
IV-Generalsekretär Christoph Neumayer warnt vor Gegenzöllen der EU im Zollstreit mit den USA.
©APA/Georg Hochmuth„Zölle sind immer der falsche Weg“, warnt IV-Generalsekretär Neumayer als Antwort auf die Ankündigung von Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer, im Zollstreit mit den USA notfalls auch „Muskeln zu zeigen“. Einig sind sich Ministerium und IV in der Präferenz eines „modernen Freihandelsabkommens“.
Ab 1. August - mit Ende der Frist für eine Einigung im Zollstreit - sollen 30 Prozent Abgaben auf sämtliche Einfuhren aus der Europäischen Union in die USA gelten. Kommt es tatsächlich so, befürchtet die Industriellenvereinigung einen weiteren Rücksetzer für Österreichs konjunkturelle Entwicklung sowie steigenden Druck auf die Beschäftigung in der Industrie.
Bereits jetzt ist rezessionsbedingt von einem dauerhaften Verlust von 15.000 Arbeitsplätzen in der Industrie die Rede. „Die meisten dieser Stellen sind schon weg und etwa 3.500 dürften noch folgen“, sagt IV-Chefökonom Christian Helmenstein am Dienstag im Rahmen der Ergebnispräsentation „Konjunkturumfrage 2. Quartal“.
Verhandlungslösung als klare Präferenz
Wie sich die Industrie, in der jeder zweite Job an Exporten hängt, weiter entwickelt, ist maßgeblich durch den Zollstreit beeinflusst. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer sprach sich letzte Woche in erster Linie für Verhandlungslösungen, gleichzeitig aber auch für mehr Selbstbewusstsein der EU aus. „Wir brauchen uns vor Donald Trump nicht fürchten“, so der Minister. Wenn nötig, solle die EU in Form von zweckgebundenen Gegenzöllen „Muskeln zeigen“.
Das erste Maßnahmenpaket im Ausmaß von 21 Milliarden Euro werde mit 6. August in Kraft gesetzt, berichtete der Minister in einem Pressegespräch nach Beratungen mit führenden österreichischen Ökonomen. Beschlossene Zölle würden der EU geschätzte Zusatzeinnahmen von 15 bis 16 Milliarden Euro einbringen. Von diesem Geld erhoffe man sich eine standortstärkende Verwendung - etwa durch den zweckgebundenen Einsatz für die vom Zollstreit besonders betroffenen Branchen, zum Beispiel Fahrzeugbau, Metallverarbeitung, Bergbau oder Chemie.
Der IV-General hält Gegenzölle aber prinzipiell für eine schlechte Idee. „Zölle sind immer der falsche Weg. Die präferierte Variante ist, dass man eine gute Lösung auf Augenhöhe mit den Vereinigten Staaten findet. Und die beste Variante ist, dass man sich dazu verpflichtet, an einem Handelsabkommen zu arbeiten, an dem man schon einmal vor längerer Zeit gearbeitet hat.” Helmenstein hatte im trend schon Anfang Juni einen Neuanlauf zum unter Trump I gescheiterten Abkommen TTIP ins Spiel gebracht.
Entgegenkommen der EU
„Durch das faktische Export-Import-Geschehen zwischen Österreich und den Vereinigten Staaten sind wir den Anliegen des US-Präsidenten schon sehr weit entgegengekommen“, sagt der IV-Chefökonom. Zwanzig Prozent Handelsverschiebung hätten sich demnach in den ersten vier Monaten des Jahres 2025 beobachten lassen. Während die Exporte in die USA im ersten Jahresdrittel bereits um 13 Prozent zurückgegangen sind, haben die Importe um knapp zehn Prozent zugenommen.
Es gebe allerdings nach wie vor die Hoffnung, eine für beide Seiten profitable Lösung in Form eines Handelsabkommens zu finden. Hierfür bedürfe es des politischen Geschicks der EU-Kommission mit Unterstützung der nationalen Politik in Österreich.
„Muskeln zeigen“ kein Widerspruch
Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer sieht in den Warnungen der IV keinen Widerspruch zum eigenen Appell des selbstbewussten Auftretens der EU. „Handelsdiplomatie braucht Rückgrat. Ein modernes Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA bleibt aus Sicht des Ministers ein Idealziel“, heißt es auf trend-Anfrage aus dem Ministerium. „Minister Hattmannsdorfer hat immer betont: Unser oberstes Ziel ist eine Lösung am Verhandlungstisch. Klar ist aber auch: Wer am Verhandlungstisch etwas erreichen will, muss ernst genommen werden. Und dazu braucht es ein konsequentes Auftreten Europas.“