexfonds auch Zugang in die Kryptowelt. René Lobnig, Chief Investment Officer bei Swiss Life Select Österreich: „ETFs sind eine äußerst gefragte Anlagemöglichkeit geworden, weshalb sich diese Produktkategorie enorm weiterentwickelt hat und deutlich effizienter geworden ist. Das Angebot an verschiedensten Themen- und Regionen-ETFs ist mittlerweile unglaublich groß und die Kostenstrukturen sehr effizient.“ 

Den größten Run erleben derzeit Themen-ETFs aus dem Bereich der Sicherheits- und Rüstungsindustrie, und hier vor allem Indexfonds, die europäische Rüstungsaktien enthalten. David Forsthuber, 39, ist Webdeveloper bei einer PR-Agentur. Für seine Zukunftsvorsorge hat er schon lange einen Sparplan für einen ETF auf den S&P 500 eröffnet. Er lebt bewusst nachhaltig, offen und inklusiv. Dennoch hat er vor Kurzem den HANetf-„Future of Defence“ gekauft. Spezifikum: Der Fonds enthält nur Rüstungsaktien aus Nato-Ländern. Forsthuber zu seiner Entscheidung: „Ich habe schon Bauchweh dabei gehabt. Aber die USA ziehen sich als Schutzmacht Europas zurück. Daher ist es notwendig, dass Europa seine Verteidigung selbst in die Hand nimmt. Und das Geld, das ich in den ETF investiert habe, fließt dorthin.“ 

Auch Michael Scheiffler, 37, hat bei seinen Investments in ETFs konkrete Überlegungen angestellt. Er beschäftigt sich schon seit Langem mit der Börse und hat entsprechende Erfahrung gesammelt. Ein ETF in seinem Depot ist der VanEck Junior Gold Miners. In dem Indexfonds sind nicht die großen bekannten Goldminengesellschaften wie etwa Barrick Gold enthalten, sondern kleinere Unternehmen, die noch in einem frühen Stadium der Exploration stehen. Sowohl Risiko, aber auch Gewinnaussichten sind hier natürlich deutlich größer. 

Sein zweiter, ebenfalls nicht alltäglicher ETF ist der Vectors Uranium & Nuclear Energy von VanEck. Scheiffler begründet diese Auswahl so: „Ich habe in diese Branchen relativ stark investiert, da ich mir aufgrund der allgemeinen politischen Lage hier am ehesten Potenzial erwarte. Die Staatsverschuldungen steigen, Zentralbanken machen Experimente, und es gibt meiner Meinung nach einen eher unreflektierten Übergang in die erneuerbaren Energien.“

Scheiffler ist überzeugt, dass ETFs auch für spezielle Investmentziele die passenden Anlageprodukte sind. Dennoch hat er die mit Abstand beste Performance bisher mit einer Aktie erzielt. Und zwar mit der des österreichischen Flugsicherungsexperten Frequentis, seines Arbeitgebers.

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Mit Indexfonds kann auch gezielt in Bereiche wie künstliche Intelligenz, Technologie, Tourismus, Wasserversorgung oder auch Goldminen investieren.

 © istockphoto

Der Artikel ist im trend.PREMIUM vom Juli 2025 erschienen.

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