
Nach Hongkong, Taipeh und den Malediven ist unser Autor diesmal zum Schlemmen nach Palma gereist, um nach dem Durchprobieren sämtlicher Tapasläden zum Vorwärmen des Magens, wie er sagt, echte mallorquinische Küche zu genießen – am liebsten mit asiatischem Einschlag.
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Der Fisch kommt von Toni, der vor der Küste noch mit der Leine arbeitet und dann den Fang per WhatsApp zum Aussuchen übermittelt. Das Olivenöl wird aus eigenem Anbau gepresst. Kräuter und Gewürze werden im selbst angelegten Garten geerntet. Und der Koch stammt aus einem kleinen Dorf aus Kärnten in der Nähe von St. Veit an der Glan. Und alles zusammen ergibt das beste Angebot für exzellentes Essen in Palma. Ich hab ja schon viele Restaurants auf Mallorca ausprobiert, aber im schönen Gastgarten vom „Fera“ fühl ich mich am wohlsten, nicht nur aus österreichischer Zuneigung.
Seit 25 Jahren werkt Simon Petutschnig, 47, in Spanien, seit zehn Jahren auf der Baleareninsel. „Ein Kollege hat mich animiert: ‚Du musst nach Spanien – sonniges Wetter, blauer Himmel und schöne Strände.‘ Und so hab ich mich auf den Weg gemacht!“, erzählt er. „Ich lieb die mediterrane Küche mit asiatischem Einschlag, und das serviere ich den Gästen hier!“
Im tropischen Garten mitten in der Altstadt von Palma lässt es sich herrlich genießen. Simon tischt zum Einstieg kleine Tapas von Beef-Tatar-Röllchen bis zu Fisch-Cornettos auf, dann eine Auster mit Zitronengras, weißen Spargel mit Nüssen und Ravioli, mit Morcheln gefüllt. Als Hauptspeise freu ich mich über einen Wolfsbarsch mit Sellerie und ein Rinderfilet mit Brokkoli und schwarzen Trüffeln. Eigentlich bin ich kein großer Freund von Desserts, zu süß und sie füllen den Magen (sorry, Freunde des Süßen), aber hier schlag ich zu: Zitronensorbet mit Sake und Ingwer, Honigeis mit Karamell und Mandelblüten – herrlich. Bei „Fera“ kommt sogar mein Tischfreund Bernie Paul (ja, der vom Circus Roncalli) ins Schwärmen: „Wie im Circus – eine Revue voller Überraschungen …“ Und das zu zivilen Preisen – wo bekommt man in unseren Breiten ein derartiges Fine-Dining-Menü um 145 Euro …
Aber der Kärntner Chef Simon ist nicht nur in Palma erfolgreich. 20 Minuten südlich davon in Portals Nous direkt am Meer pilgern seine Fans ins „Yara“ mit asiatischer Küche und ins neue „Nava“ daneben, das man als kleine Gruppe mieten kann. Wir aber bleiben in Palma, denn dort explodiert gerade das Angebot an feiner Küche und Tapaslokalen.
Wer echte mallorquinische Küche auf höchstem Niveau konsumieren will, der muss zum besten Einheimischen pilgern, zu Santi Taura ins „Dins“ an der alten Stadtmauer. „Wir wollen nichts erfinden“, sagt er. „Alles, was wir servieren, sind Rezepte dieser Insel!“ Zwölf Gänge, Mallorca pur. Languste mit weißer Zwiebel, Fisch mit Spinat, Lamminnereien, Tortilla vom Kabeljau, Tuna mit süßen Erbsen, Red Snapper mit Gemüsepüree, Surf and Turf von Kaninchen und Shrimps mit Artischocken, Lamm mit Dörrpflaumen – manches ist ungewohnt, aber alles ist interessant. Und ehrlich, wo im Mallorca der Touristen kriegt man denn noch richtig einheimische Küche …
Noch mehr „Fine Dining“ gibts bei Fernando Arellano im „Zaranda“ im Altstadthotel „Es Princep“. Die „Amuse-Gueule“, also die Vorspeisenhäppchen, lässt er in der Lounge servieren, dann geht’s in die Küche für ein paar weitere Fingerfoods, bis man dann endlich im Speisesaal – oder, besser, im Sommer im Innenhof – zur Ruhe kommt.
Das „Aromata“ von Andreu Genestra ist weniger formal, aber mindestens genauso spannend – und vor allem preisgünstig. Marinierte Makrele mit Fenchel, rote Garnelen, Tintenfisch mit Pistazien, der Rochen in Bohnen-Vinaigrette und dann noch das obligate Spanferkel – zehn Gänge für 85 Euro, danke Andreu.
Von Tapas und Tatar
Natürlich wird auch beim altbekannten „Emilio Innobar“ weiterhin peruanisch-mexikanisch-spanisch aufgetischt (von Tatar über Ceviche bis zum Drachenfisch), nur Emilio ist nicht mehr hier, kocht nur noch privat und lässt sich von seinem Ziehsohn Marcus Cardoso vertreten. Der macht’s gut, wenn mir auch Emilio mit seiner exaltierten Dynamik abgeht. Zwei Spezialtipps noch für Mallorca-Besucher: Am schönsten sitzt man mit Blick aufs Meer im „Mar de Nudos“, bestes Seafood und italienische Küche. Und wer vegetarisch genießen will, der sucht schnurstracks das „Botànic“ oberhalb vom Hafen auf und delektiert sich an Artischocken, Karfiol, Lauch, Süßkartoffeln und Piquillo Peppers.
Aber jetzt zu den zahlreichen guten Tapasläden, auf die freut man sich ja auch als Feinschmecker. Der Ursprung dieser kleinen Köstlichkeiten: Die Wirtshausbesucher deckten einst ihre Gläser mit einer Scheibe Weißbrot ab (tapar = abdecken), meist mit Olive obendrauf, damit sich die Fliegen nicht ins Glas verirren konnten. Daraus hat sich die ganze Tapaskultur entwickelt – von den kleinen Pintxos (Wurst-, Käse-, Seafood-Kleinigkeiten, auf Zahnstocher aufgespießt) bis zu den runden Tapas-Tellerchen, wo man vom scharfen Tintenfisch bis zum Serrano-Schinken alles gereicht bekommt, was in der Bodega vorrätig ist.
Über die Qualität der Tapasläden hier in Palma lässt sich trefflich streiten. Daher Vorwarnung: Die von mir genannten sind meine Lieblingsplätze, um vor dem Abendessen den Magen ein bisschen vorzuwärmen, rein subjektiv ausgesucht. In der „Cantina Panzà“ auf der Rambla etwa gibt’s einfach alles, und das in hoher Qualität und zu zivilen Preisen: marinierte Anchovis, Sardinen mit Pfefferoni, Oktopus und Jakobsmuscheln, Schweinebauch, Beef Tatar, Fleischkroketten, Schweinsohren und, und, und. Am besten für den ganzen Tisch bestellen und von allem probieren, da hat man am meisten davon.
In der „Bodeguilla“ in Sant Jaume geht’s ein bisserl vornehmer zu, vor allem weniger laut. Auf zwei Stockwerken werden die üblichen Tapas, aber auch Garnelen-Carpaccio, gegrillte Austern, Tuna-Tatar mit Avocado und zur Hauptspeise Kaninchen oder Lammschulter serviert. Auch im „Fervor“ in der Altstadt muss man sich nicht nur auf die delikaten Vorspeisen konzentrieren, sondern kann danach eine wunderbare Paella bestellen, am besten mit Gambas und Tintenfisch oder, wenn’s etwas mehr kosten darf, mit knackigem, hoffentlich nicht zu lange gebratenem Lobster.
Und jetzt zu meiner zweiten Lieblingstaperia, dem „Forn de Sant Joan“ in der Fußgängerzone oberhalb vom Meer, wo es die besten Patatas bravas gibt, mit Chili-Mayonnaise und Aioli, Seebrasse mit Herzmuscheln und Dill, Thunfischbäckchen mit Zitronenpüree, Lachs mit Zucchini oder Lammfleisch mit Minzöl. Stimmt, das ist kein reines Tapaslokal, sondern ein Restaurant, das zur Vorspeise auch Tapas serviert. Ist mir ohnehin vor allem mit Kindern oft lieber, als von einem Lokal ins nächste zu ziehen.
Als Abschluss des Abends geht’s noch – natürlich nur für die, die ohne Nachwuchs unterwegs sind – zu einem Absacker in eine der zahlreichen Altstadtbars auf einen Vermouth (ja, den trinkt man dort auch nach dem Essen) oder ein gutes Glas Rotwein – bei aller Liebe zu Mallorca und den dortigen vinophilen Produkten, lieber aus Ribera del Duero oder dem Rioja. Das „Why not“ um die Ecke vom „Forn de Sant Joan“ hat Freitag und Samstag bis zwei Uhr und das „After Landing“ bei der Plaça Mayor sogar bis drei Uhr früh offen. Na dann, ist ja Urlaub …
Restaurants
Fera Palma Restaurant
Yara Portals
Dins Santi Taura
Zaranda
Aromata
Emilio Innobar
Mar de Nudos
Botànic Restaurant
Tapaslokale
Cantina Panzà
Bar Espanya
Bodeguilla
Bars
Why not
Carrer dels Apuntadors, 20A
After Landing
Carrer de la Galera, 4
Die Kolumne ist im trend.PREMIUM vom 6. Juni 2025 erschienen.