
Offiziell sind hohe Kosten der Grund für die Tarifsteigerung. Doch interne Kalkulationen der E-Control zeigen, dass den Netzbetreibern dabei auch fast zehnprozentige Renditen zugestanden werden.
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Die Aufregung um die neuen Netztarife speziell für Österreichs Gaskunden ist hoch: Im Durchschnitt sollen die Entgelte im kommenden Jahr um 18 Prozent steigen (nach einem Plus von 17 Prozent zu Jahresbeginn 2025).
Während E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch für den Tarifanstieg offiziell vor allem die Aufteilung der Netzkosten auf immer weniger Gaskunden verantwortlich macht (Stichwort: Ausstieg aus Gas), stellt sich nun heraus, dass seine Behörde den Netzbetreibern dabei auch stolze Renditen zugesteht. Für das Jahr 2025 etwa ist im dazu von der E-Control extern beauftragten Privatgutachten (Randl/Zechner) von einer gerechtfertigten Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital von 9,58 Prozent die Rede.
Der Betrieb der Netze (Strom und Gas) ist im Unterschied zum liberalisierten Handel mit der Energie staatlich streng reguliert. Daher werden die Tarife für die Gaskunden nicht von den Unternehmen selbst ausgetüftelt, sondern von der Energie-Regulierungsbehörde E-Control verordnet.


Christoph Dolna-Gruber, Leiter Strategie und Sprecher der Austrian Energy Agency, in einer Diskussion auf der Plattform X: „Wege zu finden, wie man die Eigenkapitalanteile in der Netzfinanzierung senkt, wäre ein Ansatzpunkt zur Senkung der Kostenbelastung für die Gaskunden.“
© beigestelltDie Höhe der zugestandenen Rendite aus den internen Berechnungen der E-Control ist mehrfach bemerkenswert. Zum einen ist das wirtschaftliche Risiko in einem monopolähnlichen Geschäftsbereich überschaubar. Andere ähnlich risikolose Investments etwa in Staatsanleihen bringen aktuell etwa nur ein bis zwei Prozent an Ertrag. Zum anderen ist es auch mehr, als die Behörde an Zinsen für die Aufnahme von Fremdkapital zugesteht. Hier geht es in dem Gutachten um 4,02 Prozent, auch das ist eine stolze Steigerung (2021 lag der Wert laut Bloomberg noch bei unter einem Prozent), der den allgemeinen Zinsanstieg an Markt wiederspiegeln soll.
Alles zusammen (Fremd- und Eigenkapital) ergibt dann eine durchschnittliche Verzinsung neuer Investitionen (WACC) von 6,24 Prozent. Für das kommende Jahr – die Zahlen werden demnächst veröffentlicht – gibt es dabei nur eine minimale Reduzierung, erklärt die E-Control auf Anfrage bereits. Das erhöht den Ertragsdruck der Netzbetreiber und fließt direkt in die Tarifkalkulation für die Gasverbraucher ein. Vorsichtiger Kommentar von Christoph Dolna-Gruber, Leiter Strategie und Sprecher der Austrian Energy Agency, in einer Diskussion auf der Plattform X: „Wege zu finden, wie man die Eigenkapitalanteile in der Netzfinanzierung senkt, wäre ein Ansatzpunkt zur Senkung der Kostenbelastung für die Gaskunden.“
Politisch brisant
Die Berechnung (Capital Asset Pricing Modell) ist international üblich, heißt es indes bei der E-Control, und von Gesetzgeber so vorgesehen. Politisch brisant ist die Kalkulation allemal, da die solcherart bevorteilten Gasnetzbetreiber meist Tochtergesellschaften der großen öffentlichen Energieversorger sind, die ihrerseits in den vergangenen Jahren ohnehin beachtliche Gewinne durch den Verkauf von Strom und Gas lukrierten (und auch entsprechend Dividenden abliefern und/oder der Gewinnabschöpfung unterliegen).
Dennoch hat die E-Control laut Eigenangaben die zugestandenen Renditen bis an oder über die oberste Grenze der von Privatgutachten ermittelten „Bandbreite" ausgereizt, inklusive sogenannter „Marktrisikoprämie“ von fünf Prozent. Tatsächlich unterliegen einige der Energieunternehmen mit ihren privaten Miteigentümern (und teilweiser Börsenotierung wie Verbund oder EVN) auch privatem Investorendruck und der Versuchung, auch das Geschäftsfeld in einem staatlichen Monopolbereich zur Gewinnsteigerung heranzuziehen.
