KSV: Stagnation bei Insolvenzen, warten auf Investitionen
Die Halbjahresbilanz 2019 zu den Pleiten in Österreich zeigt auf, dass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen kaum gestiegen ist. Bei den Privatkonkursen kam es laut Kreditschutzverband (KSV) sogar zu einem kräftigen Rückgang. Doch warnt der KSV vor Selbstzufriedenheit. Bei Investitionen gibt es enormen Nachholbedarf, vor allem was die Zukunft anbetrifft.
Bei der Investitionsbereitschaft für Zukunftsthemen sind die Unternehmer in Österreich gespalten.
Die gute Nachricht zuerst: Österreichs Wirtschaft ist für Krisen gewappnet. Die heimischen Unternehmen sind weiterhin dabei, das Eigenkapital weiterhin zu stärken. "Vor gut 25 Jahren lag die Eigenkapitalquote bei den österreichischen Unternehmen bestenfalls bei 24 Prozent. Heuer sind wir im Schnitt bei 53 Prozent", sagt Hans-Georg Kantner, Insolvenzexperte beim Kreditschutzverband von 1870 (KSV1870). Und die zweite Top-Botschaft: Die heimischen Unternehmen sind lauf KSV-Umfrage mit der Geschäftslage zufrieden. 70 Prozent der befragten 140.000 Unternehmen sind erfreut über die Geschäftslage, voriges Jahr im Juni waren es noch 64 Prozent.
Was auf den ersten Blick positiv anmutet, hat aber Schattenseiten. "Österreichs Unternehmen investieren in das Bestehende, nicht in das Neue wie etwa in die Digitalisierung oder in neue Geschäftsmodelle", kritisiert KSV1870-CEO Ricardo-José Vybiral. "Österreich befindet sich in einer Phase des Stillstands." Denn die positive Geschäftslage wollen laut Umfrage nur noch 43 Prozent der befragten Unternehmen für Investitionen nutzen. Der Zeitpunkt für Investitionen "vor allem in die Zukunft" sei laut Vybiral aber ideal: "Die Zinsen sind niedrig und eine Zinserhöhung der Notenbanker ist auf Sicht nicht zu erkennen ist." Für schwächelnde Unternehmen sieht Vybiral noch Chancen. Sollten die Zinsen steigen, dürften aber die Schwächsten in Schwierigkeiten kommen. "Das niedrige Zinsniveau hält auch die schlecht Wirtschaftenden am Leben", meint Vybiral.
Auch an den Firmenpleiten sei die durchaus positive Konjunktur und Krisenresistenz der heimischen Wirtschaft ablesbar. Gegenüber dem Vorjahreshalbjahr die im 1. Halbjahr 2019 die Zahl der Unternehmenspleiten um 0,1 Prozent auf 2587 Unternehmen gestiegen. Die dabei aufgelaufenen Schulden sind mit 895 Millionen Euro um 1,4 Prozent niedriger als bei den Pleiten im Vorjahreszeitraum. Die Zahl der von den Pleiten betroffenen Dienstnehmer belief sich auf 8500 Personen, was zehn Prozent weniger war als im Berichtszeitraum des Vorjahres.

Aber auch bei den Privatkonkursen scheint sich die Lage wieder zu beruhigen, nachdem es im 1. Halbjahr 2018 zu "Nachzieheffekten" kam, und Privatpersonen erst mit Rechtskraft der neuen Insolvenzordnung im Jahr 2018 Insolvenz angemeldet haben, die für sie günstiger war.
Privatpleiten werden steigen
Die Zahl der Privatkonkurse ist heuer um 7,1 Prozent auf 5.082 gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Die Schuldenlast der Privatpersonen ist um 32 Prozent auf 729 Millionen Euro gesunken.
Aus der Erfahrung der vergangenen Jahre und ablesbar an den Mittelwertberechnungen der Jahres 2017 bis heute rechnet KSV-Insolvenzexperte Kantner für das Jahr 2019 insgesamt mit 9000 bis 9500 Privatkonkursen, was weiteren Zuwachs von gut 20 Prozent entspricht. Im Dezember hatte Kantner noch einen Wert zwischen 8500 und 900 Privatpleiten für 2019 am Tableau.
Der Anstieg rühre aus der "Normalisierung" bei der Entwicklung der Zahl der Privatkonkurse, die infolge der "Nachzieheffekte" nach Inkrafttreten der neuen Insolvenzordnung zunächst Rückgänge ergeben hatte, dann ab 2018 zu einem rapiden Anstieg geführt hatte. Im Jänner 2017 wurde zur Überraschung der Gläubigerschützer eine Novellierung der Insolvenzordnung beschlossen. Das Ziel war Privatschuldner mit hohen Schulden sowie jene, die wenig verdienen, um ihre Schulden abzutragen, eine einfachere Lösung zu bieten, um ihnen einen Neustart zu ermöglichen.
Die Vergleich der Bundesländer kam es auch zu unterschiedlichen Entwicklungen mit zum Teil erheblichen Unterschieden in den einzelnen Bundesländern. Wien und Niederösterreich lagen unter dem Österreichschnitt, die Steiermark, Kärnten und das Burgenland brachten es auf Zuwächse von jeweils mindestens 40 Prozent. Besonders die Steiermark hat allerdings schon seit Jahren einen Rückstand an tatsächlich zahlungsunfähigen Personen, die einer Schuldenregulierung bedürften, jedoch in deutlich geringerem Umfang als im Schnitt auch tatsächlich vom Privatkonkurs Gebrauch gemacht hatten, so Kantner. Aus diesem Grund wird erwartet, dass die Steiermark auf dem nun deutlich höheren Niveau gegenüber der Vergangenheit verbleiben wird.
Von Entwarnung bei den Privatkonkursen kann also trotz kräftiger Rückgänge im ersten Halbjahr 2019 gegenüber dem irregulären Vorjahr nicht gesprochen werden.