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Das Schaeffler-Familienimperium

Aktualisiert
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Maria-Elisabeth Schaeffler und Georg Schaeffler beim ISA (International Salzburg Association) Gala Dinner am Schloss Leopoldskorn beim Salzburg Festival, Juli 2011.

©Getty Images
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Maria Elisabeth Schaeffler und ihr Sohn Georg Schaeffler kontrollieren die Deutsche Schaeffler AG und den Schwesterkonzern Continental. Mit einem gemeinsamen Vermögen von 6,4 Milliarden Euro liegen sie auf Rang 3 im trend Reichsten-Ranking.

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Maria-Elisabeth Schaeffler-Thumann

  • Geboren: als Maria-Elisabeth Kurssa am 17.08.1941 in Prag

  • Funktion: Gesellschafterin der INA-Holding Schaeffler GmbH & Co. KG (20%), Stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrats der Schaeffler AG, Geschäftsführerin der IHO Verwaltungs GmbH

Georg Schaeffler

  • Geboren: 19.10.1964 in Erlangen

  • Funktionen: Hauptgesellschafter der INA-Holding Schaeffler GmbH & Co. KG (80 %) und Geschäftsführer der IHO Verwaltungs GmbH; Mitglied des Aufsichtsrates der Continental AG seit 2009 und außerdem Mitglied des Präsidialausschusses, des Vermittlungsausschusses, des Prüfungsausschusses und des Nominierungsausschusses von Continental. Aufsichtsratsvorsitzender der Schaeffler AG und der ATESTEO Management GmbH. Aufsichtsrat der Vitesco Technologies Group AG

  • Ausbildung: Dkfm. Betriebswirtschaft; Dr. Jur.; Wirtschaftsanwalt

Die Schaeffler-Gruppe

Die Schaeffler-Gruppe geht auf ein vom 1917 geborenen Deutschen Unternehmer Georg Schaeffler im Jahr 1946 gegründetes Unternehmen zurück. Zuvor war Georg Schaeffler bereits in den 1930er Jahren mit seinem Bruder Wilhelm als Textilunternehmer aktiv, ab 1942 wurden sie mit einem weiteren Unternehmen auch in der Rüstungsindustrie aktiv und stellten unter anderem Wälzlager her, die für Panzerketten benötigt wurden.

1945 floh die Familie vor der Roten Armee in die US-Besatzungszone und startete dort ein neues Unternehmen, das mit der Herstellung von Gebrauchsartikeln für die Haus- und Landwirtschaft begann. Aufgrund von Materialmangel wurden die Gegenstände zunächst noch aus Holz produziert. 1946 übersiedelte der Betrieb nach Herzogenaurach. Die Neugründung des Betriebs der beiden Schaeffler-Brüder mit zwei weiteren Inhabern markiert den Anfang der heutigen Schaeffler-Gruppe.

Wirtschaftlicher Durchbruch gelang dem Unternehmen ab 1951 mit dem von Georg Schaeffler als Folge einer Kooperation mit Daimler Benz und den Adler Motorradwerken entwickelten neuartigen Nadelkäfig, einem wichtigen Bestandteil von Wälzlagern.

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Video zum 75. Firmenjubiläum von Schaeffler im Jahr 2011

© Schaeffler AG

Im selben Jahr kam auch Wilhelm Schaeffler aus einer mehrjährigen Kriegsgefangenschaft zurück und begann in der Folge das Textilgeschäft der Familie wieder aufzubauen. Das Teppich- und Textilwerk Schaeffler entwickelte sich in der Folge zu einem der bedeutendsten Deutschlands, in den 1980er Jahren kam die Deutsche Textilindustrie jedoch schwer unter Druck und Georg Schaeffler übergab Ende 1989 die seit Jahren verlustreiche Sparte des 1981 verstorbenen Bruders Wilhelm an den belgischen Unternehmer Roger De Clerck. Mitte Dezember 1989 wechselte das aus zehn Gesellschaften bestehende und mit Verbindlichkeiten von 45,6 Millionen D-Mark belastete Firmen-Konglomerat um eine symbolische D-Mark den Besitzer.

Schaeffler konzentrierte sich in der Folge auf das Metall-Geschäft und entwickelte sich mit den Marken LuK, INA und FAG zu einem der wichtigsten Zulieferbetriebe der Deutschen Automobilindustrie und anderer Industriezweige. Zu den Produkten der Gruppe gehören Kupplungssysteme, Getriebeteile, Nockenwellenversteller, Lager und Lineartechnik-Komponenten.

Firmengründer Georg Schaeffler, für den die Firma das Leben war und der dafür sieben Tage in der Woche arbeitete, starb im August 1996 im Alter von 79 Jahren. Die Leitung musste in der Folge seine Witwe Maria-Elisabeth Schaeffler übernehmen. Und bis heute wird die Firmengruppe zur Gänze von der Familie Schaeffler kontrolliert. Maria-Elisabeth Schaeffler hält 20% des stimmberechtigten Kapitals, der Sohn Georg Friedrich Wilhelm Schaeffler die restlichen 80 Prozent der stimmberechtigten Aktien.

Die Continental-Krise

In den Jahren 2008 und 2009 hätte die Familie jedoch beinahe alles verloren. Und das hängt mit der mehrheitlichen Übernahme des Deutschen Reifenherstellers Continental zusammen.

2008 ist hatten die Schaefflers ein Übernahmeangebot für einen Mehrheitsanteil am dreimal größeren Deutschen Reifenkonzern Continental (ISIN DE0005439004) gelegt und dabei den praktisch schlechtest möglichen Zeitpunkt der Geschichte erwischt. Bei ihrem Übernahmeangebot an die Conti-Aktionäre hatten die Schaefflers nämlich auf eine sogenannte Material-Adverse-Change-Klausel verzichtet, die es ihnen ermöglicht hätte, das Angebot zurückzuziehen, wenn sich wesentliche Daten von Conti ändern, und genau dieser für unmöglich gehaltene Fall trat ein.

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Heikle Phase: Maria-Elisabeth Schaeffler, Georg F. W. Schaeffler und Continental Aufsichtsratschef Rolf Körfer bei der Continental Jahreshauptvesammlung im April 2009.

© Getty Images

Kurz nachdem das Angebot veröffentlicht war, brach die Finanzkrise aus. Die Investmentbank Lehman Brothers brach zusammen. Continental veröffentlichte eine Gewinnwarnung, der Aktienkurs rasselte nach unten, doch die Schaefflers mussten alle angebotenen Continental-Aktien zum festgeschriebenen Wert von 75 Euro übernehmen halsten sich damit Schulden von elf Milliarden Euro auf.

Banken wollten die Schulden bereits in Unternehmensbeteiligungen umwandeln und Maria-Elisabeth Schaeffler und Georg Schaeffler drohten alles zu verlieren. Doch das Kämpfen und Durchhalten machte sich bezahlt. Die Krise ging vorüber, das Unternehmen und der Aktienkurs erholten sich und die 46-Prozent-Beteiligung an Continental ist heute ein wertvolles Asset der Schaefflers.

Seit 2015 ist Continental auch organisatorisch ein Schwesterunternehmen der Schaeffler AG. Ebenfalls im Jahr 2015 erfolgte der Börsengang der Schaeffler-Gruppe (ISIN DE000SHA0159). Die weltweit tätige Firmengruppe, die heute zu den 50 größten Deutschlands gehört, beschäftigt über 82.000 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von rund 14 Milliarden Euro.

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Georg F. W. Schaeffler, Maria Elisabeth Schaeffler und Klaus Rosenfeld, Vorstandsvorsitzender der Schaeffler AG, beim Schaeffler-Börsengang 2015.

© SchaefflerAG

Die Familie Schaeffler

Maria-Elisabeth Schaeffler-Thumann

Mit einem gemeinsamen Vermögen von 6,4 Milliarden Euro liegen Maria-Elisabeth Schaeffler und ihr Sohn Georg auf Rang 3 im trend-Ranking der 100 Reichsten Österreicher. Von der Bezeichnung "Milliardärin" und Rankings hält Schaeffler jedoch wenig, wie sei einmal in einem Interview mit FORMAT betonte. "Man bekommt dadurch den Eindruck, dass die Person frei über die genannten Beträge verfügen kann. Dem ist aber nicht so. Wir investieren unsere Gewinne zurück ins Unternehmen. So haben wir, gemeinsam mit unseren Mitarbeitern, etwas geschaffen, das für viele Menschen einen Wert darstellt - nicht nur für uns." Luxus bedeute für sie, "Zeit zu haben - für sich und die Familie."

Die 20-Prozent-Eigentümerin der Schaeffler-Gruppe wurde 1941 als Maria-Elisabeth Kurssa in Prag geboren und wuchs in Wien auf. Sie stammt aus einer streng katholischen Familie. Ihr Vater machte Karriere und wurde Generaldirektor der Ersten Allgemeinen Versicherung, der heutigen Generali. Als Teenagerin besuchte Maria-Elisabeth die Tanzschule Elmayer und schätzte die Heiße Schokolade im Café Demel. Mit Wien verbindet sie bis heute eine Vielzahl guter Erinnerungen, sie schätzt die Philharmoniker, die Staatsoper, die Heurigen, den Veltliner und den Naschmarkt.

Nach der Matura begann sie 1960 ein Medizinstudium, das sie jedoch nach dem Physikum abbrach. Sie hatte zuvor, damals 21, bei einer Neujahrsfeier 1963 den Unternehmer Georg Schaeffler kennengelernt. Acht Monate später heiratete das Paar und zog nach Herzogenaurach. Maria-Elisabeth wollte zunächst in Deutschland weiter studieren, doch ihr Mann hatte andere Pläne mit seiner Gattin und wollte sie in dem wachsenden Betrieb wissen, wo sie zahlreiche Aufgaben übernahm. Schaeffler begann in der Folge noch ein Studium der Betriebswirtschaft in Erlangen, das sie jedoch nicht abschloss.

1964 brachte sie den Sohn Georg Friedrich Wilhelm Schaeffler zur Welt. Ein zweiter Sohn des Paares kam 1975 im Alter von neun Jahren bei einem tragischen Unfall im Haus der Familie ums Leben.

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Maria-Elisabeth Schaeffler und ihr im August 2022 verstorbener zweiter Ehemann Jürgen Thumann bei der Audi Night in Kitzbühel, Jänner 2014.

© 2014 Getty Images/Dominik Bindl

Die Mozart- und Opernliebhaberin, die eine Weile auch Vorsitzende der Nürnberger Opernfreunde war, ist österreichische und deutsche Staatsbürgerin. Sie lebt zurückgezogen und kontrolliert seit dem Tod von Georg Schaeffler im Jahr 1996 die Schaeffler-Gruppe gemeinsam mit Georg Friedrich Wilhelm Schaeffler. In zweiter Ehe heiratete sie im August 2014 Jürgen Thumann, den früheren Präsidenten des Bundesverbands der Deutschen Industrie, der im August 2022 starb.

Maria-Elisabeth Schaeffler-Thumann wurde mehrfach ausgezeichnet. 2001 erhielt sie Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. 2003 den Bayerischen Verdienstorden. 2007 das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und 2007 mit dem Großen Silbernen Ehrenzeichen mit Stern für Verdienste um die Republik Österreich.

Georg Friedrich Wilhelm Schaeffler

Der 1964 geborene Sohn des Firmengründers wuchs gut behütet am Familiensitz in Herzogenaurach auf, wo der 1984 maturierte. Von 1986 bis 1990 studierte der Filius Betriebswirtschaft an der Universität St. Gallen und arbeitete in der Folge an verschiedenen Positionen innerhalb der Schaeffler-Gruppe in Deutschland und in den USA.

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Georg Friedrich Wilhelm Schaeffler

© Schaeffler AG

1996 begann er das Studium der Rechtswissenschaften an der School of Law in Durham, North Carolina, das er mit dem Doktorat und einem Master für Internationales und Vergleichendes Recht abschloss. Im Anschluss arbeitete er bis 2006 als Wirtschaftsanwalt in der Kanzlei Haynes & Boone in Dallas, wo er weitgehend unerkannt, unbehelligt und wie bereits sein ganzes Leben lang eher zurückgezogen lebt.

Seit seinem Ausstieg aus der Kanzlei engagiert sich Georg F. W. Schaeffler, der 80 % der stimmberechtigten Anteile an der Schaeffler-Gruppe hält, vermehrt in der Unternehmensgruppe. Öffentliche Auftritte sind jedoch sehr selten. Über sein Privatleben ist lediglich bekannt, dass er zweimal geschieden und Vater von vier Söhnen ist.

Die reichsten Österreicher:innen

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