Waagner-Biro-Pleite: Auch Bridge Systems insolvent

Die Pleite beim Wiener Stahlbauunternehmen Waagner-Biro zieht immer weitere Kreise. Nun hat auch die Brückenbau-Gesellschaft Bridge Systems einen Insolvenzantrag gestellt. Käufer werden dringend gesucht.

Zurückgetreten: Waagner-Biro Finanzvorstand Martin Zinner (li.) und Vorstandschef Thomas Jost (Foto von der Hauptversammlung 2017)

Zurückgetreten: Waagner-Biro Finanzvorstand Martin Zinner (li.) und Vorstandschef Thomas Jost (Foto von der Hauptversammlung 2017)

Das 1854 gegründete Wiener Stahlbauunternehmen Waagner-Biro zerbröselt. Nach der Tochtergesellschaft SBE Alpha und der Mutter-Holding, der Waagner-Biro AG, hat nun auch die Brückenbau-Gesellschaft (Waagner-Biro Bridge Systems) einen Insolvenzantrag gestellt und ein Sanierungsverfahren eröffnet. Zum Masseverwalter wurde der Wiener Rechtsanwalt Matthias Schmidt bestellt. Auch der Rest der Gruppe ist weiter insolvenzgefährdet.

Die Gesamtverbindlichkeiten werden vom Kreditschutzverband KSV 1870 werden inklusive Ab- und Aussonderungsrechten mit 77,6 Mio. Euro beziffert. Die Aktiva werden mit rund 13,1 Mio. Euro angesetzt. 125 Gläubiger, davon 89 in Österreich sind betroffen. Es wird eine Sanierungsplanquote von 20 Prozent binnen zwei Jahren ab Annahme des Sanierungsplans angeboten.

Freie liquide Mittel hat Waagner-Biro Bridge System, das 2017 bei einem Umsatz von 73,1 Millionen Euro noch einen Gewinn von 4,2 Millionen Euro erwirtschaftete, aktuell nicht mehr. Es wird aber auf Finanzierungszusagen von Banken verwiesen. 40 betroffene Beschäftigte der Bridge Systems wurden vorsorglich zur Kündigung angemeldet. Die Sparte soll kurzfristig verkauft und damit weitergeführt werden. Nach Angaben von Romana Weber-Wilfert, Insolvenzverwalterin der Waagner-Biro AG, wurde der Verkauf bereits in die Wege geleitet. Mit mehreren Übernahmeinteressenten liefen bereits Gespräche. Sie müssen nun recht bald ihre Angebote einreichen. Bis 7. Dezember sammelt die Insolvenzverwalterin verbindliche Angebote für den Brückenbau ein.

Bereits Ende Oktober wurde vereinbart, die Waagner-Biro Austria Stage Systems AG an den Unternehmer und Sanierer Erhard Grossnigg zu verkaufen. Vorbehaltlich der Zustimmung des Insolvenzverwalters soll Grossnigg den Betrieb übernehmen, sanieren und weiterführen. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Die SBE Alpha wurde inzwischen per gerichtlicher Verfügung geschlossen.

Vorstand zurückgetreten

Im Rahmen einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung der Waagner-Biro AG haben Vorstandschef Thomas Jost und Finanzvorstand Martin Zinner alle Funktionen innerhalb der Waagner-Biro Gruppe mit Ausnahme jener in der SBE Alpha zurückgelegt. Jost war seit 2013 Vorstandschef der Waagner-Biro AG und mit einer Beteiligung von 25 Prozent neben der Liaunig Industrieholding AG, die ihrerseits 36 Prozent am Unternehmen hält, der zweite Hauptaktionär des Unternehmens. Alexander Liaunig, Bernhard Chwatal und Karl Grabner wurden als neue Vertreter bestimmt.

In den vergangenen vier Geschäftsjahren hatte Waagner-Biro stabile Gewinne in der Höhe von jährlich rund zehn Millionen Euro geschrieben, die Jahresumsätze waren von 250 Mllionen Euro in den Jahren 2014 und 2015 in den Folgejahren auf rund 190 Millionen zurückgegangen, die Entwicklung schien aber solide.

Die Liste berühmter Bauwerke, an deren Errichtung Waagner-Biro beteiligt war ist lang. Darunter befinden sich die Schwedenbrücke, Friedensbrücke sowie die Floridsdorfer Brücke in Wien, die Oper in Sydney, die Europabrücke in Tirol, die Sanierung der Kuppel des Reichstag in Berlin, der Red Bull Hangar 7 in Salzburg, der Gherkin in London. Für den Louvre in Abu Dhabi baute Waagner-Biro ein Kuppeldach mit 178 Meter Durchmesser aus Stahl und Aluminium und wurde dafür 2017 mit den European Steel Building Award ausgezeichnet. Ausgerechnet dieses Bauwerk dürfte allerdings einer der Auslöser der Krise sein, weil die Araber ausstehende Zahlungen zurückhalten. außerdem werden technische Probleme angeführt, ide allerdings von einem Lieferanten bei einem Großprojekt in Russland verursacht worden sein sollen.

Sanierungsplan und Zukunft

Laut Kreditschutzverband KSV1870 wird im noch zu eröffnenden Sanierungsverfahren eine Fortführung des Unternehmens sowie ein Sanierungsplan angestrebt, in dessen Rahmen die Gläubiger mit einer 20-Prozent-Quote, zahlbar binnen zwei Jahren, bedient werden sollen.

Die SBE Alpha wurde gerichtlich geschlossen, die 107 Mitarbeiter haben ihre Jobs definitiv verloren. 388 Gläubiger müssen nun versuchen, aus der Konkursmasse des mit 44 Millionen Euro überschuldeten Unternehmens noch Geld zu bekommen. "Die rasche Schließung war notwendig geworden, da keine relevanten liquiden Mittel im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung vorhanden waren. Dieser Umstand hat eine Unternehmensfortführung unmöglich gemacht", erklärt der KSV 1870 Faktisch war auch kein freies Vermögen verfügbar. Die betroffenen Mitarbeiter waren bereits beim AMS vorgemerkt.

Laut Schuldnerangaben liegen die Gesamtverbindlichkeiten der Muttergesellschaft bei rund 26,4 Millionen Euro. Von der Insolvenz der AG sind vorerst 81 Gläubiger betroffen. Insgesamt hat die Waagner-Biro-Gruppe rund 1.500 Mitarbeiter an 16 Standorten in Europa, Asien und dem Mittleren Osten. Don diesen sind 45 bei der Waagner-Biro AG beschäftigt.

Zur Insolvenzverwalterin wurde die Wiener Rechtsanwältin Romana Weber-Wilfert bestellt. Die Berichts- und Prüfungstagsatzung wurde für den 15.01.2019 anberaumt. Bereits am. 13.11.2018 findet eine erste Gläubigerversammlung statt. Die Sanierungsplantagsatzung wurde für den 26.02.2019 anberaumt. Die betroffenen Gläubiger können bis zum 02.01.2019 Ihre Forderungen am Handelsgericht Wien anmelden.

Die nächsten Wochen werden zeigen, ob das Unternehmen tatsächlich fortgeführt werden kann und die Sanierungsbestrebungen aufrechterhalten werden können.

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