
Bawag-CEO Anas Abuzaakouk
©Robert StaudingerDie Wirtschaftskrise ist auch in vielen Vorstandsetagen angekommen. Viele CEOs müssen für 2024 teils empfindliche Gehaltseinbussen hinnehmen. Sogar bei der Bawag will man jetzt sparen.
Rechtzeitig zum Tag der Arbeit ging die kapitalismuskritische NGO Oxfam mit einer Studie an die Öffentlichkeit, die wohl so manchen einfachen Arbeitnehmer vor Neid erblassen ließ. Während das Durchschnittsgehalt von CEOs in weltweit 2.000 untersuchten Unternehmen seit 2019 um mehr als 50 Prozent angestiegen sein soll, habe das Einkommen eines durchschnittlichen Arbeiters in der selben Zeit gerade einmal um 0,9 Prozent zugelegt. Genaue Daten wurden allerdings nicht bereitgestellt. Auch ob Österreich darin eine Rolle spielte, blieb offen.
Österreich ist anders. In Österreich scheinen die Uhren gehaltsmäßig jedenfalls anders zu ticken, wie der jüngste Gagenreport des trend der größten börsennotierten Unternehmen offenbart. In den insgesamt 28 ATX-Prime-Unternehmen, die bereits einen Vergütungsbericht für 2024 veröffentlicht haben, fiel das Gehalt des Vorstandsvorsitzenden in nur 13 Fällen höher, in 15 Fällen aber niedriger als 2023 aus. Die Wirtschaftskrise ist also auch in den heimischen Vorstandsetagen angelangt, was vor allem den hohen variablen Gehaltsanteilen geschuldet ist, die sich meist auch an Werten wie Umsatz- oder Gewinnsteigerung orientieren. Vor allem in großen Industrieunternehmen wie Wienerberger, Voestalpine oder Palfinger wurde letztes Jahr ordentlich gespart. „Viele Vorstände haben zurzeit tüchtig zu schnaufen“, weiß auch Gehaltsexperte Conrad Pramböck: „Sonnenscheinkapitäne gibt es kaum mehr.“
Die aktuelle Wirtschaftskrise, so Pramböck, verlange den Vorständen zwar viel mehr Arbeit ab, bringe ihnen aber zum Teil deutlich niedrigere Gehälter. Für Florian Beckermann vom Interessenverband der Anleger ist das durchaus vertretbar: „Wenn die Ergebnisse nach unten gehen, dann muss sich das auch in der Vergütung widerspiegeln“, findet er. Egal, ob der Manager den Rückgang selbst verursacht hat oder eine Wirtschaftskrise durchtauchen musste. Außerdem, so Beckermann, wären die Managementaufgaben während Corona noch viel größer als jetzt gewesen.
Im Schnitt verdiente ein ATX-CEO im Jahr 2024 nach trend-Berechnungen 2,2 Millionen Euro nach 2,47 Millionen im Jahr davor, musste also Gehaltseinbußen von rund 270.000 Euro hinnehmen. Dem gegenüber kam es beim durchschnittlichen österreichischen Erwerbstätigen im letzten Jahr zu einem Gehaltsanstieg von mehr als sieben Prozentpunkten auf 35.314 Euro.
Die Topverdiener im ATX Prime


Bawag-CEO Anas Abuzaakouk spielt mit seinem Gehalt in Höhe von 10,9 Millionen Euro nach wie vor in einer eigenen Liga. Er verdient doppelt so viel wie der Zweitplatzierte.
Die Bawag ist anders
Einmal mehr sticht in dieser von trend erstellten Tabelle der Vorstandsvorsitzende der Bawag, der Amerikaner Anas Abuzaakouk, hervor. Mit mehr als 10,9 Millionen Euro liegt er nicht nur an der Spitze der Tabelle, sondern verdient auch rund das Doppelte des Zweitplatzierten, Andritz-Boss Joachim Schönbeck mit immer noch recht ansehnlichen 5,5 Millionen Euro. Seit Abuzaakouk im Jahr 2017 zum Chef der ehemaligen Gewerkschaftsbank ernannt wurde, setzt er mit seinem Einkommen in Österreich neue Maßstäbe. So gelang ihm gleich 2017 der Sprung an die Spitze der Gehaltspyramide der heimischen Banken, und er übernahm 2021 dann auch die Regentschaft im gesamten ATX. Damals waren es noch 5,29 Millionen Euro Jahresgehalt. Vier Jahre später ist es nun das Doppelte – ein gefundenes Fressen für Oxfam.
Die Aufsichtsräte und ihre Honorare


Auch die Liste der Aufsichtsratsvergütungen wird von der Bawag und deren Präsident Fleischer angeführt. Die Erste Group leistet sich den teuersten Gesamtaufsichtsrat.
Verdoppelung in fünf Jahren
Die von der NGO kritisierte Diskrepanz zwischen der Entwicklung von Vorstandsgehältern und jenen der einfachen Mitarbeiter lässt sich jedenfalls an der Bawag wunderbar festmachen. In den letzten fünf Jahren hat sich die Vergütung des gesamten sechsköpfigen Vorstands von jährlich 21,5 auf 42,6 Millionen Euro nahezu verdoppelt, während sich jene eines durchschnittlichen Bawag-Mitarbeiters von 63.790 Euro auf 83.149 Euro weit weniger stark erhöht hat.
Doch die Aktionäre scheinen das mittlerweile akzeptiert zu haben. Bei der heurigen Hauptversammlung waren es nur mehr 18,17 Millionen Stimmen gegen den Vergütungsbericht, 36,2 Millionen Stimmen wurden dafür abgegeben. Anders als im Jahr davor, als die Mehrheit der Aktionäre die exorbitant hohen Managergehälter durchfallen ließ. Der Goodwill der Aktionäre war wohl auch darauf zurückzuführen, dass das Bawag-Management Besserung gelobte und für dieses Jahr ein anderes Gehaltsschema präsentierte.
Dieses sieht nun ein deutlich niedrigeres Fixum vor und eine höhere variable Vergütung. Außerdem soll weniger in Cash und dafür mehr in Form von Bawag-Aktien ausgezahlt werden. Was für die ausschließlichen Herren im Management aktuell aber kein Problem darstellen dürfte, beläuft sich die Dividende für 2024 doch auf ansehnliche 5,5 Euro je Aktie. Zuletzt besaß der gesamte Vorstand schon 3,1 Millionen Aktien. Neben dem an sich schon üppigen Gehalt winkt heuer also noch eine Dividende von mehr als 17 Millionen Euro. Davon bekommt CEO Abuzaakouk, dessen Vertrag erst jüngst bis 2029 verlängert wurde, den Löwenanteil von 6,8 Millionen Euro.
Lückenschluss
Dieses aus den USA nach Österreich importierte großzügige Gehaltsschema scheint aber außer bei einigen Investoren hierzulande nur wenige Nachahmer zu finden. „Vor allem in Zeiten, in denen viele sparen müssen, wird das nicht allzu gerne gesehen“, glaubt Gehaltsexperte Pramböck.
Mit diesen Gehältern ist die Bawag aber auch international ganz vorne mit dabei. War Österreich traditionell im europäischen Feld bei den CEO-Gagen meist weit abgeschlagen, hat die Bawag die Lücke geschlossen. Die zwei teuersten Banker Europas etwa, UniCredit-Boss Andrea Orcel und UBS-Chef Sergio Ermotti, die weit größere Institute als die Bawag zu leiten haben, liegen mit 13,2 Millionen bzw. 15,8 Millionen Euro durchwegs in Reichweite von Abuzaakouk. Christian Sewing, immerhin Chef der Deutschen Bank, liegt mit 9,75 Millionen Euro Jahressalär sogar unter dem Bawag-Boss. Und die im Vorstand der deutschen Commerzbank tätigen Österreicher Sabine Minarsky, Thomas Schaufler und Bernd Spalt – alle ehemalige Erste-Group-Manager – müssen sich im Vergleich dazu mit nur 1,48 bzw. 1,68 und 1,36 Millionen Euro begnügen.
Dennoch haben speziell die Millionengehälter von Orcel und Ermotti, dessen Einnahmen heuer allerdings stagnierten, in ihren Ländern für Unmut in der Bevölkerung gesorgt. In der Schweiz war sogar von einer gesetzlichen Einführung eines Gehaltsdeckels für Manager in der Höhe von fünf Millionen Franken für CEOs die Rede.
Das verdienen CEOs im Ausland


Auch international müssen sich die CEOs mit geringeren Gehältern als noch im Vorjahr begnügen – einige exemplarisch ausgewählte Beispiele aus unterschiedlichen Ländern.
Kein Deckel drauf
In Österreich hingegen scheint die Managergehaltsdebatte weitgehend verstummt zu sein. Anfang des Jahres hat die Arbeiterkammer zwar anlässlich des sogenannten Fat Cat Days (Tag, an dem ein ATX-Chef das Jahreseinkommen eines typischen Arbeitnehmers verdient hat, dieses Jahr war das der 8. Jänner) einen Vergütungsdeckel und eine angemessene Relation zwischen Vorstandsvergütung und Belegschaft gefordert, weiter gehende Maßnahmen dazu wird es aber wohl nicht geben. Denn dazu findet sich nichts im Regierungsprogramm, und die SPÖ, die ein Interesse an derartigen Deckeln haben müsste, wird diese wohl schwer argumentieren können, wenn sie schon an Vermögenssteuern gescheitert ist.
So findet die Kritik an den Vergütungssystemen wohl hauptsächlich im kleinen Rahmen der Hauptversammlungen statt. „Die Kritik an den Vergütungsberichten ist heuer einer der Schwerpunkte der internationalen Stimmrechtsberater“, berichtet Anlegerinteressenvertreter Beckermann. Allerdings – siehe Bawag – blieb diese Kritik bislang ohne gröbere Konsequenzen. Auch richte sich die Kritik der Stimmrechtsberater hauptsächlich gegen die Transparenz der Vergütung und deren mangelnde Verknüpfung mit ESG-Kriterien, weniger aber gegen die Höhe. Kein Wunder, kommen doch die wichtigsten Stimmrechtsberater wie ISS oder Glass Lewis aus den USA, wo sie ganz andere Gehaltsniveaus gewohnt sind.
Doch auch in den US-Führungsetagen macht sich die Krise heuer offenbar bemerkbar. Fanden sich in den letzten Jahren immer wieder CEOs mit Gehältern bis zuweilen weit über 100 Millionen US-Dollar auf den Rankinglisten, so ist Starbucks-Chef Brian Niccol mit 96 Millionen US-Dollar bislang (noch liegen nicht alle Vergütungsberichte vor) der höchstbezahlte.
Präsidenten gehen
Der höchstbezahlte Ausichtsratspräsident in Österreich ist – wenig überraschend – Egbert Fleischer, ebenfalls aus der Bawag, der seinen Job stets sehr ruhig und besonnen ausgeübt hat. Er kommt 2024 auf eine attraktive Vergütung in Höhe von 385.000 Euro. Allerdings stand er zum letzten Mal auf der Gehaltsliste der Bank, denn der 68-Jährige wurde auf der letzten Hauptversammlung durch den Amerikaner Kim Fennebresque ersetzt.
Dieser Tage endet auch bei der Erste Group, die sich mit insgesamt 15 Kapitalvertretern den teuersten Gesamtaufsichtsrat leistet, eine Ära. Langzeit-Präsident Friedrich Rödler übergibt mit 75 Jahren an Gottfried Haber. Für IVA-Präsident Beckermann ist bei Kontrolloren vor allem bei den kleineren börsennotierten Unternehmen vergütungsmäßig noch etwas Luft nach oben: „Mehr Qualität macht da durchaus Sinn.“
Quelle: Vergütungsberichte 2024; nicht dabei, weil noch kein Vergütungsbericht veröffentlicht wurde: Agrana, AT&S, Austriacard, Eurotelesites, Flughafen Wien, Frequentis, Polytec, Telekom Austria, Strabag, Zumtobel
Grün: höher als 2023. Rot: niedriger als 2023.
¹ 23/24. ² Seit Juli 2024, 2023 Gehalt von Willi Cernko. ³ Seit September 2024.
⁴ Inklusive Abfindung Ottel, Rotter und Schwab.
Der Artikel ist im trend.PREMIUM vom 9. Mai 2025 erschienen.