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Letztendlich habe man es "nicht geschafft, den Kindern jenes Zuhause und jene Sicherheit zu bieten, die wir versprochen haben", so Cernko. Es reiche nicht aus, nur auf die beiden betroffenen Standorte zu blicken. "Wir haben die Botschaft ganz klar verstanden: Wir brauchen Unterstützung von kompetentester Seite", so Cernko. "Wir wollen wirklich einen neuen Startpunkt setzen, um die Organisation zukunftsfit zu machen." Aufbauend auf der bereits bestehenden Kinderschutzrichtlinie wolle man "Empfehlungen für eine tiefgreifende Erneuerung vorlegen", ergänzte Schlack.
Dafür soll nun die sechsköpfige Untersuchungskommission unter dem Vorsitz der ehemaligen Präsidentin des Obersten Gerichtshofes (OGH) und Ex-NEOS-Abgeordneten Irmgard Griss die Arbeit aufnehmen. Neben Griss sitzen auch Hedwig Wölfl, Geschäftsführerin der Kinderschutzorganisation "möwe", Soziologin und Sozialarbeiterin Veronika Reidinger vom Ilse Arlt Institut für Soziale Inklusionsforschung der FH St. Pölten sowie drei Mitglieder des Aufsichtsrates in der Kommission. Ziel sei eine "lückenlose Aufarbeitung und ein Reformplan", sagte Cernko, der selbst ebenfalls Teil des Gremiums sein wird. Man wolle so bald wie möglich starten und hoffe, dass noch diese Woche "die erste konstituierende Sitzung" des Gremiums stattfinde.
Er garantiere dabei persönlich für Transparenz, sagte Cernko. Werde externen Mitgliedern der Zugang zu Informationen erschwert, "dann ist jemand gescheitert und zwar ich", erklärte er. Sein selbsterklärtes Ziel sei, bereits in einigen Monaten "erste Vorhabensberichte am Tisch liegen zu haben". Befangenheit bei den Aufsichtsratmitgliedern schließt er aus. "Wir haben bewusst das Gewicht auf externe Experten gelegt", so Cernko. Die Arbeit der Kommission werde öffentlich einsehbar sein.
Natürlich könnten sich durch die Berichterstattung der vergangenen Tage auch Schützlinge aus anderen Kinderdörfern mit möglichen Vorwürfen melden. "Das ist nicht ausgeschlossen", sagte Schlack. "Dann werden wir uns dieser Situation zu stellen haben", ergänzte Cernko. Jene beiden Studien, die die Missbrauchsfälle ans Licht brachten, seien mittlerweile an die Kinder- und Jugendhilfen in Tirol und Kärnten weitergeleitet worden.
Nach einem Bericht der Wochenzeitung "Falter" vor mehr als einer Woche rund um möglichen Missbrauch im SOS-Kinderdorf im Kärntner Moosburg hat die Staatsanwaltschaft Klagenfurt erklärt, dass man die Studie "beischaffen" werde. "Die über die in den Altverfahren hinausgehenden Vorwürfe (laut Medienberichten bzw. laut Studie) werden von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt in einem neuen Verfahren geprüft", sagte Sprecher Erich Leitner von der übergeordneten Oberstaatsanwaltschaft Graz der APA am Montag. Das Verfahren sei dabei berichtspflichtig, hieß es. Auch die Staatsanwaltschaft Innsbruck prüft einen möglichen Anfangsverdacht.
Dem "Falter"-Bericht zufolge sollen Kinder und Jugendliche über Jahre hinweg misshandelt, eingesperrt und nackt fotografiert worden sein. Die Informationen der Wochenzeitung stammen aus einer Studie, die SOS-Kinderdorf selbst in Auftrag gegeben aber nie öffentlich gemacht hatte. Die Vorwürfe in Kärnten beziehen sich auf den Zeitraum von 2008 bis 2020. In Tirol soll es wiederum in den Jahren von 2017 bis 2020 zu fünf Missbrauchsfällen gekommen sein, wie zuletzt die "Tiroler Tageszeitung" berichtete.
(Das Gespräch führte Nikolaus Pichler/APA)