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Warum AVL List verstärkt mit dem Rüstungsgeschäft liebäugelt

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 © AVL List GmbH 2023

„The Brain“ vor dem Headquarter von AVL List in Graz

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Der österreichische Spezialist für Antriebssysteme sucht neue Betätigungsfelder jenseits der klassischen Autoindustrie.

Die Lage der Fahrzeugindustrie ist aktuell so kritisch, dass selbst bisher unverwundbar scheinende Unternehmen wie der österreichische Innovationsweltmeister der Mobilitätstechnologie AVL List zu kämpfen beginnen. Jüngst hatte man angekündigt, in Österreich 350 Stellen abzubauen. Angesichts von 12.000 weltweit scheint das nicht viel. Und doch, der erste Schnitt am bisher unzerstörbaren Image ist der tiefste.

Nun stellt sich heraus, dass man in Vorjahr möglicherweise gar in die roten Zahlen gerutscht wäre, hätte man nicht eine Tochter, den Sensorhersteller Piezocryst, um 133,5 Millionen Euro verkauft. Die Zukunft ist unsicher wie selten zuvor: „Ob wir mit dem Abbau von 350 Stellen das Auslangen finden, ist schwer zu sagen. Mit dem Verkauf von Piecocryst haben wir uns jedenfalls gegen die Verluste der Vergangenheit und für die Investitionen der Zukunft gerüstet“, gesteht AVL-Vorstand und -Sprecher Markus Tomaschitz.

Selbst die Standortfrage bekommt neue Untertöne: „Die Standortfrage ist nicht leichter zu beantworten. Eigentlich sind wir ja ein Engineering-Unternehmen mit Kontakten zu lokalen Forschungseinrichtungen und Universitäten, wir können nicht einfach eine Produktion verlegen. Andererseits ist es schon auch so – auch andere Unis in anderen Ländern haben gescheite Leute. Es wird für uns als Unternehmen in Zukunft auch viel leichter sein, lokal unabhängiger zu arbeiten, etwa weil unsere Spezialität der Prüfstände nicht mehr physisch, sondern nur mehr digital abgebildet wird, aus einer Software heraus.“

Wie alle Unternehmen der Branche kiefelt AVL-List am schleppenden Hochlauf der E-Mobilität, die eigentlich die auslaufenden Verbrenner-Technologien ersetzen sollte. Grund für das Ungleichgewicht sind EU-Regulative, Kaufzurückhaltung und globale Faktoren, wie die erratische US-Zollpolitik unter Donald Trump. Andererseits geht es auch um typisch österreichische Irritationen, etwa wenn Elektroautos gefördert werden, die Ladeinfrastruktur jedoch nicht, sagt Tomaschitz: „Solche Diskrepanzen merken die Menschen, sie bleiben misstrauisch, und das hemmt den Durchbruch bei der E-Mobilität.“ 

Das Wichtigste angesichts der schwierigen Lage seiner Kunden ist für das Grazer Vorzeigeunternehmen Technologieoffenheit zum einen. Eben sei man an zwei wichtigen Technologiesprüngen dran, die zum Gamechanger werden könnten, kündigt Tomaschitz an, ohne nähere Details zu verraten. Zum anderen sei Diversifikation das Gebot der Stunde. AVL List, bereits in den letzten Jahren regelmäßiger Teilnehmer von Rüstungsfachmessen, etwa sucht neue Betätigungsfelder verstärkt auch in der Rüstungsindustrie, sagt Manager Tomaschitz: „Bei uns geht es dabei um den Dual-Use-Ansatz: Themen aus der zivilen Industrie, wie beim Antriebsstrang oder bei der Effizienz lassen sich bestens auch im militärischen Sektor umsetzen.“ Auch das geht wohl als eine Form von Technologieoffenheit durch.

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