
Während der Westen bremst, investiert der Osten: Drei Großprojekte der PORR zeigen, warum CEE zum Motor der Baukonjunktur wird.
Während sich die Baukonjunktur in Teilen Europas abkühlt, zeigen einige Länder Zentral- und Osteuropas ungebrochenen Investitionswillen. Davon profitiert auch eines der größten österreichischen Bauunternehmen. Die PORR bringt in gleich mehreren Großprojekten ihr Knowhow im Infrastruktur- und Tiefbau ein. Gemeinsam ist diesen Projekten: Sie schaffen essenzielle Verbindungen für Verkehr, Versorgung und die wirtschaftliche Zukunft der Region.
So etwa in Tschechien, wo die PORR einen wesentlichen Abschnitt der Prager Ringstraße mitgestaltet. Die 12,6 Kilometer lange sechsspurige Trasse wird künftig als zentrale Verkehrsader zwischen Stadt und Umland fungieren und das chronisch überlastete Straßennetz der Hauptstadt entlasten. Zwei Tunnel, 19 Brücken sowie vier Kilometer Lärmschutzwände gehören zum 385 Millionen Euro schweren Paket.
In Polen wiederum steht die Energieinfrastruktur im Fokus. Mit dem Bau einer 34 Kilometer langen Hochdruck-Gaspipeline zwischen Kolnik und Danzig schafft die PORR eine neue Verbindung zwischen dem künftigen LNG-Terminal an der Ostsee und dem nationalen Pipelinenetz. Das 90-Millionen-Euro-Projekt ist Teil einer umfassenden Strategie zur Diversifizierung der Energiequellen und somit ein Beitrag zur Versorgungssicherheit, der über Polen hinaus europäische Relevanz hat.
Und in Rumänien wird das Bahnnetz auf EU-Niveau gebracht. Auf der Strecke zwischen Craiova und Caransebe entsteht eine vollständig modernisierte Eisenbahninfrastruktur mit zweigleisigem Ausbau, 18 neuen Brücken, über 50 Durchlässen, zwei Tunneln, sechs modernisierten Bahnhöfen sowie einem hochmodernen Strom- und Signalsystem. Das Projektvolumen beträgt 428 Millionen Euro.
„Wir arbeiten international im Schulterschluss“
PORR-CEO KARL-HEINZ STRAUSS erklärt, weshalb die Bauwirtschaft in den verschiedenen Märkten Europas unterschiedlich gedeiht und wieso das für ein internationales Bauunternehmen eine Stärke darstellt.


© ASTRID KNIE
Sie sind in sieben Heimmärkten tätig – in welchem läuft es am besten?
Das kann man so pauschal nicht sagen, die Märkte ergänzen einander. Zunächst einmal ist die Bauwirtschaft weiterhin zweigeteilt zwischen dem Wachstumsmotor Tiefbau, der 2024 europaweit um 1,1 Prozent zugelegt hat, und dem Hochbau, insbesondere dem Wohnungsbau. Der Hochbau ist um 2,7 Prozent geschrumpft. Das ist aber in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich ausgeprägt. Wir sind in den Heimmärkten Österreich, Deutschland, Schweiz, Polen, Tschechien, Slowakei und Rumänien aktiv, wobei Österreich weiterhin unser größter Markt ist. Diese Märkte gleichen sich mit ihren Stärken aus. Wir arbeiten international im Schulterschluss und unterstützen einander mit Know-how und mit Personal – und das sehe ich als eine unserer größten Stärken.
Können Sie Beispiele nennen?
Zum Beispiel im wachsendem Bereich Datencenter, wo wir in Polen und Deutschland Kompetenzen aufgebaut haben, die wir innerhalb der PORR exportieren. Wir haben schon sieben Anlagen mit bis zu 30 Megawatt Leistung erfolgreich fertiggestellt. Die achte befindet sich im Bau.
Welche Stärken und Schwächen haben die einzelnen Märkte?
Euroconstruct rechnet zum Beispiel damit, dass der Wohnbau in Tschechien bereits heuer zu einem zentralen Wachstumstreiber wird – das kann man von uns in Österreich und Deutschland nicht behaupten. Das liegt an steuerlichen Begünstigungen und steigender Kaufkraft in Tschechien. Weiterhin gut geht es dem Tiefbau. Dort haben wir zum Beispiel einen Auftrag über einen Teil der großen Autobahnumfahrung von Prag gewonnen. In Rumänien werden jährlich 1,6 Milliarden Euro in den Ausbau der Transportinfrastruktur investiert, dort soll das Schnellstraßennetz verdoppelt werden. Wir haben zuletzt ein Eisenbahnprojekt um 428 Millionen Euro und ein Straßenbahnprojekt mit 150 Millionen Euro gewonnen. Polen gilt mit einem prognostizierten Wachstum von vier Prozent heuer sowieso als wichtigster Wachstumstreiber der europäischen Bauwirtschaft. Hier sind wir, was den öffentlichen Hochbau angeht, optimistisch. Zugleich wird massiv in die Infrastruktur investiert, beispielsweise rund um den neuen zentralen Flughafen (CPK) und die Energieinfrastruktur. In Österreich wächst der Tiefbau und auch der Wohnbau kommt langsam wieder in Schwung. Man merkt, dass das Wohn- und Baupaket sowie steuerliche Anreize und Förderungen zur energetischen Sanierung erste Wirkung zeigen.
Sie haben Deutschland als kommende „größte Baustelle Europas“ bezeichnet. Wird dieser Markt das neue Zugpferd?
Wenn die 500 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen am Markt ankommen – und das wird leider erst in zwei, drei Jahren anfangen –, werden viele notwendige Investitionen in die Infrastruktur in Angriff genommen. Unter anderem geht es um 16.000 Auto- und Bahnbrücken. Wir waren und sind in Deutschland sehr präsent, zum Beispiel im Rahmen von Stuttgart 21. Mit unserem Einstieg bei Knape Bahnbau haben wir uns zusätzlich positioniert und werden uns sicher an Ausschreibungen beteiligen. Ich möchte aber vor zu hohen Erwartungen warnen, da die Genehmigungsverfahren und die bürokratischen Hürden das alles in die Länge ziehen werden.
Haben Sie vor, in weitere Länder zu gehen? Wie sieht es mit der Ukraine aus?
Derzeit haben wir das nicht vor. Bauen ist People Business, und es ist vor allem Local Business. Das heißt, man braucht gute Leute vor Ort, die sich am lokalen Markt auskennen. Wir wollen auch nicht unbedingt die größten werden, sondern die besten bleiben. Das heißt, dass wir uns das sehr genau ansehen, bevor wir einen neuen Markt aufmachen.
ZU DEN PERSONEN:
KARL-HEINZ STRAUSS. Nach Abschluss der HTL für Tiefbau studierte Karl-Heinz Strauss an der Harvard University, an der Management Business School in St. Gallen und absolvierte ein MBA Programm an der IMADEC University in Wien. Bis zum Jahr 2000 war er in verschiedenen Funktionen bei der Raiffeisen Zentralbank tätig, unter anderem in den Bereichen Bau und Immobilien. Danach gründete er die Strauss & Partner Immobilien GmbH, zu deren bekanntesten Projekten das EURO PLAZA am Wienerberg zählt. Im September 2010 übernahm er den Vorstandsvorsitz der PORR AG.