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Die Habsburger: Karl Habsburg, das Familienoberhaupt [INTERVIEW]

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Karl Habsburg, Oberhaupt der Familie Habsburg
Karl Habsburg, Oberhaupt der Familie Habsburg©trend / Sebastian Reich
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Karl Habsburg, Oberhaupt der Familie Habsburg, im INTERVIEW über das Leistungsprinzip, die Ungerechtigkeit der Habsburger-Enteignung - und die Gefahr, dass die EU zerfällt wie einst die Monarchie.

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Herrschafts- und Besitzansprüche? Fehlanzeige. Nach Karl Habsburgs erfolglosen Ausflügen in die Politik in den 1990ern - er saß als Vertreter der ÖVP im Europäischen Parlament - und dem Ausscheiden seiner Schwester Walburga Habsburg Douglas aus dem Schwedischen Reichstag 2014 gibt es keine Habsburger mehr, die sich wenigstens ansatzweise anschicken, die Weltgeschicke zu lenken.

"Die Familie hat ihren Frieden mit Österreich gefunden, und Österreich seinen Frieden mit den Habsburgern", urteilt der Historiker Karl Vocelka, Autor viel gelesener Habsburger-Bücher. Selbst für Familienchef Karl Habsburg ist es "höchstens unterhaltsam", wenn er wie wieder einmal eine Anzeige wegen unrechtsmäßigen Führens eines Adelstitels erhielt. Seit dem Adelsaufhebungsgesetz 1919 ist das verboten.

Kaiser, Kronprinz, Erzherzog

Wie die heutigen Habsburger mit den gestrigen zusammenhängen

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INTERVIEW

"Ich glaube nicht, dass sich etwas ändern wird."

Karl Habsburg (voller Name: Karl Thomas Robert Maria Franziskus Georg Bahnam Habsburg-Lothringen) im trend-Gespräch.

trend: Ihr Sohn Ferdinand fährt Autorennen. Wie geht es einem Vater dabei?
Karl Habsburg: Ich bin da inzwischen ziemlich relaxt. Wenn ich daran denke, wie oft ich ihn nach Kartrennen mit gebrochenen Knochen ins Krankenhaus gebracht habe! Ferdinand macht zu 120 Prozent das, was seine Passion ist. Und das ist gut so.

Rennfahrer gab es in der vielhundertjährigen Geschichte der Habsburger noch keinen. Wenn Ihr Sohn in der Königsklasse Formel 1 angekommen ist und dort sein erstes Rennen gewinnt - ist dann der Übergang von der Monarchie zur Meritokratie endgültig vollzogen?
Er muss ja auch schon jetzt leisten, sonst wäre er nicht zum Daytona-Rennen Ende Jänner gekommen. Wenn man keine Resultate abliefert, kommt man nicht weiter. Es gibt keine ererbten Lorbeeren mehr, auf denen man sich ausruhen kann. Und ich sehe keinen in meiner Familie, der damit ein Problem hat.

Sie haben sich innerfamiliär vor vier Jahren, als viel über die Ursachen für den Beginn des Ersten Weltkriegs und die Rolle der Habsburger diskutiert wurde, ein Wording erarbeitet, um nach außen einheitlich aufzutreten.
Richtig. Da war Christopher Clarks Buch "Die Schlafwandler" natürlich ein aufgelegter Elfmeter für uns. In der Familie hatten wir ja immer schon so argumentiert, aber nun konnte man das auch nach außen tun: Alle damaligen Staatschefs hatten Mitschuld an dem, was geschehen ist. Da kann man natürlich die eigenen Vorfahren nicht ausnehmen. Hauptschuld hatte aber der militante Nationalismus.

Sie haben gesagt, das Habsburgergesetz von 1919 gehöre "auf den Müllhaufen der Geschichte".
Können Sie mir den Sinn dieses Gesetzes erklären?

Historisch ja.
Aber heute ist es totes Recht. Und daraus Schlüsse zu ziehen, ist keine juristische, sondern eine politische Frage. Leider gibt es keine Signale, dass sich in nächster Zeit daran etwas ändern könnte. Dass wir seit einigen Jahren das passive Wahlrecht haben, ist ja bloß Make-up.

Hauptschuld am Ersten Weltkrieg hatte der militante Nationalismus.

Es geht Ihnen also um das Vermögen und um das Führen der Adelstitel.
Ach, ich bin in Österreich gerade wieder von jemandem angezeigt worden, weil ich auf meiner Homepage das "von" führe. So etwas ist für mich höchstens unterhaltsam. Die Rechtslage bei der Vermögensfrage ist allerdings völlig klar: Hier ist Privatvermögen enteignet worden.

Sie haben also noch Hoffnung, dass Sie zum Beispiel Schloss Eckartsau, wo Ihre Großeltern vor dem Exil waren, zurückbekommen könnten?
Privateigentum ist ohne das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, wie es auch unter den Habsburgern in nachnapoleonischen Zeiten durchgesetzt wurde, nicht möglich. Wenn aber etwas Privateigentum ist, dann sollte es auch als solches behandelt werden. Aber da traut sich leider selbst heute noch kein Politiker in Österreich drüber.

Ist der 11. November, der Tag des Thronverzichts 1918, für Sie ein Tag der Trauer?
Das ist ein historisches Datum. Ich habe die Zeit ja nicht miterlebt. Es wird keine besondere Gedenkveranstaltung innerhalb der Familie geben.

Eine gemeinsame Geste mit den Spitzen der Republik, die am 12. November den 100. Geburtstag feiert, wäre doch konstruktiv. Sebastian Kurz' Regierung könnte eine der adelsfreundlichsten seit Langem werden.
Ich habe keine Anzeichen dafür. Ich glaube nicht, dass sich etwas ändern wird.

Das auseinanderdriften der EU macht mir Sorgen.

Ich dachte mir ja, dass die Paneuropa-Bewegung, der Sie in Österreich vorstehen, mit dem Größerwerden der EU ein Ablaufdatum hat.
Das ist nicht so, wir haben wieder steigende Mitgliederzahlen - vor allem wegen der Krise der EU an sich. Paneuropa war immer eine Vordenkerorganisation im vorparteilichen Bereich.

Die Kritik an der EU ähnelt jener an der späten Habsburgermonarchie: zu viel Zentralismus, zu wenig Rücksicht auf die Regionen.
Für mich liegt die Lösung im Maastricht-Vertrag. Dort ist das Prinzip der Subsidiarität festgeschrieben. Es müsste nur konsequent angewendet werden.

Kann die EU ähnlich zerfallen wie die Monarchie?
Vor vier Jahren hätte ich sofort Nein gesagt. Nun haben wir den Brexit und ein gewisses Auseinanderdriften der Ideen. Das macht mir Sorgen. Denn wir haben mit den Institutionen der EU ein unglaublich modernes System. Aber die Reformnotwendigkeit ist zweifellos gegeben.

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