
Während die Möbelbranche schwächelt, feiert das dänische Einrichtungshaus Jysk in Österreich ein Erfolgsjahr nach dem anderen. Die Dänen setzen statt auf große Showrooms und Maßanfertigungen auf kleine Filialen und günstige Preise. Damit bringen sie nicht nur den Möbelriesen Ikea unter Druck.
Tiefenentspannt schlendert Sandór Szimeiszter, der Österreich-Chef des dänischen Möbelunternehmens Jysk, durch seine Filiale in der Shopping City Süd in Vösendorf bei Wien. Er plaudert locker mit seinen Mitarbeiter:innen, begrüßt Kund:innen und setzt sich bestens gelaunt auf eine Ausstellungscouch. Der Österreich-Chef des Möbelhändlers kann sich zweifelsohne entspannt zurücklehnen. Gerade eben verkündete er, dass Jysk Österreich im Geschäftsjahr 2024/2025 137 Millionen Euro umgesetzt hat – ein Plus von fast 13 Prozent zum Vorjahr.
Bereits im Jahr davor hatte das dänische Möbelhaus ein Umsatzplus von 6,8 Prozent verbucht, obwohl die heimische Möbelbranche zuletzt heftig ins Straucheln gekommen ist, Stichwort Kika-Leiner. „Wir performen besser als der restliche Markt“, gibt sich der 53-jährige Country Director für Österreich selbstbewusst.
Jysk ist der älteste und stärkste Geschäftszweig der dänischen Lars Larsen Group, zu der auch das Möbelhaus Bolia gehört. 1979 wurde die erste Jysk-Filiale gegründet, heute gibt es mehr als 3.500 Filialen von Kopenhagen bis Casablanca. Im Geschäftsjahr 2023/2024 hat Jysk 5,5 Milliarden Euro erwirtschaftet. In Österreich ist das Unternehmen vor 25 Jahren als Dänisches Bettenlager gestartet, heute hält Jysk 91 Geschäfte und beschäftigt 705 Mitarbeiter:innen. Seit vier Jahren ist Szimeiszter für die Österreich-Geschäfte der Dänen zuständig.
Österreich als Versuchslabor der Dänen
Österreich ist für die Skandinavier mehr als ein Absatzmarkt. Es ist ein Testlabor. Hier wurde im Herbst 2020 die Transformation von Dänisches Bettenlager zu Jysk erstmals ausprobiert, neues Sortiment inklusive. „Österreich ist das kleine Deutschland“, schmunzelt Szimeiszter, der als Country Director auch für Ungarn und Griechenland zuständig ist, „was auch immer wir tun – wir machen es zuerst hier, und wenn es funktioniert, geht es nach Deutschland.“
An die früheren Filialen mit „hässlichen Teppichböden“, wie Szimeiszter rückblickend sagt, erinnert heute wenig. Auch die neue App, ein zentrales Element der Digitalstrategie, wird zunächst hierzulande erprobt. Der österreichische Markt scheint für solche Experimente prädestiniert. Schließlich wächst Jysk bei Umsatz und Filialnetz kontinuierlich.
Möbelbranche langsam auf Erholungskurs
Die Branche hat schwierige Jahre hinter sich. Nach der Lockdown-Zeit, in der der Möbelhandel Rekordumsätze verzeichnete, folgte die Ernüchterung. Seit 2022 ist der Markt um rund 20 Prozent geschrumpft. Wohnungen und Häuser waren eingerichtet, für größere Investitionen fehlte vielen Haushalten das Geld. Hinzu kam 2023 die Kika-Leiner-Pleite, die auch der allgemeine Kaufzurückhaltung geschuldet war.
Nun scheint die Branche aufzuatmen, wie Christian Wimmer, Geschäftsführer von Service & More, Österreichs größtem Einkaufsverband im Einrichtungsfachhandel, bestätigt: „Ich habe vor eineinhalb Jahren schon gesagt, dass wir die Talsohle erreicht haben. Leider kam es anders. Aber jetzt erholen wir uns wirklich langsam.“
Der Erfolg von Jysk ist trotz allgemeinem Aufwärtstrend ungewöhnlich. Selbst Möbelriese Ikea musste Einbußen wegstecken. Im Geschäftsjahr 2023/2024 ging der Umsatz um fünf Prozent zurück. Die aktuellen Zahlen des Ende August abgelaufenem Jahr sind noch nicht veröffentlicht. „An Jysk kann man sehen, dass man auch jetzt Umsatz generieren kann“, ordnet Wimmer ein: „Wie ertragreich es sich entwickelt und wie es die Kundschaft annimmt, wird die Zukunft weisen.“
Angepasst an neue Lebensrealitäten
Bei den Kund:innen scheint das Jysk-Modell bisher gut anzukommen. Laut Eigenaussagen haben die Dänen im vergangenen Geschäftsjahr über elf Prozent mehr Kund:innen in Österreich erreichen können.
Statt auf große Flächen setzt Jysk auf kleine Läden. Die ideale Verkaufsfläche beträgt „genau 950 Quadratmeter“. Die alten Dänisches-Bettenlager-Geschäfte sind oft kleiner, die ehemaligen Kika-Leiner-Filialen oft zu groß. Eine Kika-Filiale wurde in Ried übernommen, weitere könnten folgen. Sein Team ist laufend auf der Suche nach passenden Objekten, erzählt Szimeiszter.
In den kommenden zwei Jahren soll das Filialnetz stark anwachsen. Geht es nach den Plänen von Country Director Szimeiszter, sollen zumindest 15 Filialen folgen, „aber ehrlich gesagt ist das nur eine Zahl. Es könnten auch mehr sein.“ Besonders im urbanen Raum sieht Szimeiszter Potenzial: So gibt es in seiner Heimatstadt Budapest 25 Filialen, in Wien sind es derzeit nur fünf.
Das Sortiment der 91 österreichischen Filialen reicht von Hausschuhen über Schreibtische bis Sofas. Das Angebot orientiert sich an Wohnungen und kleineren Häusern und an Ein-Personen-Haushalten: „Ich habe eine sehr klare Meinung dazu, wie sich der Markt verändert. Die Haushaltsgrößen in Österreich werden kleiner. Für eine kleinere Wohnung oder ein kleines Haus sind wir ideal.“ Die großen Player, die jahrzehntelang auf maßgeschneiderte Wohnlösungen gesetzt habe, müssen sich an die neuen Lebensgewohnheiten anpassen, um bestehen zu können, so der Jysk-Chef.
Warum sogar Ikea nervös wird
Das unmögliche Möbelhaus gerät angesichts der Erfolge der Dänen nicht nur in Österreich unter Druck. „Früher hat Ikea nicht über Konkurrenz gesprochen. Und jetzt tun sie es – und sie sprechen über uns“, so Szimeiszter. Mit 20 Prozent Marktanteil in Österreich bleibt Ikea aber dennoch in weiter Ferne für die Dänen, die auf drei Prozent kommen. Die XXXLutz-Gruppe ist mit 36 Prozent weit voran an erster Stelle.
Nach der Kika-Leiner-Pleite hat sich die Branche verschoben, und das Kundenpotenzial wurde unter den bestehenden Playern aufgeteilt. Bei Jysk merkt man den Wegfall allemal. Für Szimeiszter, der in Österreich, Ungarn und Griechenland für 262 Filialen zuständig ist, war der heimische Möbelmarkt ein Unikum: „Es war ein überdimensionierter Markt. Drei Milliarden Euro Marktumsatz in einem Land mit neun Millionen Einwohnern ist nicht normal. Das musste angepasst werden.“
Jysk spielt den Preisvorteil aus
Eine Anpassung ist angesichts der Teuerung auch im Preiskampf zu sehen. Das Möbelhaus Jysk, das laut Branchenbeobachter:innen die Kollektionen von Ikea und anderen Häusern beobachtet und dann gerne einmal zu geringeren Preisen nachahmt, scheint davon zu profitieren. Bestehen kann Jysk in diesem Wettkampf auch durch die Produktionsstätten: „70 Prozent kommen aus Asien, 30 Prozent aus Europa“, sagt der Jysk-Chef. Die Bausatzmöbel hingegen kommen größtenteils aus Europa und werden maschinell hergestellt. Die Matratzen stammen aus heimischer Produktion, ein Erbe der Dänisches-Bettenlager-Zeit.
Trotz des Preisvorteils von Jysk rechnet Wimmer vom Einkaufsverband nicht mit zusätzlichem Druck auf den Fachhandel. Der Jysk-Chef sieht das naturgemäß anders: „Wenn Sie Ihr Haus mit uns einrichten wollen, können Sie das – abgesehen von der Küche – tun. 80 bis 90 Prozent der Einrichtung können Sie mit uns abdecken.“ Mit solchen Aussichten lässt Japan es sich entspannt zurücklehnen.
Der Artikel ist im trend.PREMIUM vom 24. Oktober 2025 erschienen.
