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Kärntner Ärzte absolvierten ersten Warnstreik in Tarifstreit

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Die Ordinationen öffneten am Montag später als gewöhnlich
 © APA/APA/WOLFGANG JANNACH/WOLFGANG JANNACH
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Im Tarifstreit mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) sind Kärntner Ärztinnen und Ärzte am Montag in einen Warnstreik getreten. Der Ordinationsbetrieb wurde erst um 10.00 Uhr aufgenommen. Schätzungen der Ärztekammer zufolge haben sich rund drei Viertel der Ärzte dem Streik angeschlossen. Fruchtet der Protest nichts, so können weitere Maßnahmen - auch mehrtägige Ordinationsschließungen - folgen. Auch die Österreichische Ärztekammer unterstützte die Maßnahmen.

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Die Ärztekammer protestiert bereits seit einiger Zeit gegen die Linie der ÖGK: Honoraranpassungen würden verweigert, die steigenden Patientenzahlen nicht mehr abgegolten, die Tarife nicht einmal an die Inflation angepasst. Darüber hinaus würde es immer schwerer fallen, offene Kassenstellen zu besetzen, weil es an Attraktivität mangle. Mit der höheren Lebenserwartung würden außerdem ältere und schwerer kranke Patienten einhergehen, es drohe eine Situation, in der das System in seiner derzeitigen Form nicht mehr aufrechterhalten werden könne.

Die ÖGK hatte in der vergangenen Woche zu "Dialog statt Konfrontation" aufgerufen und den Warnstreik bedauert. Die Standesvertretung solle den Konfrontationskurs beenden und an den Verhandlungstisch zurückkehren, denn nur dort könnten die Forderungen der Ärzte lösungsorientiert besprochen werden.

Unmut über den späten Start in den Tag ist beim APA-Lokalaugenschein in einer Klagenfurter Hausarztpraxis bei den gut zehn wartenden Patientinnen und Patienten nicht wahrzunehmen. Wartezeiten gehören bei Kassenärzten dazu. Ein älterer Herr kommt kurz vor 10.00 Uhr und wundert sich über die Schlange und die geschlossene Praxistür. "Ärztestreik. Aber nur bis zehn." - "Aha", Achselzucken, "ist es eh gleich." Pünktlich öffnet eine ausgesprochen gut gelaunte Sprechstundenhilfe die Tür. Drinnen läuft die Anmeldung wie üblich.

Nur auf einem Plakat neben dem Ständer mit den vielen Flyern wird über den Tarifstreit mit der ÖGK aufgeklärt. "Unsere Medizin ist wertvoll - aber wird nicht so bezahlt!" heißt es da. Für alle Ordinationsbesuche im Quartal gebe es insgesamt gerade einmal 34 Euro, für eine Gehörgangsreinigung nur zwei Euro, für ein EKG nur acht Euro, viele Leistungen würden gar nicht bezahlt. Gefordert wird ein fairer Kassentarif, alle Leistungen müssten bezahlt werden, ist auf dem Plakat der Ärztekammer für Kärnten zu lesen. Viel Beachtung bei der wartenden Patientenschaft findet das Plakat nicht.

Die Österreichische Ärztekammer stehe voll hinter den Kärntner Protestmaßnahmen, erklärte deren Präsident Johannes Steinhart: "Angesichts der Blockadehaltung der Österreichischen Gesundheitskasse durch ihre Weigerung, ernsthafte Verhandlungen zu führen, bleibt kein anderes Mittel mehr, um auf die zunehmende Unfairness in der Kassenmedizin hinzuweisen." Wenn jetzt nicht gegengesteuert werde, drohe "ein nachhaltiger Schaden, der möglicherweise irreparabel ist". Solidarität mit den Kärntner Protestmaßnahmen kommt auch aus den anderen Bundesländern - die anderen acht Obleute der niedergelassenen Kurien in den Landesärztekammern unterstützen die Maßnahmen, hieß es in einer Aussendung.

Die Kärntner FPÖ rief dazu auf, dass der Streit zwischen Ärztekammer und ÖGK nicht auf dem Rücken der Patientinnen und Patienten ausgetragen werden dürfe. Der Streik sollte eine einmalige Sache sein. Danach müsse es zurück an den Verhandlungstisch gehen, "um gemeinsam schnellstmöglich Lösungen im Sinne des Gesundheitssystems und der Patienten zu finden", erklärten Landesparteichef Erwin Angerer und FPÖ-Gesundheitssprecher Christoph Staudacher. Auch Team Kärnten-Chef Gerhard Köfer forderte rasche Gespräche und eine Einigung zwischen der Ärztekammer und der Österreichischen Gesundheitskasse: "Notwendig sind österreichweit einheitliche Tarife in Form eines generell gültigen Leistungs- und Honorarsystems."

Der Generaldirektor der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Bernhard Wurzer, hatte am Sonntagabend in der "ZiB2" des ORF erklärt, es brauche einen Gesamtvertrag. Er denke, dies werde gelingen, wenn alle wieder an den Tisch zurückkommen "und weg von den politischen Diskussionen und ideologischen Diskussionen". Wurzer sah hier die Ärztekammer in der Pflicht: Zu Vertragsverhandlungen würde "immer Zustimmung von beiden Seiten" gehören.

Bei den Tarifen für die Ärzte und Ärztinnen müsse man sich entscheiden: "Will man den höchsten Tarif in jedem Bundesland für jeden Arzt und jede Ärztin, dann wird es sehr, sehr teuer für das System, dann ist es sehr, sehr schwierig, gerade in finanziell angespannten Zeiten eine Einigung zu kriegen. Oder schafft man es, dass man gemeinsam an einem Konsens arbeitet, das Beste für die Versicherten und das Beste für die Patienten zu machen." Wurzer verwies auch auf den jüngsten Rechnungshof-Rohbericht, in dem eine Entmachtung der neun Landesärztekammern vorgeschlagen wurde - diese sollen demnach den einheitlichen Regelungen nicht mehr zustimmen müssen.

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