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Papst Franziskus und das Milliardenimperium der Jesuiten

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Mit der Wahl des Jesuiten-Bischofs Jorge Mario Bergoglio zum Papst Franziskus rückt der größte Männerorden der Welt ins Rampenlicht. Die Jesuiten verfügen über enorme Vermögenswerte und halten maßgebliche Aktienpakete an multinationalen Unternehmen.

Die Jesuiten sind im Aufwind. Reger Zulauf in katholischen Missionsgebieten wie Vietnam, Indien oder Afrika sorgt für eine Stärkung der Macht. Einige Millionen Schüler und Studenten werden weltweit mit den Lehren des Ordensgründers Ignatius von Loyola auf eine erfolgreiche Karriere im Wirtschaftsleben vorbereitet. Und seit letzter Woche haben die fleißigen Patres das höchste Amt der katholischen Kirche erobert: Der Argentinier Jorge Mario Bergoglio ist Bischof von Rom geworden. Als Papst vereint er rund zwei Milliarden Gläubige hinter sich. Damit verbunden ist die Herrschaft über Unternehmensbeteiligungen, unermessliche Latifundien und die umstrittene Vatikanbank.

Letztere spielt für den Jesuiten-Orden eine entscheidende Rolle. Das sogenannte Institut für religiöse Werke IOR ist die Hausbank des Papstes. Er selbst hält das Konto Nummer 1, auf das streng reglementierte Abgaben aller Bistümer des Globus fließen. Die Vatikanbank wurde in den 50er-Jahren mit starker Unterstützung der Jesuiten etabliert. Eine enge Beziehung besteht seit damals mit der Schweiz, woher nicht nur die Gardisten, sondern auch Verflechtungen mit der damaligen Schweizerischen Kreditanstalt Zürich - heute Credit Suisse - rühren. An dieser Finanzinstitution sind die Jesuiten noch heute beteiligt.

Armutsgelübde?

Das Bankleben scheint den rund 20.000 Ordenspatres besonders zu liegen. Immerhin gingen durch ihre Schulen zahlreiche Topmanager, wie der Chef der Europäischen Zentralbank Mario Draghi. Auch die Bank of America ging auf eine Jesuitengründung zurück. Erstaunlich: Denn die Jesuiten entsagen kraft ihres Schwurs allen materiellen Versuchungen und streben weder nach Wohlstand noch nach Besitz. Das gilt aber nur für jeden Bruder persönlich - der Orden darf sehr wohl Geld verdienen. Und tut dies auch erfolgreich.

Denn weitere Perlen im Portfolio der Ordensleute sind Aktien des italienischen Energiekonzerns Eni (Agip), des französischen Anlagenbauers Schneider electric und des Chemiekonzerns OM Group. Auch der amerikanische Flugzeughersteller Boeing befindet sich zu einem kleinen Teil in der Hand der Mönche. Dass damit auch im internationalen Rüstungsgeschäft mitgemischt wird, scheint nicht besonders zu stören.

Geschäft & Moral

Immerhin versuchen die frommen Shareholder ihre Beteiligungen für Umwelt- und Menschenrechtsanliegen zu nützen. So gibt es eigene Agenden und Petitionen für eine nachhaltige Unternehmensführung beim US-Ölmulti Chevron oder beim Saatgut-Riesen Monsanto. Bei Letzterem setzte die Kehrtwende allerdings erst in den letzten Jahren ein. Davor stellte der seit Jahrzehnten dem Orden nahestehende Konzern das Vietnamkriegs-Entlaubungsmittel Agent Orange her, ebenso das hochgiftige DDT. Jesuitenschüler haben es dennoch bis an die Unternehmensspitze gebracht.

In Österreich bäckt der Männerorden kleinere Brötchen. Die bekanntesten Einrichtungen sind die Jesuitenkirche in Wien, das Kardinal König Haus in Lainz, das Elite-Gymnasium in Kalksburg und das Gymnasium Freinberg bei Linz. Die theologische Fakultät der Universität Innsbruck ist seit Gründung jesuitisch ausgerichtet, und weitere Missionsstationen finden sich in kleinerem Rahmen über die Bundesländer verstreut. Hervorzuheben ist ein Gymnasium im Kosovo, das mit deutschen Glaubensbrüdern gemeinsam betrieben wird. Zu herrschaftlichem Prunk wie bei den Chorherren in Klosterneuburg hat man es hierzulande allerdings nie gebracht.

Wie überhaupt die Jesuiten seit ihrer Gründung mit herben Rückschlägen konfrontiert waren. 1783 wurde der Orden sogar aufgehoben, und in zahlreichen Ländern wurden die Jesuiten bis weit ins letzte Jahrhundert erbittert bekämpft. Immerhin: Die Gründung des Landes Paraguay ging auf die Jesuiten zurück - sehr zum Missfallen der Portugiesen und Spanier, die um ihren Einfluss in Südamerika fürchteten.

Die Schwarzen Päpste

Im Internet kursieren zahlreiche Verschwörungstheorien um die Schwarzen Päpste, wie die Ordensvorsitzenden ob ihrer dunklen Tracht genannt werden. Vom Ersten Weltkrieg über Seuchen bis hin zum 9/11-Anschlag - die gläubige Vatikan-Mafia soll hinter all dem stecken. Ein Umstand, den der österreichische Ordenschef Gernot Wisser mit Humor abtut: "Viel Feind, viel Ehr.“

Zuletzt lieferten sich die Jesuiten einen erbitterten Machtkampf mit dem Opus Dei. Diese Gesinnungsgemeinschaft ist zwar kein Orden, konnte aber unter Johannes Paul II. enorme Macht im Vatikan an sich reißen. Dabei haben die Jesuiten einen eigenen Passus in ihrem Bekenntnis, der ihnen bedingungslosen Gehorsam gegenüber dem Papst abverlangt. Der Ordensgründer Ignatius von Loyola definiert das apodiktisch: "Und wenn die Kirche, was unserem Auge weiß erscheint, als schwarz definiert, so sind wir verpflichtet, es als schwarz zu erklären.“ Dennoch stößt der enorme Einsatz für Arme und Ausgestoßene in aller Welt nicht immer auf Gegenliebe. Die höchst umstrittenen Pius-Brüder legen etwa die gelebte Bescheidenheit der Jesuiten als Arroganz aus. Wohl auch deshalb, weil ihr Einfluss im Vatikan unter Franziskus schwinden wird.

Eben jener kämpfte auch in seiner Heimat Argentinien mit der Herablassung der Mächtigen. Präsidentin Kirchner mied gar konsequent seine Kirche, weil er nicht aufhörte, für Bescheidenheit und gegen Korruption zu predigen.

Das Business der Soldaten Christi

In ihrem eigenen wirtschaftlichen Wirken sind die Jesuiten hingegen gnadenlos effizient, wie auch in Management-Leitfäden beschrieben wird. Seit Papst Gregor XIII. ihnen das Recht zur Betreibung von Bank- und Handelsgesellschaften gab, nahm der Reichtum der "Soldaten Christi“ enorm zu. Satte sechs Milliarden Euro soll der mehr oder weniger liquide Aktienbesitz der globalen Glaubensgemeinschaft betragen. Silberminen und Zuckerraffinerien in Mexiko zählen ebenso dazu wie Bergbaurechte in Spanien und Italien. Selbst in Australien, wo Ordensschüler hohe Positionen in der Nationalbank bekleiden, verfügt man über Schürfrechte.

Auch wenn die angebliche Anbiederung des neuen Papstes an die frühere argentinische Militärjunta noch ausdiskutiert wird, bleibt eines klar: Jesuitische Ordensleute taten sich im Widerstand gegen Hitler positiv hervor - was man nicht von allen Vatikan-Mitgliedern behaupten kann.

Für Papst Franziskus bleibt in den nächsten Wochen einiges zu tun. Er muss Vertrauensleute, wohl aus seinem Orden, an die Schalthebel der Macht setzen und möglicherweise auch Finanzmittel in Ordens-Richtung umverteilen, wie Insider orakeln. Denn die diesbezüglichen Erwartungen der Mitbrüder dürften hoch sein. Und die guten Verbindungen zu den "Elitechristen“ genannten ehemaligen Jesuitenschülern werden sich auch bewähren.

Unter ihnen: EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, der scheidende Italien-Premier Mario Monti und Ex-US-Präsident Bill Clinton. Aus Sicht der Jesuiten gibt es aber unter ihren Alumni auch einige schwarze Schafe: die kubanischen Berufsrevolutionäre Fidel und Raoul Castro oder den deutschen Entertainer Stefan Raab, der gerne kirchenkritische Sprüche loslässt.

Mit Kritik muss auch Franziskus rechnen - spätestens, wenn es ihm nicht gelingt, die Geschäfte der Vatikanbank und seines eigenen Ordens transparent zu machen.

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