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"Es ist Land in Sicht, aber der Weg zur Anlandung ist noch weit", sagte McDonald, der auch Co-Vorsitzender der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) ist und im Juli den Dachverbands-Chefposten im halbjährlichen Turnus übernommen hat. Nun gelte es, "mit ruhiger Hand den Kurs zu halten". Als Entwarnung möchte er dies keinesfalls verstanden wissen.
ÖGK-Obmann Andreas Huss ergänzte am Samstag in einer Aussendung, das Bilanzdefizit von rund 546 Mio. Euro (statt bisher rund 900 Mio.) entspreche bei einem Gesamtbudget von 21 Milliarden Euro 2,6 Prozent - und forderte mehr Mittel von der Regierung ein. Mehrere Faktoren würden die finanzielle Situation der ÖGK zunehmend belasten. Huss nannte hier die rückläufige Wirtschaftsentwicklung "und somit eine schwächelnde Einnahmenentwicklung", stark steigende Gesundheitsausgaben bei ärztlicher Hilfe sowie bei Spitalsfinanzierung und bei Medikamenten - "auch wegen innovativer, aber teurer Medikamente", sowie den demografischen Wandel mit einer älter werdenden Bevölkerung. Auch die Kosten für Krankengelder für sehr langwierige Erkrankungen seien "stark steigend".
Dass die Reduktion des ÖGK-Defizits geringer ausfalle, als bei der Gebarungsvorschau im Mai erhofft (damals ging McDonald noch von einer Verringerung von 650 Mio. aus), liege laut McDonald daran, dass nur Dinge eingepreist werden können, die bereits in trockenen Tüchern sind. Beispielsweise fehle in der ÖGK noch die Einigung mit den Ärzten auf geringere Einkommenssteigerungen, "die dort von der Ärztekammer blockiert werden", so McDonald: "Und deswegen wackelt auch die schwarze Null für 2026." Derzeit geht man beim Dachverband bei allen drei gesetzlichen Krankenversicherungsträgern 2026 von einem Minus rund 350 Mio. aus.
In die Gebarungsvorschau aufgenommen werden können nur Dinge, bei denen es ein beschlossenes Gesetz oder bereits ein Verhandlungsergebnis gibt. Das ist nun - anders als im Mai - etwa bei der von der Bundesregierung gesetzlich auf den Weg gebrachten Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrags für Pensionisten von 5,1 auf 6,0 Prozent und der Erhöhung der E-Card-Servicegebühr von 13,80 auf 25 Euro der Fall.
Bei den nun folgenden Verhandlungen mit der Ärztekammer erwartet sich McDonald Entgegenkommen - vor dem Sommer hatte er bereits einen "Solidarbeitrag" eingefordert. Dabei gehe es freilich nicht darum, "den Ärzten etwas wegzunehmen", also Einkommensbußen, sondern lediglich um geringere Einkommenssteigerungen. "Es geht nicht um einen Schritt zurück, sondern darum, dass es nicht mehr zwei Schritte nach vorne sein können in der jetzigen, wirtschaftlich schwierigen Situation, sondern halt nur ein Schritt".
Diesbezüglich verspürt McDonald auch durch den jüngst bekanntgewordenen Rechnungshof-Rohbericht Rückenwind, der unter anderem festhält, dass die Honorare der Ärzte über sieben Jahre doppelt so stark gestiegen seien wie die Inflation. "Der Rechnungshof unterstützt in ungewohnter Offenheit meinen Appell nach zurückhaltenden Abschlüssen", so McDonald: "Wir haben in den letzten Jahren eine ganz gute Einkommensentwicklung für die Ärztinnen und Ärzte ermöglicht, aber jetzt, wo die Zeiten schwieriger werden, braucht die Versichertengemeinschaft ihre Solidarität damit es sich ausgeht. Niemand kann mehr geben als er hat."
Die Krankenversicherungen sind mit dem Dilemma konfrontiert, dass geringere Beitragseinnahmen auf eine höhere Inanspruchnahme der Leistungen treffen. Ersteres hängt mit dem geringeren Wirtschaftswachstum und der gestiegenen Arbeitslosigkeit "eng zusammen", verwies auch McDonald auf die Wirtschaftslage. Zusätzlich sei man mit dem Phänomen konfrontiert, dass es demografisch bedingt zu einer höheren Inanspruchnahme von Leistungen beim Arzt und in der Apotheke kommt. Woran sich auch in den kommenden Jahren nur wenig ändern werde.
In der Bilanz schlägt sich auch die von der Bundesregierung eingefrorene Rezeptgebühr für das kommende Jahr nieder. Ebenso die Umwandlung der Rezeptgebührenobergrenze in eine Arzneimittelgebührenobergrenze. In dieser werden nun auch Medikamente, die weniger als die Rezeptgebühr kosten, berücksichtigt. Der Schwellenwert für die Befreiung sinke zudem ab 2027 schrittweise von derzeit 2 auf 1,5 Prozent des Jahresnettoeinkommens. Hier stellt sich für McDonald die Frage der "Treffsicherheit". Denn im Vollausbau sei dann jedes dritte Medikament aus sozialen Gründen vom Eigenbeitrag befreit.
"Die offizielle Vorschaurechnung zeigt, dass die ÖGK bedauerlicherweise in den nächsten Jahren strukturell in einem Minus steckt", sagte Huss. Das beweise, dass die österreichische Gesundheitsversorgung "dringend zusätzliches öffentlich und solidarisch finanziertes Geld" benötige - "in einer Zeit mit geringem Bevölkerungswachstum, älter werdender Bevölkerung, stärkerer Inanspruchnahme der Versorgung, aber auch durch die nötige Spitalsentlastung und damit den notwendigen Ausbau der niedergelassenen Versorgung".
Daher richte er den "dringenden Appell" an die Bundesregierung, "die ÖGK mit benötigen Geldmitteln auszustatten". Bereits jetzt würden bezahlen Patientinnen und Patienten 24 Prozent oder 12 Mrd. Euro der Gesundheitsausgaben - etwa für Wahlärztinnen und -ärzte - "aus dem eigenen Börserl" bezahlten. Dies habe nichts mehr mit einer solidarischen Finanzierung der Versorgung zu tun.
Einmal mehr verwies Huss auf den Vergleich mit Deutschland, dort betrage der Krankenversicherungsbeitrag mittlerweile 16 Prozent, in Österreich hingegen 7,65 Prozent. Rechne man die dortige hundertprozentige Spitalsfinanzierung heraus, bräuchte man in Österreich (bei knapp 50 Prozent Spitalsfinanzierung) einen Beitrag von 9,5 Prozent, "um die gleiche finanzielle Ausstattung zu haben". Im Vergleich zu Österreich würden die privaten Zuzahlungen in Deutschland bei nur 13 Prozent liegen.