
Westbahn-Haupteigentümer Hans Peter Haselsteiner (l.), Geschäftsführer Marco Ramsbacher und Geschäftsführer Thomas Posch in einem der neuen Züge.
©APA/RENE STEIGBERGERDie Westbahn setzt künftig auf Doppelstockzüge des chinesischen Herstellers CRRC. Das sorgt für Aufregung bei Gewerkschaften, Bahnindustrie und SPÖ.
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Die teilweise private Bahngesellschaft Westbahn hat am Montag vier neue Züge vorgestellt. Nun gibt es Kritik daran, dass die Doppelstockgarnituren vom chinesischen Hersteller CRRC kommen. AK, Gewerkschaft, SPÖ und Bahnindustrie befürchten einen Verlust europäischer Wertschöpfung und das Abfließen von Steuergeld. Die Westbahn verweist darauf, dass ein wesentlicher Teil der Wertschöpfung trotzdem aus Europa stamme - und dass Bestellungen bei europäischen Firmen Jahre dauern.
Bisher haben Europas Bahngesellschaften den chinesischen Weltmarktführer CRRC aus Europa ferngehalten. Um besser aufgestellt zu sein, hat der französische Konzern Alstom 2021 sogar die Bahnsparte von Bombardier übernommen. Mit damals 15 Mrd. Euro Umsatz blieben die Europäer weltweit gesehen abgeschlagene Nummer zwei hinter CRRC, das doppelt so viel Umsatz machte.
Nun mietet die Westbahn, die 2024 ein Rekordjahr verzeichnet hat, auf zehn Jahre Züge von CRRC und bringt sie auf die europäische Schiene. Auch dieses Projekt hat im Vergleich zur Planung über zwei Jahre Verspätung - nicht zuletzt, weil die Züge jahrelang und über 300.000 km getestet werden mussten. Bestellungen von europäischen Herstellern dauern aber jedenfalls vier Jahre, kritisierte die Westbahn.
CRRC und Christian Kern
Der weltgrößte Schienenfahrzeughersteller CRRC steuert sein Europageschäft von Wien aus. Mit der Übernahme der Vossloh-Lokfabrik in Kiel und ersten Aufträgen in Deutschland und Osteuropa gelang 2021 der Einstieg in den europäischen Markt. Unterstützung bekam CRCC bei der Vossloh-Transaktion vom damaligen SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern, wie der trend 2021 berichtet hat.
Westbahn verweist auf europäische Wertschöpfung
„Entwicklung, Design und wesentliche Komponenten stammen zu maßgeblichem Teil aus Österreich und Europa. Dazu gehören Sitze, Türen, Bremsen sowie Snack-Automaten, Schlüssel- und Sicherheitstechnik“, schreibt die Westbahn in einer Aussendung zu den auf zehn Jahre angemieteten Garnituren von CRRC. Westbahn-Miteigentümer Hans Peter Haselsteiner sagte bei der Präsentation am Montag: „Es ist aber kein chinesischer Zug, sondern zur Hälfte vielleicht - oder etwas über der Hälfte - chinesisch und zur anderen Hälfte europäisch“.
Das beruhigt Kritiker nicht. Der Verband der Bahnindustrie in Österreich (VBI) sieht nach der Entscheidung der Westbahn „erhebliche Fragen für die Zukunft der heimischen und europäischen Bahnindustrie“. Denn „ein vermehrter Import von Schienenfahrzeugen aus Nicht-EU-Ländern gefährdet langfristig Wertschöpfung, Know-how und Arbeitsplätze in Österreich und Europa. Das ist ein gefährlicher Rückschritt“, schreibt Anil Rai, Geschäftsführer des VBI. Es gehe „um die Grundsatzfrage, ob Europa seine industrielle Zukunft selbst gestalten oder sich zunehmend von staatlich gestützten Anbietern aus Drittstaaten abhängig machen will“.
Kritik an Steuergeldnutzung und Schwächung von Europas Bahnindustrie
Wie der VBI verweisen auch die Gewerkschaften PRO-GE und vida, die Arbeiterkammer und die SPÖ darauf, dass die Westbahn über das Klimaticket Steuergeld erhalte. „Wo öffentliches Geld – Stichwort Klimaticket - drin ist, sollte auch heimische Wertschöpfung drin sein“, fordert der Bundesvorsitzende der Produktionsgewerkschaft (PRO-GE), Reinhold Binder. „Österreichisches Steuergeld über das Klimaticket kassieren, am hochqualitativen rot-weiß-roten Netz expandieren und gleichzeitig bei einem hoch subventionierten chinesischen Billigstbieter bestellen“ sei „das falsche Signal“, so der Vorsitzende des vida-Fachbereichs Eisenbahn, Gerhard Tauchner. „Das ist ein Dammbruch, der eine österreichische Schlüsselindustrie, Zukunftsarbeitsplätze und die Krisenfestigkeit der Eisenbahn gefährdet“, sagt Lukas Oberndorfer, Leiter der Abteilung Klima, Umwelt und Verkehr der AK Wien.
„Wir dürfen nicht zulassen, dass chinesische Billig-Importe die österreichische Bahnindustrie bedrohen. Wer von Steuergeld und öffentlicher Infrastruktur profitiert, soll auch in heimische Produkte investieren“ fordert SPÖ-Verkehrssprecher Wolfgang Moitzi. Chinesische Züge seien „so wie viele andere chinesische Industrieprodukte hoch subventioniert“, es drohe die Verdrängung von europäischer Produktion wie schon bei Autos, Windrädern oder Photovoltaik. Außerdem sieht Moitzi in chinesischen Zügen ein Sicherheitsrisiko.