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Staatsschulden in Österreich über dem EU-Schnitt, Verschuldung der Österreicher gestiegen

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Staatsschulden in Österreich über dem EU-Schnitt, Verschuldung der Österreicher gestiegen
k.A©Elke Mayr
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Die Staatsschulden in Österreichs im Verhältnis zum BIP zählen zu den höchsten in der EU. Wie hoch die Verschuldung in vielen Ländern der EU seit dem Jahr 2010 gestiegen ist. Wie Inflation und steigende Zinsen sich auf die Schulden auswirken.

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Wie viel Schulden hat Österreich?

Österreich hatte seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie so hohe Schulden wie heute. Dennoch ist die öffentliche Verschuldung in Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) im 2022 gegenüber 2021 von 84 Prozent auf 80 Prozent gesunken. 2023 ist der Schuldenstand ein weiteres Mal auf 78 Prozent zurückgegangen. Das Land zählt damit aber nach wie vor zu den zehn EU-Staaten mit der höchsten Staatsverschuldung.

Österreichische Staatsverschuldung in absoluten Zahlen

In absoluten Zahlen ist die Schuldenlast 2022 im Vergleich zum Jahr 2021 um neun Milliarden Euro auf 343 Milliarden Euro gestiegen (siehe auch Grafik Staatsverschuldung in der EU). 2023 lag die Staatsverschuldung mit Stand Ende Mai 2023 bei 361 Milliarden Euro. Der Grund für den beträchtlichen Anstieg der Staatsschulden liegt vor allem an den zahlreichen Hilfsprogrammen, die die Kosten der Inflation für die Bürger abfedern sollen. Auch 2020 war teuer. Da hat der Staat, um die Wirtschaft zu stützen, rund 24 Milliarden Euro mehr ausgegeben als noch 2019. Das führte damals zu einem Rekorddefizit von über 33 Milliarden Euro. Aktuelle Zahlen zur Entwicklung der Staatsschulden in Österreich seit 1995 im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt finden Sie unter Finanzrechner.at.

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Die Staatsschulden in Österreich in absoluten sind seit 2010 von 245 Milliarden Euro auf 361 Milliarden Ende Mai 2023 gestiegen. Die Schulden im Verhältnis zum BIP sind jedoch über die Jahre fast gleich geblieben und zuletzt sogar leicht gefallen.

© finanzrechner.at

Entwicklung Staatsschulden seit 2009: Fast 180 Milliarden Euro mehr Schulden

2009 sind die Staatsschulden in Österreich erstmals über 67 Prozent in des BIP geklettert, in all den Jahren davor lagen sie leicht darunter. In absoluten Zahlen ist die Lage heute ebenso bedenklich. So lag die Verschuldung in Österreich 2009 noch bei 185 Milliarden Euro, um fast 180 Milliarden Euro weniger als 2022.

Wie viel Schulden hat Österreich pro Kopf?

Die Pro-Kopf-Verschuldung je Staatsbürger betrug 2021 rein rechnerisch 46.443 Euro. In der Zwischenzeit ist der Schuldenstand der Österreicher laut dem vorläufigen Wert für Ende 2022 nach Angaben von finanzrechner.at auf 48.846 Euro geklettert. Damit hat die Verschuldung der Österreicher in nur wenigen Monaten um rund 2.400 Euro zugelegt.

Prognose Staatsverschuldung Österreich bis 2060: 2.257 Milliarden Euro

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Prognose Staatsverschuldung Österreich bis 2060: 2.257 Milliarden Euro

Agenda Austria-Ökonom Marcell Göttert warnt vor stark steigenden Schulden.

© Elke Mayr

Die demographische Entwicklung wird die Verschuldung in den kommenden Jahrzehnten deutlich steigen lassen.

Ökonom Marcell Göttert

Die Prognosen für die langfristige Staatsverschuldung in Österreich verheißen nichts Gutes. Demnach könnten laut dem Wiener Think Tank Agenda Austria die Staatsschulden ab 2035 steil ansteigen und bis zum Jahr 2060 auf 120 Prozent in Relation zum BIP exponentiell steigen. Der prognostizierte Schuldenstand Österreichs für 2060: 2.257 Milliarden Euro. Die Schulden würde sich demnach versechsfachen. Jeder Einwohner Österreichs wäre dann pro Kopf mit 226.000 Euro verschuldet.„Die demographische Entwicklung wird Österreichs Verschuldung in den kommenden Jahrzehnten deutlich steigen lassen“, prognostiziert Agenda-Austria-Ökonom Marcell Göttert. Als eine Möglichkeit die Schulden einzubremsen, empfiehlt er Reformen des Pensions- und Gesundheitssystems.

Prognostizierte Staatsschulden Österreichs

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Der prognostizierte Schuldenstand Österreichs für 2060: 2.257 Milliarden Euro. Die Staatsverschuldung relativ zum BIP würde demnach von derzeit 78 Prozent auf 120 Prozent steigen.

© Martin-Czwiertnia

Verschuldung der Bundesländer [Ranking]

  1. Wien: 9,7 Milliarden Euro Schulden

  2. Niederösterreich: 9,1 Milliarden Euro

  3. Steiermark: 5,1 Milliarden Euro

  4. Kärnten: 3,6 Milliarden Euro

  5. Oberösterreich: 2,5 Milliarden Euro

  6. Burgenland: 1,3 Milliarden Euro

  7. Salzburg: 1,3 Milliarden Euro

  8. Tirol: 873 Millionen Euro

  9. Vorarlberg: 650 Millionen Euro

Welches Land hat die meisten Schulden pro Kopf?

Japan weist im Jahr 2022 mit geschätzt rund 261 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) die höchste Staatsschuldenquote der Welt auf. Die Staatsverschuldung pro Kopf beträgt demnach 66.690 Euro.

Welches Land auf der Welt hat keine Staatsschulden?

Die chinesische Sonderverwaltungszone Macau war im Jahr 2022 mit einer Staatsverschuldung von geschätzten null Prozent des Bruttoinlandsprodukts Rang eins der Länder und Territorien mit der niedrigsten Staatsverschuldung weltweit.

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Macau, Brunai, Kuwait, Hongkong und Turkmenistan sind die Länder mit den weltweit niedrigsten Schulden.

© Martin-Czwiertnia

Was hat Österreich für ein Rating?

Die US-Ratingagentur Fitch hat das Rating Österreichs 2023 im März 2023 bestätigt und die Bonitätsnote AA+ für Österreich vergeben (die zweitbestmögliche Bonitätsnote), hat aber zugleich vor hohen Abhängigkeit von russischem Gas gewarnt. Der Ausblick bleibt daher bei Fitch für Österreich negativ. Die Ratingagentur hatte den Kreditausblick für Österreich im Oktober 2022 von stabil auf negativ gesenkt und bereits damals auf die hohe Abhängigkeit von russischem Gas verwiesen. Die Aussichten für die Wirtschaft sieht Fitch für 2023 jedoch optimistischer als noch im Herbst zuvor und prognostiziert ein Wirtschaftswachstum von 0,4 Prozent - zu verdanken den sinkenden Energiepreisen und der Entspannung bei den Lieferketten.

Was besagen die vier EU-Maastricht-Kriterien?

EU-Mitgliedstaaten müssen bei Teilnahme an der Wirtschafts- und Währungsunion die sogenannten Konvergenzkriterien einhalten. Es handelt sich dabei um die folgenden vier Maastricht-Kriterien:

  • 1. ÖFFENTLICHE HAUSHALTE: Der Schuldenstand der einzelnen Mitgliedsstaaten darf nicht mehr als 60 Prozent des BIP betragen. Das gesamte öffentliche Defizit darf nicht mehr als drei Prozent des BIPerreichen.

  • 2. PREISE: Die Inflationsrate darf maximal 1,5 Prozent über jener der drei preisstabilsten Mitgliedstaaten des Vorjahres liegen.

  • 3. ZINSSÄTZE: Der Zinssatz der langfristigen Staatsanleihen des EU-Mitglieds darf maximal 2,0 Prozentpunkte höher liegen als der durchschnittliche Zinssatz der drei Mitgliedsstaaten mit der höchsten Preisstabilität.

4. WECHSELKURSE: Das EU-Mitglied muss über mindestens zwei Jahren am europäischen Wechselkurssystem teilgenommen haben, ohne die Währung abzuwerten. Ein Abweichen vom Eurokurs ist nur in Rahmen einer bestimmten Bandbreite gestattet.

So weit die Theorie. So wurden die Kriterien zur Staatsverschuldung bereits lange vor Corona und dem Ukraine-Krieg aufgeweicht.

So hoch sind die Staatsschulden in der EU nach Land

Österreich steht nicht alleine am Schuldenpranger. Die Schulden schnellen in den meisten Ländern der EU nicht erst seit der Corona-Krise in die Höhe. So manch anderes Land in der EU hat im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt wesentlich höhere Schulden. Von der Maastricht-Schuldengrenze von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sind viele Staaten weit entfernt.

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Österreich gehört zu den zehn Staaten mit den höchsten Schulden in der EU.

© Agenda Austria

Griechenland: Die höchste Verschuldung im Vergleich zum BIP

Griechenland hat in der EU noch immer die höchste Schuldenlast im Verhältnis zum BIP. Im Corona-Jahr 2021 stieg der Anteil der Verschuldung am BIP sogar von knapp 150 Prozent auf 206 Prozent. Doch 2022 sah die Welt schon wieder ganz anders aus. Die Schuldenquote sank durch den rigide Sparkurs der Griechen auf 185,7 Prozent. Durch seinen harten Sparkurs hat Griechenland seine gesamten Schulden beim Internationalen Währungsfonds getilgt, sogar zwei Jahre vor der Frist. Finanzminister Sotiris Staikouras hatte damals die Staatsschuldenkrise von 2010 für beendet erklärt. Das Land sparte sich durch die vorzeitige Rückzahlung von 1,85 Milliarden Euro Notkrediten zudem 230 Millionen Euro an Zinsen.

Griechenland und Italien sind in der EU die Schuldenkaiser im Verhältnis des BIP

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Griechenland und Italien sind in der EU die Schuldenkaiser im Verhältnis des BIP

k.A

© Martin-Czwiertnia

Staatsverschuldung Italien: 2022 die höchsten Schulden der letzten 24 Jahre

Italien steht mit einer Verschuldung von 151 Prozent des BIP ebenfalls tief in der Kreide und ist das zweit höchst verschuldete Land in der Europäischen Union und 2023 mit prognostizierten 2,8 Billionen Schulden am Zenit der letzten 24 Jahre. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre hat sich die Staatsverschuldung von Italien um rund 30 Prozent erhöht. Die hohen Staatsschulden Italiens stellen im Gegensatz zu Griechenland für die gesamte EU eine Bedrohung dar, da sie in absoluten Zahlen nach Frankreich die höchste in der EU ist. Italien gehört nicht nur in der EU, sondern weltweit zu den Ländern mit der höchsten Schuldenquote.

Die Staatsschulden in der EU in absoluten Zahlen - Frankreich und Italien führen

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Die Staatsschulden in der EU in absoluten Zahlen - Frankreich und Italien führen

Mit 2,9 Billionen Euro hat Frankreich in der EU 2022 die höchsten Schulden, dicht gefolgt von Italien mit 2,7 Billionen Euro.

© statista.com

Hohe Inflation senkt Staatsschulden um Milliarden Euro

Die Teuerung hat für die Staaten und damit auch für Österreich auch Vorteile. Österreichs Schuldenberg könnte dadurch wesentlich rascher schrumpfen. So spielt die hohe Inflation verschuldeten Staaten in die Hände, da diese automatisch weginflationiert werden. Denn die Inflation frisst nicht nur Erspartes, sondern auch Verbindlichkeiten. Davon können insbesondere hoch verschuldete Staaten profitieren.

Wie die Inflation das nominelle BIP sinken lässt

Durch eine höhere Inflation steigt das nominale BIP. Ein Beispiel: Beträgt das reale Wirtschaftswachstum in einem Jahr 2,0 Prozent und die Inflation 3,0 Prozent, liegt das nominale Wachstum bei 5,0 Prozent. Je höher das BIP und damit das Wachstum, umso niedriger die Schuldenquote. Allerdings gilt diese Regel nur, solange die Zinsen nicht stark steigen, da ansonsten die Refinanzierungskosten auch von Regierungen steigen.

Langfristig gebundene Staatsanleihen weniger zinssensibel

Hat sich ein Land in der Niedrigzinsphase langfristig verschuldet und sich so das niedrige Zinsniveau gesichert, ist es vergleichsweise gut gegen steigende Zinsen geschützt. Hat sich ein Land allerdings kurzfristiger verschuldet, muss es bald neue Anleihen begeben, um die alten zu refinanzieren und ist daher gezwungen dann die höheren Zinsen bezahlen.

In Österreich werden laut dem Wifo-Ökonomen Simon Loretz die Ausgaben für die Zinsen weiter steigen. Dass sich der Anstieg der Leitzinsen auf den Schuldendienst schlägt, ist jedoch ein langsamer Prozess. Zudem werden durch die hohe Inflation die nominellen Staatseinnahmen weiter steigen und die Schulden im Verhältnis zu Einnahmen sinken.

Notenbank hat weniger Handlungsspielraum als in der Euro-Krise

Hoch verschuldete Staaten haben es bei steigenden Zinsen und hoher Inflation aber dennoch schwer. Im Gegensatz zur Euro-Krise im Jahr 2008 ist es für die Europäische Zentralbank viel schwieriger, hoch verschuldete Staaten zu unterstützen. Denn anders als während der Euro-Krise, als eine extrem lockere Geldpolitik gepaart mit niedriger Inflation war, muss die EZB jetzt die höhere Inflation bekämpfen. Krisenfeuerwehr spielen und gleichzeitig den Leitzins zu erhöhen, dürfte eine kaum zu bewältigender Spagat sein.

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