
Autonom, elektrisch, vernetzt: So soll die Firmenmobilität von morgen aussehen. Doch in vielen Unternehmen beginnt die Zukunft mit grundlegenden Hausaufgaben.
Ein kurzer Blick in die Zukunft: Ein Außendienstmitarbeiter ist gerade auf dem Weg zu einem Kundentermin, als sein Dienstwagen meldet: „Wartung in 300 km erforderlich.“ Noch während des Termins bucht das Flottenmanagementsystem automatisch einen Werkstatt-Slot, sendet eine Erinnerung und schlägt gleichzeitig eine Mitfahrgelegenheit für die Rückfahrt vor. Der Wagen fährt später autonom zur Partnerwerkstatt – ganz ohne Fahrer und ohne Aufwand.
Zweites Szenario: In einem internationalen Unternehmen mit mehreren Standorten ist kein zentrales Fuhrparkteam mehr notwendig. Fahrzeuge melden sich selbstständig bei der Software an, werden über digitale Buchungssysteme verwaltet und über Standortgrenzen hinweg getauscht. Die Systeme erkennen eine Unterauslastung, steuern Fahrzeuge zwischen Niederlassungen um oder geben sie automatisch an den Leasingpartner zurück.
Noch sind diese Ausblicke Zukunftsmusik. Doch einige Trends im Fuhrparkmanagement sind schon jetzt klar ersichtlich. Elektrifizierte Firmenflotten werden immer mehr Teil des Energiemanagements. Das bedeutet, dass E-Fahrzeuge nicht nur Energie verbrauchen, sondern sie auch zurück ins Stromnetz einspeisen können. Durch weiteres Fortschreiten der Digitalisierung und der KI stehen immer präzisere Echtzeitdaten für Verbrauch, Auslastung und Wartung zur Verfügung. Statt eines Dienstwagens erhalten Mitarbeitende ein Mobilitätsbudget und wählen flexibel zwischen Auto, Öffi, Bike oder Carsharing. Und erste autonome Fahrzeuge sind im Werks- oder Logistikverkehr im Einsatz.
Der Weg in die Zukunft...
...ist allerdings bei vielen heimischen Unternehmen noch holprig. Viele hadern mit steigenden Kosten, Digitalisierungslücken oder Unsicherheiten bei der Elektrifizierung. Auch die Professionalität im Management fehlt oft. „Ich kenne wenige Fuhrparks, die wirklich professionell gemanagt werden“, sagt Franz Leberl von Car Consulting Leberl, unabhängiger Fuhrparkberater mit mehr als 30 Jahren Erfahrung: „Die meisten glauben, sie machen das professionell, aber sie unterschätzen es. Es ist fahrlässig, wenn eine Empfangskraft nebenbei ein Millionenbudget verwaltet.“
Neben steigenden Kosten sorgen auch technische Schwächen bei neuen Fahrzeuggenerationen für Ärger: „Früher hielten Motoren problemlos 200.000 Kilometer, heute sind Motorschäden bei 80.000 Kilometer keine Seltenheit“, warnt Leberl. Das Downsizing zur CO2-Reduktion gehe auf Kosten der Langlebigkeit. Gerade kleinere Betriebe seien laut dem Fuhrparkberater mit den zunehmenden technischen Komplexitäten überfordert, zumal sich gleichzeitig der Gesetzesrahmen häufig ändere.
Henning Heise, Obmann des Fuhrparkverbands Austria und Geschäftsführer von Heise fleetconsulting, ortet auch Fehler im Sparverhalten: „Jetzt, wo die ganze Wirtschaft kämpft, sagt jeder natürlich: Kosten runter. Viele gehen nach dem Motto vor: sparen, koste es, was es wolle. Aber wenn ich ein Fahrzeug länger nutze, habe ich mehr Stehzeiten, mehr Reparaturen – und irgendwann ist es ein Totalschaden.“ Besonders die internen Verwaltungskosten werden laut Heise oft unterschätzt: „Ein Beleg kostet beispielsweise nicht 50 Cent, sondern mit allem Drum und Dran oft 13 bis 22 Euro. Und das bei bis zu zehn Belegen pro Fahrzeug und Monat.“
Die Elektrifizierung der Flotte ist ebenfalls kein Kinderspiel. „Die Unternehmen müssen jetzt Nachhaltigkeitsberichte schreiben. Und gewisse Anteile an Elektrofahrzeugen nachweisen – das ist ein Riesenthema“, so Heise.
2023 sind die Elektro-Zulassungen in Österreich erstmals gesunken, weil nicht klar war, in welche Richtung es geht. Leberl spart nicht mit Kritik, wenn es um die Realität im Alltag geht. Die Elektromobilität sei ohne Zweifel ein wichtiges Zukunftsthema, aber längst nicht für alle Unternehmen sinnvoll umsetzbar. „Ich habe schon von Anfang an bei den Elektrofahrzeugen gesagt: Die Hausaufgaben sind nicht gemacht.“
Für ihn ist der Einsatz im Außendienst vielfach unpraktikabel: „Für den wirklichen Bedarf mit 30.000 oder 40.000 Kilometer im Jahr oder bei Kunden, die 60.000 bis 70.000 Kilometer fahren, ist das E-Auto unbrauchbar.“ Der Grund: Die angegebenen Reichweiten können nur in seltenen Fällen erreicht werden. Besonders nicht bei hohen Geschwindigkeiten und Vielfahrern.
Mobilität neu gedacht
Wie die Elektrifizierung jedoch gelingen kann, zeigt der Spezialist für industrielle Automatisierung SMC Austria mit Österreich- und CEE-Headquarter in Korneuburg. Und nicht nur das. Denn das Unternehmen hat den Wandel vom klassischen Fuhrpark hin zu einem umfassenden Mobilitätskonzept vollzogen und damit entscheidende Schritte in die Zukunft gesetzt, mit einem klaren Fokus auf Nachhaltigkeit.
„Wir haben den Fuhrpark als ganzheitliches Projekt neu gedacht“, erklärt die Verantwortliche für Mobility CEE Group, Christiane Sonja Zulu. Die Ausgangslage: Ein traditioneller Fuhrpark mit rund 100 Fahrzeugen überwiegend für den österreichweiten Außendienst stieß auf neue Herausforderungen. Die Mobilitätsbedürfnisse wurden vielfältiger und die Nachhaltigkeitsziele ambitionierter.
Der Umbruch begann bereits im Jahre 2016 mit dem ersten E-Fahrzeug. „Damals war vieles noch Pionierarbeit – geringe Reichweiten, wenig Ladeinfrastruktur, wenig Erfahrungswerte“, so Zulu. Heute besteht die Flotte zu 50 Prozent aus E-Autos, ergänzt durch Ladepunkte am Firmenstandort, in den Außenstellen und bei Mitarbeitenden zu Hause. Der Weg dahin war strategisch: Nicht Druck, sondern Motivation und Offenheit standen im Zentrum. „Die Mitarbeitenden wurden aktiv einbezogen, neue Modelle durften ausprobiert werden, wodurch wir Erfahrungswerte sammeln konnten“, sagt Zulu.
Parallel dazu wurde der Mobilitätsbegriffneu aufgerollt. Klimatickets, Rail&Drive, Fahrradleasing, eine unternehmensinterne Mitfahrzentrale und sogar E-Bike-Ladestationen auf PV-Basis wurden etabliert. Auch bei den Details wurde angesetzt: Zweimal jährlich finden Aktionstage zur Steinschlagreparatur direkt am Firmengelände statt. Eine Maßnahme, die CO2, Kosten und Zeit spart.
Das Reporting wurde professionalisiert, inklusive CO2-Bilanz und Scope3-Erhebung, also beispielsweise die Anfahrtswege der Mitarbeitenden. Die Digitalisierung begleitet die Transformation automatisch: Fahrzeuge und Ladekarten kommen mit Apps, neue Tools für Buchung und Monitoring ergänzen das Setup. Herausfordernd bleibt die Vereinheitlichung der vielen externen Systeme und Regulierungen. Ein zentraler Drehpunkt wäre wünschenswert.
Die Effekte dieser Neuaufstellung sind bereits messbar: Im Vergleich zu 2019 wurden die CO2-Emissionen des Fuhrparks halbiert – bei nahezu identischer Kilometerleistung. Auch wirtschaftlich zahlt sich der Weg aus: „Wenn man ein Dienstauto mit einem voll ausgestatteten Klimaticket plus Rail & Drive vergleicht, ist der Unterschied erheblich“, meint Zulu. Langfristig rechnet sich auch die Erstinvestition in PV, Fahrradabstellanlagen und Software.
Noch ist nicht alles abgeschlossen. Die Mitfahrbörse wird gerade überarbeitet, ein eigenes Shuttleprojekt geprüft. „Gerade in der Mobilität, in der sich vieles rasch bewegt, gibt es immer Bereiche, an denen man weiterarbeiten kann“, so Zulu.
Die Anforderungen an das Fuhrparkmanagement werden in Zukunft nicht weniger – im Gegenteil: Sie werden vielfältiger, datengetriebener und deutlich dynamischer. „Es wird nicht heißen: Wir fahren alle elektrisch, sondern jeder Antrieb wird dort eingesetzt, wo er Sinn macht“, sagt Heise. Bei sehr niedrigen Temperaturen könne der klassische Verbrenner immer noch Vorteile haben, auch der Hybrid habe sich entgegen vieler Erwartungen als praktikabel erwiesen.
Zwischen Anspruch und Alltag
Einigkeit besteht: Die Elektrifizierung ist gekommen, um zu bleiben, auch wenn der politische und wirtschaftliche Kurs teils widersprüchlich wirkt. „Der eine sperrt die Wasserstofftankstellen zu, der andere sagt, wir forschen daran. Wie soll ich da Entscheidungen treffen, die fünf Jahre halten?“, kritisiert Heise den Mangel an verlässlichen Rahmenbedingungen.
Neben Antriebsfragen sieht Heise vor allem Digitalisierung und Flexibilisierung als zentrale Hebel: „Es wird sich viel tun – mehr digitale Tools, mehr Echtzeitdaten, mehr Vernetzung“, sagt er. Auch das klassische Dienstauto stehe zur Disposition. In Deutschland setzen Firmen bereits auf sogenannte Mobilitätskonten: Statt eines Firmenwagens erhalten Mitarbeitende ein monatliches Budget, das sie flexibel für Öffis, Carsharing oder sogar den Mietwagen im Urlaub nutzen können. „Gerade für jüngere Mitarbeitende in Städten kann das extrem motivierend sein“, so Heise.
Auch E-Bikes, Fahrradleasing und Bahnreisen gewinnen an Bedeutung. Heise sieht hier eine echte Verhaltensänderung: „Was früher kaum denkbar war, wird heute umgesetzt – weil es mittlerweile auch tolle Geräte gibt und die Infrastruktur besser wird.“
Leberl beobachtet die Entwicklung mit einer gewissen Skepsis. Für ihn ist der Begriff „Mobilitätslösung“ oft nur eine „freundliche Verpackung“, hinter der sich nach wie vor Fahrzeuge verbergen. „In Wahrheit bleibt das Auto das Auto“, so Leberl – und das werde auch in zehn Jahren noch so sein. Wichtiger sei aus seiner Sicht, Verträge und Nutzung laufend an den tatsächlichen Bedarf anzupassen. Viele Unternehmen fahren nach wie vor mit überdimensionierten Flotten oder nicht optimierten Leasingverträgen. Dabei ließen sich durch regelmäßige Kilometeranpassungen und differenziertes Reporting hohe Einsparungen erzielen. Auch das Homeoffice habe gezeigt: Viele Fahrzeuge legen deutlich weniger Kilometer zurück als geplant.
Heise wiederum sieht das Berufsbild des klassischen Fuhrparkleiters im Wandel: „Wir reden heute nicht mehr vom Fuhrparkmanager, sondern vom Mobilitätsmanager“, sagt er. Die Aufgaben reichen von der technischen Auswahl über die ESG-Dokumentation bis hin zur Kommunikation mit HR, IT und der Geschäftsführung.
Der Fuhrpark der Zukunft wird also multimodal, elektrisch, vernetzt – und strategisch geführt. Das Ziel: Weniger Fahrzeuge, mehr Wirkung. Oder wie Heise es formuliert: „Es wird sich nicht alles verändern – aber sehr vieles optimieren.“
Der Artikel ist im trend.PREMIUM vom 23. Mai 2025 erschienen.