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Ältere Arbeitnehmer: Ab 50 Jahren kein Kündigungsschutz mehr [Österreich]

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7 min
Ältere Mitarbeiter: Ab 50 Jahren kein Kündigungsschutz mehr
Älter, aber noch gut in Schuß und mit reichlich Erfahrung gesegnet: Diese Argumente zählen für Firmen oft bei der Einstellung älterer Menschen oft nicht. Das soll sich nun ändern.©istock,
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Seit Juni 2017 weht älteren Arbeitnehmern ein schärferer Wind entgegen. Um den Arbeitgebern die Scheu zu nehmen, Jobsuchende, die über 50 Jahre sind, einzustellen, fällt der Kündigungsschutz. Was die Gesetzesänderung konkret bedeutet, wer davon nicht betroffen ist und wie Anwälte das neue Gesetz einschätzen.

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Die Gesetzeslage für Mitarbeiter ab 50 Jahren bis 2017

Ältere Arbeitnehmer haben bis 2017 im österreichischen Arbeitsrecht einen besonderen Schutz genossen. Wenn ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter um die 50 kündigen wollte, muss berücksichtigt werden, ob dieser schon ein lang gedienter Mitarbeiter ist und wegen seines Alters Schwierigkeiten haben könnte, wieder einen neuen Job zu finden. Von dieser Regelung waren jedoch Dienstnehmer ausgeschlossen, die nach dem 50. Lebensjahr eingestellt wurden. Diese waren bisher in den ersten zwei Beschäftigungsjahren von diesem Kündigungsschutz ausgenommen, um die Jobchancen älterer Jobsuchender zu erhöhen. Die 2-Jahresfrist wurde Mitte 2017 ersatzlos gestrichen.

Was ändert sich bei Kündigungen von Arbeitnehmern ab 50

Bis zum 1. Juli 2017 hatten ältere Arbeitnehmer gute Chancen eine Kündigung wegen Sozialwidrigkeit anzufechten. Doch das Alter ist seither kein Maßstab mehr dafür. Wird nämlich eine Kündigung wegen Sozialwidrigkeit angefochten bzw widerspricht der Betriebsrat deshalb ausdrücklich einer Kündigung und kommt es infolgedessen zu einem Sozialvergleich, ist seither das Alter des Arbeitnehmers, der zum Einstellungszeitpunkt das 50. Lebensjahr bereits vollendet hat, nicht mehr besonders zu berücksichtigen. Dienstnehmer, die mindestens 50 Jahre alt sind, genießen seither keinen besonderen Kündigungsschutz mehr. Damit wird der Kündigungsschutz jenem jüngerer Mitarbeiter angeglichen und damit diesen auch gleichgestellt.

Was für ältere Arbeitnehmer nicht mehr als Kündigungsschutz gilt

  • Altersbedingte Schwierigkeiten bei der folgenden Jobsuche, die aufgrund einer Kündigung drohen, sollen nicht mehr rechtlich durchsetzbar sein.

  • Auch eine jahrelange Betriebszugehörigkeit schützt ältere Mitarbeiter nicht mehr vor einer Kündigung.

Im § 105 Abs 3b des Arbeitsverfassungesetzes heißt es sinngemäß:

Umstände, die ihre Ursache in einem höheren Lebensalter eines Arbeitnehmers haben, der im Betrieb oder Unternehmen, dem der Betrieb angehört, langjährig beschäftigt ist, dürfen zur Rechtfertigung der Kündigung des älteren Arbeitnehmers nur dann herangezogen werden, wenn durch die Weiterbeschäftigung betriebliche Interessen erheblich nachteilig berührt werden. Bei älteren Arbeitnehmern sind sowohl bei der Prüfung, ob eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, als auch beim Vergleich sozialer Gesichtspunkte der Umstand einer vieljährigen ununterbrochenen Beschäftigungszeit im Betrieb oder Unternehmen, dem der Betrieb angehört, sowie die wegen des höheren Lebensalters zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess besonders zu berücksichtigen. Dies gilt nicht für Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt ihrer Einstellung das 50. Lebensjahr vollendet haben.

Wann ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt?

Generell kann eine Kündigung nach wie vor angefochten werden kann, weil sie

sozial ungerechtfertigt ist und der gekündigte Arbeitnehmer bereits sechs Monate im Betrieb oder Unternehmen, dem der Betrieb angehört, beschäftigt ist.

Wann eine Kündigung trotz Sozialwidrigkeit möglich?

Sozial ungerechtfertigt ist eine Kündigung, die wesentliche Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigt, es sei denn, der Betriebsinhaber erbringt den Nachweis, dass die Kündigung

  1. durch Umstände, die in der Person des Arbeitnehmers gelegen sind und die betrieblichen Interessen nachteilig berühren oder

  1. durch betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen,

begründet ist.

Siehe Arbeitsverfassungsgesetz Abschnitt 3 Mitwirkung in personellen Angelegenheiten §105.

Innerhalb welcher Frist kann eine Kündigung angefochten werden?

Der Betriebsrat kann auf Verlangen des gekündigten Arbeitnehmers binnen einer Woche nach Verständigung vom Ausspruch der Kündigung diese beim Gericht anfechten, wenn er der Kündigungsabsicht ausdrücklich widersprochen hat. Kommt der Betriebsrat dem Verlangen des Arbeitnehmers nicht nach, so kann dieser innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf der für den Betriebsrat geltenden Frist die Kündigung selbst beim Gericht anfechten (risk.bka.gv.at).

Ziel der Gesetzesnovelle des ArbVG: Mehr Einstellungen

Mit der Aufhebung des besonderen Kündigungsschutzes von älteren Mitarbeitern soll verhindert werden, dass über 50-jährige im Vergleich zu jüngeren nur noch schwer einen Job bekommen.

Für welche älteren Arbeitnehmer der gelockerte Kündigungsschutz nicht gilt

Die neue Regelung gilt jedoch nur für jene über 50-jährigen gelten, die nach dem 30. Juni 2017 eingestellt wurden. Für bestehende Dienstverhältnisse ändert sich nichts.

2-Jahresfrist schon bisher zahnloses Gesetz

„Ob die Gesetzesänderung auch vor Gericht standhält, ist jedoch zweifelhaft“, glaubt Horst Lukanec, Anwalt der Wiener Rechtsanwaltskanzlei Binder Gösswang. Schon die bisherige Zwei-Jahresfrist für Mitarbeiter, die über 50 eingestellt wurden, stellte sich in der Praxis laut den Erfahrungen der Rechtsanwälte von Binder & Gösswang als relativ zahnlos heraus. Für Sachverständige sei es schwierig, die Chancen eines älteren Arbeitnehmers am Arbeitsmarkt zu beurteilen. „Ältere Arbeitnehmer konnten in der Regel eine wesentliche Beeinträchtigung durch ihre Kündigung nachweisen. Daran wird die Gesetzesänderung nichts ändern“, prognostiziert Lukanec.

Mit 65 gekündigt: OGH-Urteil hält das nicht für sozialwidrig

Aber es gibt auch Ausnahmen. Nicht immer lassen die Gerichte das Argument der Sozialwidrigkeit gelten, wie ein jüngstes Urteil des Obersten Gerichtshofs (9 ObA 13/16a) zeigt. Zwar befanden Erst- und Berufungsgericht die Kündigung eines Arbeitnehmers, der das Regelpensionsalters von 65 Jahren erreicht hatte, als sozialwidrig. Die Begründung: Würde der betroffene Arbeitnehmer erst mit 67 Jahren in Pension gehen, bekäme er eine um elf Prozent höhere Pension. Doch der OGH änderte dieses Urteil ab und wies die Klage des Arbeitnehmers ab.

Anwalt Lukanec glaubt dennoch: „Die Spruchpraxis der Gerichte wird sich nicht wesentlich ändern. Es ist davon auszugehen, dass auch durch die Gesetzesänderung ein starker Kündigungsschutz von älteren Arbeitnehmern bestehen bleibt - auch wenn diese erst nach dem 50. Lebensjahr eingestellt werden.“

Rechtsschutz

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