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„Digitale Souveränität ist eine Standortfrage“

IN KOOPERATION MIT A1.
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Aktualisiert
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11 min
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 © RENÉE DEL MISSIER

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MARTIN RESEL, CCO Enterprise von A1, über digitale Selbstbestimmung, Europas technologische Unabhängigkeit und warum sich Unternehmen auf Konfliktszenarien vorbereiten müssen.

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Sie sprechen von digitaler Souveränität als „strategischem Imperativ“ für Unternehmen. Was meinen Sie damit?

MARTIN RESEL

Die Digitalisierung hat es Unternehmen ermöglicht, global zu agieren. Doch mit der Pandemie und den aktuellen geopolitischen Spannungen hat sich das Blatt gewendet. Plötzlich wurde deutlich, wie fragil globale Lieferketten und die dazu gehörigen digitalen Systeme sind. Wer in sicherheitskritischen Regionen produziert oder Daten verarbeitet, kann im Krisenfall schnell den Zugriff verlieren. Digitale Souveränität bedeutet also, Kontrolle über die gesamte digitale Wertschöpfungskette zu haben – von der Infrastruktur über die Software bis zur Datenverarbeitung.

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Wie hat sich das Bedrohungsszenario verändert?

MARTIN RESEL

Die Zahl der Cyberangriffe ist in den letzten Jahren exponentiell gestiegen. Und es sind nicht mehr nur kriminelle Gruppen, die Geld erpressen wollen. Zunehmend stehen staatlich gelenkte Angreifer dahinter, die gezielt Unternehmen oder kritische Infrastrukturen destabilisieren wollen. Wir sehen Angriffe auf Logistikunternehmen, die beispielsweise Waffenlieferungen in die Ukraine abwickeln, aber auch auf lokale Zulieferer mit Schwachstellen. Damit wird Cybersecurity zu einem entscheidenden Faktor für Resilienz.

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Welche Rolle spielt dabei die Lieferkette?

MARTIN RESEL

Nicht nur das eigene Unternehmen muss abgesichert sein. Gerade durch Just-in-time-Lieferketten sind viele Firmen extrem abhängig von ihren Zulieferern. Wenn dort die IT nicht funktioniert oder ein Cyberangriff zuschlägt, steht die gesamte Produktion. Deshalb sind auch KMU durch die NIS2-Richtlinie verpflichtet, ihre Systeme abzusichern – insgesamt betrifft das in Österreich über 4.000 Unternehmen. Es reicht also nicht mehr, sich nur um die eigene Infrastruktur zu kümmern. Unternehmen müssen heute in Netzwerken denken und handeln.

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Wie unterstützt A1 die Unternehmen konkret?

MARTIN RESEL

Wir betreiben das größte Cyber Defense Center der A1 Group in Österreich und investieren jährlich 40 bis 50 Millionen Euro in Cybersicherheit. Unsere Kunden profitieren von denselben Technologien, die wir zum Schutz unserer eigenen Systeme einsetzen. Für kleinere Unternehmen bieten wir skalierbare Sicherheitsservices von Echtzeitüberwachung bis zur Incident Response. Und im Notfall gibt es den A1-Cybernotruf: Rund um die Uhr helfen unsere Forensik-Teams, Angreifer zu identifizieren, Systeme wiederherzustellen und die Infrastruktur zu retten. Unser Ziel ist es, Sicherheit auch für jene Unternehmen zugänglich zu machen, die keine eigenen IT-Abteilungen haben.

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Wie funktioniert der A1-Cybernotruf genau?

MARTIN RESEL

Das ist unsere Soforthilfe-Hotline für Unternehmen. Auch Nichtkunden können uns im Ernstfall kontaktieren. Wir analysieren die Situation, stoppen Angriffe, stellen Systeme wieder her und unterstützen beim Neuaufbau einer sicheren Infrastruktur. Die erste Beratung ist kostenlos. Im Ernstfall richtet sich der Aufwand nach Größe und Komplexität der betroffenen Systeme. Besonders wichtig ist uns die Aufklärung: Wir sensibilisieren Unternehmen schon im Vorfeld, damit sie wissen, wie sie sich im Ernstfall verhalten sollten – ähnlich wie ein Erste-Hilfe-Kurs für die IT.

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Wie wichtig ist der Standort der Daten?

MARTIN RESEL

Extrem wichtig. A1 betreibt 13 georedundante Rechenzentren in Österreich. Dort werden die Daten unserer Kundinnen und Kunden DSGVO-konform verarbeitet und gespeichert. Im Blackout-Fall laufen diese Zentren bis zu sieben Tage autark weiter. Das ist ein massiver Standortvorteil – gerade für systemkritische Bereiche wie Gesundheitswesen, Banken oder Infrastrukturbetreiber. Lokale Datenhaltung schafft Vertrauen, reduziert Abhängigkeiten von Drittländern und gewährleistet eine höhere Kontrollmöglichkeit.

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Welche Rolle spielt die europäische Cloud-Plattform Exoscale in Ihrer Cloud-Strategie?

MARTIN RESEL

Exoscale wird primär für Anwendungen mit hoher Rechenleistung genutzt – etwa bei KI-Modellen wie Mistral. Alle Daten werden in Europa verarbeitet, die Lizenzmodelle sind fair, die Infrastruktur komplett europäisch. Gerade bei rechenintensiven Projekten, etwa im Banken- oder Retailbereich, kommt Exoscale verstärkt zum Einsatz. Wir setzen bewusst auf Open-Source-Technologien und europäische Standards, um langfristige Unabhängigkeit zu gewährleisten.

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Was leisten 5G-Campus-Netze in diesem Kontext?

MARTIN RESEL

Sie ermöglichen es Unternehmen, private Mobilfunknetze zu betreiben – etwa am Flughafen Wien oder bei der Voestalpine. Diese Netze bieten die höchste Performance, sind sicher, verschlüsselt und autark. Selbst bei Netzüberlastung oder Stromausfall bleibt der Betrieb aufrecht. Zudem erlauben sie neue industrielle Anwendungen, etwa autonome Fahrzeuge oder Echtzeitlokalisierung von Produktionsmitteln. Durch die Nutzung eines eigenen geschützten Frequenzbereichs entsteht eine Infrastruktur, die exakt auf die Bedürfnisse der Unternehmen zugeschnitten ist – auch im Hinblick auf Datenschutz und Ausfallsicherheit.

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Wie bewerten Sie die Digitalstrategie der EU und den Digitalen Aktionsplan Österreichs?

MARTIN RESEL

Beides sind wichtige Schritte, aber Europa hat viel aufzuholen. Wir haben zu lange auf außereuropäische Anbieter gesetzt. Jetzt sehen wir erste Gegenbewegungen: europäische KI-Modelle, eigene Cloud-Lösungen, Quantenforschung. Aber damit wir wirklich wettbewerbsfähig bleiben, müssen wir deutlich mehr investieren – sowohl öffentlich als auch als Konsumentinnen und Konsumenten. Wir brauchen einen europäischen Fokus bei Beschaffung, Technologieeinsatz und Forschung. Und wir müssen bei der Ausbildung ansetzen: Wir brauchen mehr digitale Fachkräfte, mehr Mut zu Innovationen und ein starkes europäisches Selbstverständnis in der Technologieentwicklung.

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Wie trägt A1 langfristig zur digitalen Souveränität bei?

MARTIN RESEL

Indem wir aufklären, beraten und investieren. Wir wollen gerade KMU befähigen, ihre Datenhoheit zu sichern. Gleichzeitig bauen wir unsere eigene Infrastruktur laufend aus und investieren jährlich bis zu 500 Millionen Euro in Digitalisierung. Wir schaffen Wissen – etwa mit Videos und Events – und entwickeln gemeinsam mit Kund:innen individuelle Risikoszenarien und Sicherheitsarchitekturen. Wichtig ist uns dabei, dass digitale Souveränität nicht nur ein Schlagwort bleibt, sondern konkret im Alltag von Unternehmen ankommt – durch Lösungen, die praktikabel, leistbar und skalierbar sind.

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Wird digitale Souveränität zum globalen Wettbewerbsfaktor?

MARTIN RESEL

Sie ist es bereits. Wer heute auf stabile, sichere und unabhängige Systeme setzt, hat im Krisenfall die Nase vorn. Das betrifft nicht nur Unternehmen, sondern ganze Volkswirtschaften. Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass alles wieder so wird wie früher. Digitale Souveränität ist eine Standortfrage – und damit ein ökonomischer Faktor, der über Zukunftsfähigkeit entscheidet. Europa muss jetzt handeln, nicht aus Angst, sondern aus dem Bewusstsein heraus, dass technologische Unabhängigkeit ein Schlüssel zur wirtschaftlichen und politischen Resilienz ist.

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Was bedeutet Ihnen das Thema persönlich?

MARTIN RESEL

Ich sehe es als Auftrag. Wir müssen heute die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Europa auch in zehn oder zwanzig Jahren wettbewerbsfähig ist. Digitale Souveränität ist keine Ideologie, sondern eine Frage der Verantwortung – für Unternehmen, für Kundinnen und Kunden, für den Standort Österreich. Ich möchte, dass wir als Gesellschaft gemeinsam mutige Entscheidungen treffen – zugunsten von Qualität, Unabhängigkeit und technologischer Kompetenz. Dafür setze ich mich ein. Und das beginnt nicht nur bei Unternehmen oder in der Politik, sondern bei uns allen.

Auch Konsumentinnen und Konsumenten haben eine Verantwortung. Wenn wir digitale Souveränität ernst nehmen, dann sollten wir bewusst auf europäische Produkte und Dienstleistungen setzen – im privaten wie im geschäftlichen Alltag. Wer bei heimischen Anbietern kauft, fördert nicht nur die Wirtschaft, sondern stärkt die Unabhängigkeit Europas. Wenn wir hingegen nur nach dem billigsten Anbieter suchen und Plattformen unterstützen, die nicht in Europa verankert sind, vergeben wir eine große Chance. Souveränität ist nichts, das man sich verordnen kann – sie muss gelebt werden. Jeden Tag, auch im Kleinen.

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