KSV1870 hat seine Mitglieder "auf die Rüttelstrecke gebracht"
Der Kreditschutzverband KSV1870 hat anlässlich seiner 143. Generalversammlung die Ergebnisse des Jahres 2018 präsentiert. Der Aufsichtsrat bekommt vier neue, prominente Mitglieder. Darunter drei Top-Managerinnen. Für 2019 wurden große Ziele ausgegeben.
Fast 150 Jahre "Entscheidungs.Lust": Der KSV1870 hat seine Mitglieder zur Generalversammlung einbestellt.
Auch im zweiten Jahr nach seiner Neuaufstellung hat der Kreditschutzverband von 1870 (KSV1870) bei den Mitgliederzahlen weiter zulegen können. Seit Ricardo-José Vybiral vor über zwei Jahren zum neuen Chef des Gläubigerschutzverband KSV bestellt wurde ist die Zahl seiner Mitglieder von 23.000 per Jahresende 2016 auf 24.000 zum Ende des Geschäftsjahres 2018 erhöht worden. Im Jahr 2020 will der oberste Kreditschützer Vybiral die Marke von 25.000 erreichen. Doch gibt es laut KSV-Chef weiterhin Luft nach oben. „Im Jubiläumsjahr 2020 wollen wir 25.000 Mitglieder haben.“ Dann feiert der KSV sein 150-jähriges Jubiläum.
Doch nicht nur die Mitgliederzahl soll gesteigert werden. Auch die anderen Umsatzbringer sollen weiterhin bessere und vor allem höhere Beiträge abliefern. Neben den Mitgliedsbeiträgen der Unternehmen, die für die Finanzierung des Gläubigerschutzverbandes fix kalkulierbare Ergebnisbeiträge liefern, sollen auch die Geschäftsbereiche Kredit- und Forderungsmanagement sowie das Geschäft mit Information zu Unternehmen und Bonitätsauskünfte Umsatz und Ergebnis weiterhin verbessern.
„Wir haben die Mitglieder auf die Rüttelstrecke gebracht“, sagt KSV CEO Vybiral. Soll heißen: Die Mitgliedschaft beim ältesten österreichischen Vertreter für Gläubigerinteressen bekam einen neuen Anstrich und somit eine Aufwertung. Nicht nur die Vertretung bei Insolvenzfällen der Kunden, sondern auch die Services wurden im abgelaufenen Jahr weiter entwickelt oder erneuert.
So wurde auch der „digitalen Visitenkarte ein Faceliftung verpasst“, sagt Vybiral. Das KSV-Portal wurde neu programmiert. Den Mitgliedern wurden neue Produkte zum Vermieterschutz (Info-Pass) oder Webinare angeboten, die auch zahlreich in Anspruch genommen wurde.
Auch die von Bürozeiten unabhängigen Selbstauskünfte können nun 7/24 – also 7 Tage, 24 Stunden rund um die Uhr – von den beitragszahlenden Mitgliedern online abgerufen werden. Die vom KSV angebotenen Online-Seminare - sogenannte Webinare - finden ebenso einen großen Zuspruch. „Allein 700 Zugriffe an einem Vormittag auf ‚Pimp up my Rating‘ zeigt, wie groß der Bedarf ist“, sagt KSV CEO Vybiral. Ambitioniert sind somit auch die Ziele mit dem Online-Portal. „Wir wollen zur bedeutendsten Wirtschaftsplattform Österreichs werden“, meint Vybiral.
Neben der Mitgliedersteigerung will der KSV wie in den vergangenen zwei Jahren seinen Vertrieb weiter forcieren. Der Fokus soll dabei weiterhin verstärkt auf digitale Produkte gelenkt werden.
„Durch einen gelungenen Produkt- und Service-Mix haben 365 Mitarbeiter im vergangenen Jahr eine Betriebsleistung von 44,8 Mio. Euro erwirtschaftet und mehr als 24.000 Mitglieder betreut“, erklärt KSV-Chef Vybiral. Unterm Strich wurde ein Gewinn von 2,6 Millionen Euro erwirtschaftet.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurden die Interessen von insgesamt 61.000 Gläubigern in 13.039 eröffneten Unternehmens- und Privatkonkursen vertreten. Zudem wurden 5,6 Mio. Bonitätsauskünfte erteilt, 401.000 Online-Abfragen zu österreichischen Wirtschaftsauskünften verzeichnet und 157.000 Inkassofälle mit einem Gesamtvolumen von 155 Mio. Euro bearbeitet.
Pleitestatistik 2019: Massiver Anstieg bei Privatinsolvenzen
Die Unternehmensinsolvenzen sind im vergangenen Jahr auf einem moderaten Niveau geblieben. 2018 wurden 4.980 Unternehmen insolvent (- 1,9 % gegenüber 2017). Die Passiva sind hingegen um 11,2 Prozent auf 2,1 Mrd. Euro gestiegen.
Eine besondere Herausforderung war der massive Anstieg der Privatkonkurse infolge des Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2017 (IRÄG 2017), dessen Auswirkungen aber erst im Jahr 2018 schlagend wurden. 10.054 Privatpleiten haben ein Plus von 45,3 Prozent bedeutet. „Viele Privatpersonen haben bis ins Jahr 2018 gewartet, um die für sie veränderten und günstigeren Bedingungen auszunutzen“, sagt Vybiral. Der KSV hatte sich stets gegen die Reform gestemmt, die den Privatpleitiers zu große Vorteile brachte.
Was die Ursachen der Verschuldung betrifft, so rangieren ehemalige Selbstständige auf Platz eins. Bei 20 Prozent der Fälle hat sich herausgestellt, dass die betroffenen Pleitiers nicht mit Geld umgehen können.
Neues Personal
Die Neuaufstellung beim KSV dauert an. In den Verbandsvorstand des KSV wurden drei Frauen und ein Mann gewählt, die ihre Managementexpertise einbringen werden. Sonja Wallner (Vorstand, A1 Telekom Austria AG), Valerie Hackl (Geschäftsführerin, Austro Control GmbH, vormals ÖBB-Holding) sowie Sophie Karmasin (Ex-ÖVP-Politikerin, nach vier Jahren im Vorjahr wieder zurück ins Unternehmen Karmasin Research & Identity GmbH) sowie Strabag Finanzchef Christian Harder werden in das Kontrollgremium des KSV einziehen.
Vybiral will den KSV zudem als Arbeitgeber noch attraktiv machen. Im trend. Top 300: Österreichs beste Arbeitgeber in Kooperation mit kununu, Xing und Statista hat es der KSV zuletzt im Ranking der 25 besten Newcomer auf Rang 8 gebracht. Bei den Finanzdienstleistern/Banken ist der KSV gar auf Rang 4. „Wir werden weiterhin Leute einstellen“, so Vybiral. Im Interview mit dem trend hatte er kürzlich gesagt, dass er den KSV zur „Datencompany“ machen will. Ein weiterer wichtiger Schritt dazu war ein größeres IT-Datenbank-Projekt im Vorjahr. In weiterer Folge will der KSV-Chef Datenexperten anlocken.
Zurück zur Rüttelstrecke
Um per Eigendefinition zur „führenden Wirtschaftsplattform Österreichs“ zu wachsen, wird KSV-Chef Vybiral wohl auch auf die Erkenntnisse des Neurowissenschaftlers Hans-Georg Häusel zurückgreifen. Diplompsychologe und Bestsellerautor Häusel hat in einem launig, zugespitzt formulierten und unterhaltsamen Referat dem Motto der KSV-Generalversammlung „Entscheidungs.Lust“ einen populärwissenschaftlichen Einblick in die Neuropsychologie des Geldes gegeben.
„Finanzentscheidungen werden immer wieder unbewusst und emotional getroffen – Risiko hin oder her“, meinte Häusel. Zwei wesentliche Dingen sind aber im Entscheidungsprozess, wenn es ums Geld geht, offenbar verbrieft: Erstens fallen 70 bis 80 Prozent unserer Entscheidungen unbewusst. Die Entscheidungen seien laut Häusel stets mit „Emotionen, dem eigentlichen Machtsystem im Gehirn, verbunden“.
Und zweitens: „Männern und Frauen treffen Entscheidungen anders, was vor allem auch das Risiko anbetrifft.“
Mit drei neu nominierten Frauen als Vorstandsmitglieder im KSV-Aufsichtsrat dürfte KSV-Chef Vybiral die Aufpasser bestellt haben, die das Risiko entsprechend blocken, wenn’s denn bei den Entscheidungen notwendig sein soll. Und der KSV samt Chef selbst wie seine Mitglieder auf die richtige „Rüttelstrecke“ gebracht werden sollten.