Die Risiken verzögerter Insolvenzen
Seit Beginn der Corona-Krise sind die Firmenpleiten um die Hälfte gesunken, eine Konsequenz der Corona-Maßnahmen. Der Kreditschutzverband von 1870 warnt nun vor den Risiken für die Wirtschaft, wenn das Vorgehen der Regierung weitergeführt wird und sagt warum es besser für Unternehmen ist, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen.
Wenn keine Aussicht ist, alle Forderungen wieder bedienen zu können, ist oft ein Insolvenzantrag für Unternehmen das beste.
Obwohl die Unternehmen mit einer der herausforderndsten Situationen der Geschichte konfrontiert sind, gibt es weniger Insolvenzen als normal – zumindest offiziell. „Nur weil weniger Insolvenzen vor Gericht angemeldet werden, heißt das noch lange nicht, dass weniger Unternehmen zahlungsunfähig geworden sind“, warnt Karl-Heinz Götze, Leiter Insolvenz des Kreditschutzverbandes von 1870, davor, die Zahlen nicht miss zu interpretierten.
Warum die Statistik täuscht
Es gibt drei Hauptgründe, die aktuelle Lage: Zu Beginn der Corona-Krise wurde die Frist für Insolvenzanträge, etwa bei Zahlungsunfähigkeit, von 60 auf 120 Tage ausgeweitet. Weiters warten viele Unternehmen zu und hofften, mithilfe staatlicher Mittel die Krise finanziell zu überwinden. Zudem stellen die Finanzbehörden und die Gesundheitskassen keine Insolvenzanträge – sie sind aber in Normalzeiten die Hauptantragssteller. „Mit diesem Vorgehen werden Unternehmen regelrecht dazu ermutigt, mit einem Insolvenzantrag zuzuwarten. Das kann bedeuten, dass sie nicht rechtzeitig die Chance erhalten, durch ein Insolvenzverfahren ihr Unternehmen zu sanieren und so einen Neubeginn zu starten“, erklärt Götze.
Die Risiken einer hinausgezögerten Pleite
Die derzeitig übliche Praxis, Insolvenzen auf die lange Bank zu schieben, sei weder für die Unternehmen, noch die Gläubiger und schon gar nicht für die österreichische Wirtschaft sinnvoll, so der KSV1870. Wenn ein Unternehmen in finanzielle Schieflage kommt, ist ein Insolvenzantrag auch eine Chance auf einen nachhaltigen Neubeginn. Ein Hinauszögern des Insolvenzantrags senkt nicht nur die Chancen auf Entschuldung, sondern vergrößert mitunter sogar die bereits bestehenden Vermögensschäden zusätzlich. So können noch sanierungsfähige Unternehmen in ein paar Monaten ihre gesamten Vermögenswerte verlieren und in weiterer Folge droht die finanzielle Basis für eine Sanierung zu fehlen und das Unternehmen muss vollständig liquidiert werden. Womit auch unnötig Arbeitsplätze vernichtet werden würden.
Insolvenzverschleppung macht Probleme nur größer
Wenn Finanz- und den Gesundheitskassen keine Insolvenzanträge stellen, werde kein Problem gelöst, sondern vielmehr kränkelnde Unternehmen negiert, warnen die Kreditschützer. „Durch diese Form der Insolvenzverschleppung werden die Probleme der gesamten Wirtschaft nur vergrößert anstatt verringert. Es ist Zeit, zu einer wettbewerbsorientierten Volkswirtschaft zurückzukehren. Nur so investieren wir in einen gestärkten Wirtschaftsstandort“, so Ricardo-José Vybiral, Geschäftsführer des Kreditschutzverband von 1870.
Gläubiger zeigen derzeit besonders viel Verständnis
Eine Insolvenz bietet die Möglichkeit einer bis zu 80-prozentigen Entschuldung und damit eine zeitnahe Chance auf einen Neubeginn. „Unternehmer können sich dabei auf ein erprobtes Insolvenzsystem verlassen“, erläutert Vybiral. Daher plädiert der KSV1870, zu sanieren, bevor es zu spät ist, gerade in der jetzigen Situation. „Derzeit besteht ein hohes Verständnis dafür, dass Unternehmen Insolvenz anmelden müssen, da es sich um eine durch externe Faktoren entstandene Krise handelt. Somit ist auch die Chance größer, mittel- und langfristig als Unternehmer unbeschadet wieder durchstarten zu können“, so Vybiral. Gäubiger würden derzeit eher Sanierungsbemühungen mittragen und Entschuldungsangeboten zustimmen, so die Erfahrung der Kreditschützer. „Für Gläubiger ist es zudem immer noch besser, von ihren Forderungen eine Mindestquote von 20 Prozent wieder zu sehen, als komplett durch die Finger zu schauen.“, argumentiert Vybiral.