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Mehr Marktteilnehmer braucht das Land

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 © APA/TEAM FOTOKERSCHI/MARKUS HAUSER

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Am Tag der angekündigten Übernahme von Filialen durch Spar aktueller denn je: Unimarkt sollte nicht wie zuletzt Zielpunkt auf die ohnehin bereits übermächtige Konkurrenz aufgeteilt werden. Ein Kommentar.

Das hat uns gerade noch gefehlt! Ausgerechnet in einer Zeit, in der uns in Österreich die hohen Lebensmittelpreise um die Ohren fliegen, schmeißt auch noch ein großer Lebensmittelhändler mit immerhin 90 Filialen das Geschäft hin. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Unimarkt ist an der Übermacht der Konkurrenz, der zu geringen Einkaufsmacht und den schwierigen Rahmenbedingungen – Stichwort hohe Energiekosten – gescheitert. Das ist weder für Konsumenten noch für den Arbeitsmarkt eine gute Nachricht, immerhin wackeln jetzt 620 Jobs.

Doch Rettung lässt nicht lange auf sich warten. Denn die großen Handelsketten Spar und Rewe bzw. Billa stehen schon Gewehr bei Fuß. Natürlich haben sie alles bereits abgecheckt und bekunden öffentlich ihr Interesse für die aus ihrer Sicht rentabelsten Filialen. Aus der Warte eines Unternehmers ist dieses Vorgehen mehr als verständlich. Warum sollte man den Leichenschmaus kampflos jemand anderem überlassen, wenn man damit so einfach weitere Marktanteile dazugewinnen kann? Insgesamt decken die beiden großen Ketten bereits mehr als 70 Prozent des Markts ab, gemeinsam mit den Diskontern Hofer und Lidl kommt man sogar auf mehr als 90 Prozent im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel. Mehr Marktmacht geht schon fast nicht mehr. Damit zählt Österreich zu einem der am stärksten konzentrierten Märkte Europas. Wettbewerber wie MPreis, Nah+Frisch oder Unimarkt sind daneben nur mehr Statisten im großen Spiel um den Konsumenten. Kleine Greißler muss man ohnehin seit Jahren mit der Lupe suchen.

So einleuchtend das Werben der Konkurrenz um den Unimarkt-Kuchen ist, so unverständlich ist die Reaktion der Politik darauf. Statt den Wettbewerbshütern einen besonders strengen Kriterienkatalog oder neue Gesetze bei der Prüfung von Filialübernahmen durch die Konkurrenz mit auf den Weg zu geben bzw. überhaupt zu fordern, dass der starke Mitbewerb hier gar nicht zum Zug kommen darf, drängt man die Behörde mit Blick auf die Arbeitsplätze zur Eile.

Schon klar, wir sprechen bei Unimarkt gerade einmal von einer Größenordnung von rund einem Prozent Marktanteil. Man könnte also sagen, dass die Übernahme der paar Filialen auf gut Österreichisch das Kraut auch nicht mehr fett macht, aber das dachte man bei den letzten Übernahmen im Lebensmittelhandel wie bei der Zielpunkt-Pleite oder dem Verkauf der Meinl-Standorte – offenbar auch. Und ließ zu, dass wir nun diese Oligopol-Situation haben.

Das blieb nicht ohne Folgen. In den letzten fünf Jahren stiegen die Preise im Lebensmittelhandel in Österreich um ein Drittel an. Mit einer Inflation von zuletzt vier Prozent und einer von 3,8 Prozent bei Nahrungsmitteln hat Österreich EU-weit die Nase weit vorne. Manche Lebensmittel bekommt man heute in Deutschland um ein Viertel billiger zu kaufen als bei uns. All das ist freilich nicht nur auf die Marktmacht der großen Ketten zurückzuführen. Auch internationale Produzenten haben ihren Anteil am sogenannten „Österreich-Aufschlag“, allerdings weit geringer, als die exzessive Berichterstattung der letzten Wochen vermuten ließe. Und natürlich spielen auch die gestiegenen Energie- und Personalkosten eine Rolle bei der Teuerung der Lebensmittel. Aber dass diese geringer ausgefallen wäre, wenn es im Handel mehr als vier große Player gäbe, gilt unter Experten als unbestritten.

Die Macht der großen Ketten zeigt sich aber nicht nur an den hohen Preisen, sondern auch daran, dass die von ihnen ungeliebte Preistransparenzdatenbank nach wie vor nicht existiert. Auch weitere Ideen zur Verbilligung der lebenswichtigen Nahrungsmittel wie die kürzlich von WIFO-Chef Gabriel Felbermayr wieder ins Spiel gebrachte Mehrwertsteuersenkung scheiterten bislang. Denn, so die Befürchtung vieler Experten, der Effekt würde verpuffen, weil die Ketten die Senkung womöglich gar nicht oder zu wenig an die Konsumenten weitergeben würden. Traurig genug, dass es hier eigens eines „Gentleman’s Agreements“ (O-Ton Felbermayr) bedürfte, um das zu verhindern.

Die hohen Lebensmittelpreise sind eines der gravierendsten gesellschaftlichen Probleme unserer Zeit, und es sollte alles getan werden, dem entgegenzuwirken. Dazu gehört, mit den Unimarkt-Flialen nicht wieder den Weg des geringsten Widerstands zu gehen und sie auf die großen Supermarktketten aufzuteilen. Wir brauchen neue potente Wettbewerber im Lebensmittelhandel, auch wenn es angesichts der hohen Konzentration vermutlich inzwischen schwierig ist, diese zum Markteintritt zu bewegen.

Der Kommentar ist im trend.PREMIUM vom 10. Oktober 2025 erschienen.

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