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Kommission: Peršmanhof-Einsatz war rechtswidrig

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Der Persmanhof war Schauplatz eines NS-Massakers an Kärntner Slowenen
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Der Polizeieinsatz am Peršmanhof in Kärnten am 27. Juli war in mehrfacher Hinsicht unverhältnismäßig, rechtswidrig und zweifelhaft. Zu diesem Schluss kommt die vom Innenministerium eingesetzte Analysekommission in ihrem am Donnerstag präsentierten Abschlussbericht. Kritisiert wird vor allem das Verhalten des stellvertretenden Leiters des Landesamts Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE), der den Großeinsatz bei einem antifaschistischen Camp angeordnet und geleitet hat.

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Der mittlerweile einer anderen Dienststelle zugewiesene Beamte habe den Einsatz ohne Abstimmung mit Vorgesetzten initiiert und polizeilich geleitet, "obwohl er dafür weitgehend nicht zuständig war", heißt es in dem Bericht. Fehlverhalten wird aber auch dem Bezirkshauptmann von Völkermarkt und dem Leiter der Außenstelle Kärnten des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) attestiert. Der Bezirkshauptmann habe sich auf eine Beobachterrolle beschränkt und sei damit seiner Verantwortung für einen rechtmäßigen Ablauf als behördlicher Leiter nicht nachgekommen. Der BFA-Beamte wiederum habe Festnahmen ausgesprochen, ohne dazu ermächtigt zu sein, so die Kommission.

Der vierstündige Großeinsatz an einer wichtigen Gedenkstätte für den Widerstand slowenischer Partisanen gegen das NS-Regime hatte für massive Kritik - auch aus dem slowenischen Nachbarland - gesorgt. Grundlage für den Einsatz, an dem Beamte von Polizei, LSE und BFA, Mitglieder der Schnellen Interventionsgruppe (SIG), eine Diensthundeführerin sowie ein Polizeihubschrauber beteiligt waren, war der Verdacht von Verwaltungsübertretungen durch falsch aufgestellte Zelte.

"Wir haben diesbezüglich keine nachvollziehbare Dokumentation gefunden", so der Leiter der Kommission Mathias Vogl bei der Pressekonferenz. Die Begründung erscheine in der Gesamtschau "als bloßer Vorwand für ein Einschreiten zu Zwecken des Verfassungsschutzes". Die Identitätsfeststellungen hätten sich zudem auf die Nutzer der zwei außerhalb der Hofstelle aufgestellten Zelte beschränken müssen, stattdessen "wurden sie jedoch mit viel Aufwand auf alle Campteilnehmer erstreckt", so Vogl.

Das Verhalten des polizeilichen, aber auch des behördlichen Einsatzleiters und des BFA-Vertreters sei in Teilen rechtswidrig gewesen, die übrigen unmittelbar vor Ort befindlichen Polizistinnen und Polizisten hätten ihre Aufgaben aber ordnungsgemäß erfüllt, betonte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Wichtig sei auch, dass die Kommission, der auch Vertreter der slowenischen Minderheit angehören, festgestellt habe, dass der Einsatz sich nicht gegen die slowenische Volksgruppe in Kärnten noch gegen die Gedenkstätte Peršmanhof gerichtet habe, so Karner.

Bei den Einsatzkräften hat laut Kommissionsbericht das Bewusstsein gefehlt, dass ein polizeilicher Einsatz am Peršmanhof, der 1945 Schauplatz eines NS-Massakers an Angehörigen der slowenischen Volksgruppe durch Polizeikräfte war, besondere Sensibilität erfordert. Empfohlen wird daher unter anderem eine Auseinandersetzung mit der Geschichte des Peršmanhofs im Rahmen der Fortbildung der Exekutive und im LSE Kärnten, der verstärkte Einsatz von Body Cameras durch die Exekutive und die Sicherstellung ausreichender Sprachkompetenz bei Exekutive und Behörden in gemischtsprachigen Gebieten, auch auf Führungsebene.

Das Innenministerium will diese Empfehlungen aufgreifen. Karner kündigte an, dass es künftig eine regionalspezifische Weiterbildung für Polizistinnen und Polizisten geben soll. Um die Sensibilität beim Einschreiten bei Gedenkstätten sicherzustellen, soll zudem vor jedem Einschreiten ein Vier-Augen-Prinzip mit der darüberliegenden Dienststelle und auch Kontakt mit der Leitung der Gedenkstätte gehalten werden. Zudem gelte es "eine Vereinnahmung von Gedenkstätten" zu verhindern, so Karner.

Der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, berichtete, dass er den slowenischen Botschafter am Vortag über den Inhalt des Berichts informiert und dabei auch sein Bedauern für das Fehlverhalten der betroffenen Beamten ausgedrückt habe. Zum Fehlverhalten der drei Beamten werde eine dienst- und disziplinarrechtliche Sachverhaltsdarstellung des Innenministeriums eingebracht.

Gegen den stellvertretenden LSE-Chef sei ein Strafverfahren des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs anhängig, wodurch das Disziplinarverfahren unterbrochen ist, berichtete die Kärntner Landespolizeidirektorin Michaela Kohlweiß.

In Kärnten wird die Einleitung von dienstrechtlichen Konsequenzen gegen den Bezirkshauptmann von Völkermarkt geprüft: "Es ist mir ein besonderes Anliegen, dass alles getan wird, um entsprechende Konsequenzen für von der Analysekommission in ihrem Bericht zweifelsfrei festgestelltes Fehlverhalten der drei für den Polizeieinsatz Verantwortlichen zu ziehen", sagte Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ). Sowohl die Amtsinspektion als auch die Organisationseinheit Personal beim Amt der Kärntner Landesregierung wurden eingeschaltet. Nun sei alles zu tun, "damit sich derartige Vorfälle nicht wiederholen".

Als "überschießend" kritisierte dagegen die Kärntner ÖVP den Vorwurf der Rechtswidrigkeit des Polizeieinsatzes durch die Kommission. Wäre von den "Aktivisten" dieselbe Umsicht gezeigt worden, "die sie von Behörden und Polizei verlangen, wäre es weder zu einem Camp noch zu einer Amtshandlung gekommen", so die Partei. Und Parteiobmann Martin Gruber sagte: "Es ist entschieden abzulehnen, wenn Linksextremismus verharmlost, pauschal entschuldigt und sogar ein vermeintlicher Angriff auf die Volksgruppe inszeniert wird, um Linksextremismus zu kaschieren."

Von einem "Skandal-Bericht" sprach die FPÖ und ortete darin "ein Manöver, um die eigene Polizei zu demontieren und linksextremen Gewalttätern einen Freibrief auszustellen". Trotz tendenziöser Ausrichtung widerlege der Bericht aber die bösartige Unterstellung, der Einsatz hätte sich gegen die Kärntner Slowenen oder die Gedenkstätte gerichtet, so der blaue Sicherheitssprecher Gernot Darmann.

Dagegen begrüßte Vizekanzler Andreas Babler gemeinsam mit Staatssekretär Jörg Leichtfried (beide SPÖ) die detaillierte und umfassende Aufbereitung der Vorkommnisse und forderte "nun klare personelle Konsequenzen". Auch die NEOS drängten "eindringlich" auf "weitere Schritte und klare Konsequenzen" nach der wichtigen Aufklärungsarbeit. "Mehr Sensibilisierung für Gedenkstätten und mehr Einsatzdokumentation sind sinnvolle Schritte, diese Ankündigungen allein reichen aber nicht aus", so der pinke Abgeordnete Janos Juvan und sah Karner "in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass dieser rechtswidrige Einsatz personelle Konsequenzen für die Verantwortlichen hat".

Die Grünen sahen sich durch den Bericht in ihrer Kritik an dem Einsatz bestätigt. "So ein Machtmissbrauch darf in einem Rechtsstaat niemals wieder passieren", meinte die Kärntner Landessprecherin Olga Voglauer und forderte die sofortige Abberufung des Bezirkshauptmanns sowie eine öffentliche Entschuldigung von Innenminister Karner. Eine Entschuldigung von Seiten der politisch Verantwortlichen bei allen Betroffenen, forderten auch die Betreiber des Museums sowie die Organisatoren des Antifa-Camps sowie "echte und nachhaltige Konsequenzen" für die Verantwortlichen des Einsatzes.

++ HANDOUT ++ ZU APA0297 VOM 10.9.2025 - Sechs Wochen nach dem umstrittenen Polizeieinsatz gegen Jugendliche am Per?manhof hat die slowenische Außenministerin Tanja Fajon (m.) am Mittwoch, 10. September 2025, die Südkärntner NS-Gedenkstätte bei Bad Eisenkappel (Bezirk Völkermarkt) besucht.

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