
Vor dem Hintergrund aktueller Zollverhandlungen plädiert IV-Chefökonom Christian Helmenstein für ein Freihandelsabkommen der EU mit den USA.
Vertreter der EU und der USA verhandeln aktuell in Washington über eine mögliche Beilegung des Zollstreits. US-Präsident Donald Trump will ab dem 9. Juli weitere Zölle in Kraft treten lassen, wenn die EU den USA in Handelsfragen nicht entgegenkommt.
Aber warum nicht größer denken und an Fäden anknüpfen, die bereits ausgelegt waren, aber dann nie aufgenommen wurden? Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung, plädiert jedenfalls seit Längerem für ein umfassendes Freihandelsabkommen.
Es war in einer vom trend moderierten Diskussion des österreichischen Bankenverbands zu Donald Trump Ende Mai, in der Ex-EU-Kommissar Johannes Hahn angesichts der Unverlässlichkeit der Vereinigten Staaten eine Hinwendung Europas zu neuen, aufstrebenden Wirtschaftsgrößen wie Indien, Indonesien oder dem Mercosur forderte.
Dem konterte Helmenstein postwendend mit einer sinnigen Analyse: Die USA stünden noch immer für 25 Prozent der Weltwirtschaftsleistung, Indien dagegen für 3,5 Prozent. „Natürlich kann man auf Indien setzen, aber das ist eine sehr langfristige Wette“, so Helmenstein, um daraus den Schluss zu ziehen: „Kurzfristig liegen die Chancen in den USA.“
Helmenstein glaubt zwar, dass Trump sein Ziel einer Reindustrialisierung der USA „mutmaßlich nicht erreicht“. Doch im transatlantischen Handel sieht er weiterhin Wachstumspotenzial. Und angesichts der wachsenden Erkenntnis in den USA, dass die bisherige Zollpolitik womöglich kontraproduktiv ist, sieht der Ökonom nun sogar die Chance für ein Freihandelsabkommen gegeben.
Zur Erinnerung: Als einer seiner ersten Amtshandlungen killte Showman Trump 2017 per Dekret öffentlichkeitswirksam das bis dahin verhandelte Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA.
Nun gäbe es, so Helmenstein, „die Chance auf dem Silbertablett, mit den Amerikanern ein Freihandelsabkommen abzuschließen.“ So könne paradoxerweise „aus dem Negativsummenspiel“ der bisherigen Trump’schen Zollpolitik am Ende doch „ein Positivsummenspiel“ werden. Nachsatz: „Diese Chance ist ein Imperativ. Wenn wir es nicht tun, werden es andere tun.“
Am 4. Juli, wenn Helmenstein im Rahmen einer Veranstaltung der AmCham Österreich eine Studie zu den transatlantischen Handelsbeziehungen zwischen den USA und Österreich vorstellt, ist Näheres zu erwarten.
Der Artikel ist im trend.PREMIUM vom 6. Juni 2025 erschienen und wurde am 3. Juli aktualisiert.