Trend Logo

„Durch Übernahmen erkaufen wir uns Zeit“

IN KOOPERATION MIT DELOITTE
Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
10 min

Orsolya Hegedüs von Deloitte und Richard Scharmann von der PBS Holding

©WOLFGANG WOLAK
  1. home
  2. Specials
  3. Special

Wachstum statt Resignation: Die Welser PBS HOLDING nutzt die turbulenten Zeiten für gezielte Akquisitionen. Ein Deloitte-Hintergrundgespräch über Strategien, schrumpfende Märkte und die Gefahr, sich Projekte schönzurechnen. 

trend.

Wir erleben gerade das dritte Jahr Rezession. Sehen Sie Licht am Ende des Tunnels?

ORSOLYA HEGEDÜS

Im Bereich Mergers and Acquisitions erleben wir gerade viele Transaktionen. Diese Aktivitäten sehe ich durchaus als gutes Zeichen, denn hier wird aktiv Zukunft gestaltet. 

trend.

Aber bedeutet das nicht auch, dass es viele Unternehmen in Notlagen gibt, die verkaufen müssen? 

ORSOLYA HEGEDÜS

Die Herausforderungen für Unternehmen sind aktuell sehr groß, und da gibt es bei manchen natürlich finanzielle Engpässe. Aber bei vielen Übernahmen spielen ganz andere Motive eine Rolle, etwa die ungeklärte Nachfolgefrage oder die strategische Überlegung, sich mit einem starken Partner zu verbünden. Gerade für kleinere und mittelgroße Unternehmen ist das oft eine sinnvolle Zukunftsstrategie. Und auf der anderen Seite gibt es viele gut aufgestellte Unternehmen, die die jetzige Situation nutzen, um durch Übernahmen zu wachsen. Da tut sich wirklich viel. 

RICHARD SCHARMANN

Ich kann das nur unterstreichen. Im Moment bekommen wir wöchentlich Angebote von Unternehmen, die zu kaufen sind. Da ist wirklich viel in Bewegung. Bei der Hälfte der Anfragen geht es um Unternehmen, die in gewissen Schwierigkeiten sind, bei der anderen Hälfte stehen strategische Überlegungen im Vordergrund. 

trend.

PBS hat im vergangenen Jahr gleich zwei Unternehmen, in Italien und in den Beneluxstaaten, übernommen. Strategie oder Schnäppchenjagd? 

RICHARD SCHARMANN

Der Büroartikelmarkt konsolidiert, es findet eine Marktbereinigung statt. Wachsen können wir nur durch Übernahmen. Dadurch stärken wir unsere Marktposition, weil Größe in unserer Branche ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor ist. 

trend.

Welche Strategie verfolgen Sie bei den Übernahmen? 

RICHARD SCHARMANN

Einerseits geht es darum, durch Übernahmen geografisch neue Märkte zu erschließen und Synergien zu nutzen, vom Einkauf bis zur IT. Eine andere Strategie besteht darin, dass wir unser Portfolio erweitern wollen und in neue Marktsegmente einsteigen. Das klingt einfach, ist es aber meistens nicht. Man glaubt, wenn man ein Unternehmen mit Büroartikeln beliefert, kann man auch Reinigungsmittel und Sanitärprodukte mitverkaufen, ist ja schließlich dasselbe Büro. Aber die Realität sieht anders aus: Da gibt es spezielle Anforderungen an die Reinigungsmittel, andere Lieferzyklen und, und, und. Da sind Kompetenzen gefragt, die wir nicht in unserer DNA haben. Und jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: Man versucht den zeitraubenden Weg, diese Kompetenzen selbst aufzubauen – oder man kauft sich das nötige Wissen ein und spart Zeit. Durch Übernahmen erkaufen wir uns Zeit. 

ORSOLYA HEGEDÜS

Das ist meiner Erfahrung nach der entscheidende Punkt: Durch Übernahmen erkauft man sich Zeit. Denn sich über „Trial and Error“ neue Geschäftsfelder aufzubauen, dauert oft unendlich lange, wenn es überhaupt gelingt. Das Portfolio durch Übernahmen zu erweitern ist eine echte Abkürzung. 

RICHARD SCHARMANN

Aktuell prüfen wir elf Übernahmen in sieben verschiedenen Ländern. Etwa die Hälfte davon wären „Add-ons“, also die Vergrößerung unseres Kerngeschäftes, bei der anderen Hälfte geht es um die Erweiterung unseres Portfolios. 

trend.

Wie hoch ist das Risiko solcher Übernahmen? Wie kann man sicherstellen, dass keine „Leichen im Keller liegen“? 

ORSOLYA HEGEDÜS

Die wichtigste Frage vor einer Übernahme sollte sein: Was erwarte ich mir konkret davon, was ist das strategische Ziel? Ist es der Einstieg in einen neuen Markt, ein größeres Einkaufsvolumen, eine Erweiterung des Portfolios, der Erwerb von Know-how? Danach beginnt die eigentliche Prüfung, die Due Diligence. Und das bedeutet weitaus mehr, als den geprüften Abschluss durchzublättern. Dabei geht es nämlich keineswegs nur um die nackten Zahlen, sondern auch um die Kunden-und Mitarbeiterstruktur sowie mögliche Synergien, um nur einige Faktoren zu nennen. Und wenn das alles passt, muss am Ende die Frage beantwortet werden, ob das Zielunternehmen zu den formulierten Erwartungen passt. 

RICHARD SCHARMANN

Wir haben in den vergangenen Jahren wirklich intensiv an der Prozessoptimierung und der Effizienzsteigerung gearbeitet, aber irgendwann ist das ausgereizt. Und dann geht Wachstum vor allem über Zukäufe. PBS hat 30 Jahre Erfahrung mit Zukäufen, da weiß man, welche Kennzahlen entscheidend sind und wo man hinschauen muss. Aber man muss schon aufpassen, sich die Dinge nicht schönzurechnen, nur weil man den Zukauf unbedingt will. Diese Gefahr besteht immer. 

Die wichtigste Frage vor einer Akquisition: Welche Strategie verfolge ich, was sind meine Erwartungen?

ORSOLYA HEGEDÜSPartnerin bei Deloitte und Spezialistin im Bereich Due Diligence

Wir können nur durch Übernahmen wachsen – und kaufen damit auch Kompetenzen ein. 

RICHARD SCHARMANNCEO und Miteigentümer der PBS Holding
trend.

Woran scheitern Übernahmen? 

ORSOLYA HEGEDÜS

Meistens an falschen Erwartungen und unrealistischen Vorstellungen auf beiden Seiten. Oder aber an mangelnder Professionalität beim Verkaufsprozess. 

trend.

Geht es nicht am Ende vor allem um den Preis? 

RICHARD SCHARMANN

Natürlich ist der Preis ein wesentlicher Faktor, auch Emotionen spielen oft eine große Rolle. Gerade Familienunternehmen, die über zwei oder drei Generationen aufgebaut worden sind, haben oft aberwitzige Vorstellungen vom Wert ihrer Betriebe. 

trend.

Helfen da nicht gewisse Formeln wie „x mal Umsatz“ oder „y mal EBIT“? 

ORSOLYA HEGEDÜS

Man kann sich an solchen Formeln orientieren. Grundsätzlich ergibt sich der Preis aus dem Barwert der zukünftigen Cashflows. Es liegt dann in der Verantwortung eines guten Beraters, in einem Prozess Klarheit über einen angemessenen Preis zu schaffen. 

RICHARD SCHARMANN

Wir verwenden solche Formeln in den Angeboten bewusst nicht mehr, sondern nennen nur unser Preisangebot. Denn es hat sich gezeigt, dass zu viel Transparenz nicht zielführend ist. Dann gibt es nur endlose Diskussionen über den Multiplikationsfaktor, das führt nur in die Irre. Am besten ist es, wenn beide Seiten ihre Vorteile erkennen: Das übernommene Unternehmen gewinnt einen starken und zuverlässigen Partner, wir gewinnen Synergien und den Eintritt in einen neuen Markt. 

ORSOLYA HEGEDÜS

Solche Win-win-Situationen sind natürlich der Idealfall, auf den wir als Berater hinarbeiten. Wenn beide Seiten Vorteile sehen, fällt eine Einigung deutlich leichter. 

trend.

PBS gehört drei Familien. Wie gelingt es, so viele Eigentümer immer wieder für weitere Zukäufe zu gewinnen? Hätte nicht mancher lieber eine Finca auf Mallorca als eine weitere Beteiligung? 

RICHARD SCHARMANN

Der Erfolg von PBS beruht weitgehend auf gelungenen Akquisitionen. Durch diese sind wir groß und erfolgreich geworden, da haben wir einen guten Track Record. Und das schafft Vertrauen. Wichtig ist aber auch, sich selbstkritisch immer wieder auf den Prüfstand zu stellen. Dabei hilft ein Programm wie „Best Managed Companies“, weil das diesen notwendigen Blick von außen bringt und ganz bewusst der Finger in die Wunden gelegt wird. 

In Zusammenarbeit mit:
Entgeltliche Einschaltung.
Impulsgeber für den Wirtschaftsstandort ÖsterreichÖsterreichische Unternehmen
Logo
Jetzt trend. ab € 14,60 im Monat abonnieren!
Ähnliche Artikel