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„Handelskriege tun niemandem gut“

IN KOOPERATION MIT DELOITTE
Aktualisiert
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9 min

©Geislinger
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Das Salzburger Familienunternehmen Geislinger ist ein Musterbeispiel für Österreichs Exporterfolge – und jetzt mit einem weltweiten Handelskonflikt konfrontiert. Ein Gespräch über Strategien, Standortnachteile und Resilienz.

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TREND: Der freie Welthandel steht auf der Kippe wie selten zuvor. Was bedeutet das für ein exportorientiertes Land wie Österreich?

Anna Daurer: Aufgrund der geo­politischen Unsicherheiten stehen die Unternehmen vor großen Herausfor­derungen. Aber ich bin optimistisch: Schon während der Coronapandemie haben die heimischen Betriebe flexibel reagiert und gezeigt, dass sie weit­gehend krisenresistent sind.

Torsten Philipp: Als Unternehmen sehen wir das aus unterschied­lichen Blickwinkeln. Einerseits muss man deutlich betonen, dass Österreich vor allem wegen der hohen Energiepreise und der hohen Lohnkosten erhebliche Standortnachteile hat. Im ­europäischen Vergleich verlieren wir an Wettbewerbsfähigkeit. Andererseits hat sich Österreichs Mittelstand als ­erstaunlich flexibel und wandlungs­fähig erwiesen, da haben wirklich viele die Krise als Chance begriffen und ­genutzt.

Daurer: Wir sehen in vielen Unternehmen, dass fehlende Planungs­sicherheit ein großes Problem darstellt.

Philipp: Ja, die Energiewende ist ­dafür ein Beispiel. Wir brauchen die Transformation weg von den fossilen Energieträgern. Österreichs Unternehmen bieten dafür hochwertige technische Lösungen an, die auch international gefragt sind. Eine Politik nach dem Motto „einen Schritt vorwärts, zwei ­zurück“ wird uns nicht weiterbringen.

Angesichts der hartnäckigen Rezession ist das Thema Nachhaltigkeit weitgehend von der Agenda verschwunden. Kommt es wieder – oder war’s das?

Daurer: Nachhaltigkeit bleibt ein Thema. Viele Unternehmen haben erkannt, dass es dabei um die Zukunfts­fähigkeit geht. Gerade in herausfordernden Zeiten sind Investitionen wichtig, um sich Wettbewerbsvorteile für die ­Zukunft zu sichern.

Wichtig war, unsere Supply Chain breiter aufzustellen und in volatilen Märkten auf verschiedene Branchen als Kunden zu setzen.

Torsten Philipp

Geislinger hat auch einen Produktionsstandort in den USA. Welche Bedeutung hat dieser jetzt?

Philipp: Wir haben internationale Standorte in China, Japan, Korea und den USA. Das entspricht unserer Strategie, in der Region für die Region zu produzieren – und ist natürlich in der jetzigen Situation ein Riesenvorteil. Das ­bedeutet aber nicht, dass uns die Probleme der Weltwirtschaft nicht betreffen. Unsere größten Kunden sind aus dem Transportsektor, und die spüren Einschränkungen unmittelbar. Globale Handelskriege tun niemandem gut.

Es gibt noch einen weiteren „Auslands-Standort“, nämlich im Lavanttal in Kärnten. Macht es Sinn, in Österreich zwei Standorte zu haben?

Philipp: Wir hatten damals keine ­Expansionsmöglichkeiten hier in Hallwang, weder räumlich noch von den ­Arbeitskräften her. In Bad St. Leonhard gab es beides, und mittlerweile ist Kärnten unser größter Standort, und es gibt dort eine Geislinger Straße. Das zeigt die Wichtigkeit des Standorts und die Verbundenheit mit der Region.

Zeigt das auch die Probleme des Standortes Salzburg?

Daurer: Der Fachkräftemangel in der Region ist ein Thema, gar keine Frage. Es gibt hier zu wenige Absolventinnen und Absolventen berufsbildender Schulen. Umgekehrt punktet Salzburg mit einer sehr hohen Lebensqualität, allerdings sind auch die Lebenshaltungs­kosten hoch. Die Antwort der Betriebe ist, dass sie sehr stark selbst ausbilden.

Philipp: So wie Geislinger investieren viele Betriebe in die eigene Ausbildung und versuchen, junge Menschen frühzeitig ins Unternehmen zu holen, was sich im Übrigen auch auf die bestehenden Teams sehr positiv auswirkt. Und als Branche bemühen wir uns, Salzburg auch als Industriestandort sichtbar zu machen, und nicht nur als Kulturstadt.

Selbstkritisch die eigenen Prozesse zu hinterfragen und die etablierten Geschäftsmodelle auf den Prüfstand zu stellen – das sind entscheidende Faktoren für mehr Resilienz

Anna Daurer

Haben Familienunternehmen wie Geislinger in Krisenzeiten Vorteile, weil sie flexibler sind, oder Nachteile, weil sie oft weniger Kapitalpuffer haben?

Daurer: Familienbetriebe haben in der Regel einen langen Zeithorizont und denken in Generationen. Das gibt in Krisenzeiten Stabilität. Zudem kann schneller reagiert werden, wenn Management und Eigentümer zusammenfallen oder es ­einen kurzen Draht gibt.

Philipp: Aus meiner Erfahrung haben Familienbetriebe zwei große Vorteile: kurze Entscheidungswege, weil nicht diverse Gremien einbezogen werden müssen, und eine geringe Fremdfinanzierungsquote. Dadurch ist die Finanzkonstruktion stabiler, was bei finan­ziellen Durststrecken hilft. Und das bedeutet auch Stabilität für die Mit­arbeitenden.

Daurer: Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, der Familienbetriebe auszeichnet: Sie haben meist eine starke Unternehmenskultur, die durch eine hohe Mit­arbeiterbindung und langfristige Geschäftsbeziehungen gekennzeichnet ist – beides Faktoren, die die Resilienz stärken.

Umfassender „Fitness-Check“ für Unternehmen

Je mehr Krise, desto mehr wird von Resilienz gesprochen. Aber was bedeutet das in der Praxis? Was hat Geislinger getan, um resilienter zu werden?

Philipp: Ein wichtiger Schritt war, unsere Supply Chain breiter aufzustellen, also auf mehrere Lieferanten zu ­setzen. Eine weitere Strategie war, in volatilen Märkten auf verschiedene Branchen als Kunden zu setzen, also etwa Hersteller von Schiffen und von Windrädern. Also Branchen, die nichts miteinander zu tun haben und auch nicht den gleichen Konjunkturzyklen unterworfen sind. Zusätzlich haben wir uns genau angeschaut, welche Produkte wir wo am sinnvollsten produzieren.

Daurer: Damit sind die wesentlichen Faktoren genannt, nämlich selbstkritisch die eigenen Prozesse zu hinterfragen und die etablierten Geschäftsmodelle auf den Prüfstand zu stellen, ob diese auch Zukunftspotenzial haben. Das ist genau das, was wir auch mit unserem Programm „Best Managed Companies“ anbieten.

Philipp: Und ich kann bestätigen, dass das ein geeignetes Tool ist, sich selbst und die Abläufe im Unternehmen zu hinterfragen. Es werden die richtigen Fragen gestellt, weil das Unternehmen ganzheitlich betrachtet wird. Und das Programm bietet die Chance auf den externen Blick von außen und gleichzeitig die Möglichkeit, sich international zu vergleichen. Das ist absolut hilfreich.

Zu den Personen:

In zusammenarbeit mit
Entgeltliche Einschaltung
Impulsgeber für den Wirtschaftsstandort Österreich

Über die Autoren

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