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Leistbares Wohnen braucht Realitätssinn

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 © JP Immobilien Gerhard Schmolke

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Gastkommentar: Mietpreisbremsen wirken wie eine schnelle Antwort auf die Wohnkrise – doch sie verschärfen sie langfristig. Statt Symbolpolitik braucht es endlich eine Strategie, die Wohnen wieder planbar macht, argumentiert Immobilienexperte Daniel Jelitzka.

Die Debatte um leistbares Wohnen ist längst zu einem zentralen gesellschaftlichen Brennpunkt geworden – und damit auch ein willkommenes Spielfeld für populistische Forderungen. Erst diese Woche wurde nach der Mietpreisbremse für geregelte Mieten, auch eine für ungeregelte Mieten präsentiert. Was nach einer schnellen Lösung klingt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als gefährliche Scheinmaßnahme. Denn staatliche Eingriffe wie Mietpreisdeckel entlasten zwar kurzfristig Mieter:innen, richten aber langfristig massiven Schaden im System an.

Die Folgen kennen wir: Vermieten wird unattraktiv, Investitionen bleiben aus, notwendige Sanierungen werden verschoben. Wohnungen verschwinden vom Mietmarkt, das Angebot sinkt. Gleichzeitig drängen mehr Menschen ins Eigentum, wodurch die Preise steigen – eine Spirale, die sich immer schneller dreht. Am Ende verlieren alle: Mieter:innen, Eigentümer:innen und die Stadt selbst. Wien droht Substanz und Attraktivität einzubüßen.

Absurd ist, dass rund drei Viertel des Wiener Wohnungsmarkts bereits reguliert sind – durch Gemeindebauten, Genossenschaften oder Richtwertmieten. Dennoch konzentriert sich die Politik auf den kleinen frei vermietbaren Rest. Symbolische Eingriffe nach dem Gießkannenprinzip sind nicht nur wirkungslos, sondern verschärfen die Schieflage weiter.

Es braucht einen Maßnahmenmix

Was wir dringend brauchen, sind keine Schlagworte, sondern Lösungen mit Bestand. Schnellere Verfahren und entrümpelte Bauordnungen, damit Neubauten und Sanierungen nicht jahrelang blockiert werden. Eine aktive Bodenvorratspolitik der Stadt, damit Grundstückspreise kontrolliert bleiben. Steuerliche Anreize und Generationenkredite, die die monatliche Belastung senken und Eigentum wieder erreichbar machen. Klug eingesetzte Förderungen, die Sanierungen und Nachverdichtungen belohnen statt Abrisse. Mietobergrenzen im geförderten Wohnbau, die sich am Medianeinkommen orientieren – und regelmäßig überprüft werden. Strenge Regeln für Kurzzeitvermietungen, damit Wohnraum nicht dem Markt entzogen wird. Und Anreize für langfristige Mietverträge, die Stabilität schaffen.

Leistbares Wohnen ist dabei kein „Gratisrecht“, sondern die staatliche Verpflichtung, fairen Zugang zu Wohnraum für alle, je nach Einkommen, zu ermöglichen. Dafür braucht es einen Mix aus Maßnahmen für gefördertes und frei finanziertes Wohnen. Und private Bauträger sind dabei Teil der Lösung, nicht das Problem. Sie schaffen zeitgemäßen, hochwertigen Wohnraum, wenn die Rahmenbedingungen stimmen – konkret brauchen wir Planungssicherheit, weniger Bürokratie und einen konstruktiven Dialog.

Ein Lebensraum-Ministerium als Signal

Statt eines politischen Flickwerks braucht es endlich eine zentrale Strategie. Ein „Lebensraum-Ministerium“ könnte Wohnbau, Raumplanung, Klimapolitik und soziale Fragen bündeln – und damit jene ressortübergreifende Verantwortung schaffen, die bislang fehlt. Nur wenn diese Themen konsequent zusammengedacht und in eine gemeinsame Strategie integriert werden, entsteht eine Wohnpolitik, die nicht auf Wahlperioden, sondern auf Generationen ausgerichtet ist.

Denn Wohnen ist mehr als nur Quadratmeter – es ist ein Grundbedürfnis und zugleich die Basis für soziale Stabilität. Genau deshalb braucht es Realitätssinn und Mut zur Nachhaltigkeit statt populistischer Parolen. Wer weiterhin auf kurzfristige Symbolpolitik setzt, riskiert, dass der Ruf nach leistbarem Wohnen ins Gegenteil kippt – und am Ende zum wohnpolitischen Bumerang wird.

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