
Die Wiener Börse zählt zu den am niedrigsten bewerteten Aktienmärkten der westlichen Welt. Die Dollarschwäche lässt österreichische Aktien noch heller glänzen.
Wenn es draußen so richtig ungemütlich wird, bleiben die meisten Menschen lieber zu Hause. Gilt das eigentlich auch für Anleger? Viel ungemütlicher kann es „da draußen“ ja nicht mehr werden: ein Krieg vor der Haustüre, die Gefährdung von Lieferketten durch Piraterie und islamistische Attacken auf Frachtschiffe und ein unberechenbarer US-Präsident, der mit seinen Zollfantasien Handelbeziehungen gefährdet, die in den vergangenen Jahrzehnten dazu beigetragen haben, den Wohlstand aller Beteiligten zu sichern. Stimmt schon, US-Aktien machen mehr als die Hälfte des globalen Aktienindex MSCI World aus und finden sich daher in so gut wie allen diversifizierten Portfolios. Doch Trumps Politik hat zu einer Schwächung des Dollars und damit zu Verlusten für Anleger aus dem Euroraum geführt, die amerikanische Aktien besitzen. Warum also in die Ferne schweifen, wo das Gute doch so nah liegt? Immerhin zählt der ATX mit einem KGV von 8,8 zu den am niedrigsten bewerteten Aktienmärkten der westlichen Welt.
Das hat vor allem zwei Gründe. Österreich gilt als „Ostbörse“ und leidet daher besonders unter dem Ukrainekrieg. Und da die Wiener Börse im MSCI World mit weniger als einem Prozent vertreten ist, liegt sie unter der Wahrnehmungsschwelle der meisten internationalen Investoren. Doch sollte der Ukrainekrieg enden, kann Österreich rasch am Radarschirm der Financial Community auftauchen. Die Auswahl an attraktiven Titeln ist groß. So veröffentlichte etwa die Strabag jüngst positive Geschäftszahlen. Der operative Gewinn stieg um 21 Prozent auf 1,062 Milliarden Euro, was eine Dividendenrendite von 3,3 Prozent rechtfertigt. Mit dem niedrigsten KGV von 3,9 wartet RBI auf, allerdings wird der Kurs durch das Russland-Risiko gedrückt.
Günstig bewertet sind auch die Erste Group mit dem knapp Achtfachen des Jahresgewinns, die OMV (KGV: knapp unter neun), die beiden Versicherer Vienna Insurance (KGV: 7,7) und Uniqa (KGV: 8,8, jeweils Schätzungen für 2025). Mit dem iShares MSCI Austria ETF nehmen Anleger an der durchschnittlichen Performance der wichtigsten österreichischen Aktien teil. Gute Nerven brauchen Österreich-Anleger allerdings schon: Im März stürzte der ATX um rund 20 Prozent ab, befindet sich seither aber wieder auf Erholungskurs.
Der Artikel ist im trend.PREMIUM vom 9.Mai 2025 erschienen.