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Female Leadership: Die Kraft der Diversity

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Erfolgsfaktor Female Leadership: Inklusion und Diversität steigern den Geschäftserfolg.
Erfolgsfaktor Female Leadership: Inklusion und Diversität steigern den Geschäftserfolg.©peshkov/Getty Images/iStockphoto
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Bei der beruflichen Gleichstellung von Frauen werden sehr schnell die Grenzen sichtbar. Immer mehr Länder und zuletzt auch die EU sehen sich daher zu gesetzlichen Vorgaben gezwungen, gesetzliche Vorgaben für Diversity und Gender Equality zu schaffen, damit mehr Frauen in Führungspositionen kommen.

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Frauen, die nichts fordern, werden beim Wort genommen - sie bekommen nichts.

Simone de BeauvoirFranzösische Schriftstellerin, Philosophin und Feministin

Das obige Zitat ist eines der berühmtesten von Simone de Beauvoir und eines unter vielen, mit denen die französische Schriftstellerin und Philosophin unermüdlich für die Gleichstellung der Frau eintrat. Bis zu ihrem Tod 1986. Ob ihre warnenden Sätze heute noch aktuell sind, ist schnell beantwortet. „Da niemand – in diesem Fall Männer in Führungspositionen – freiwillig auf Privilegien verzichtet, müssen Frauen immer noch um ihre Rechte kämpfen“, sagt Ulrike Wüstenhagen, ehemalige Personalverantwortliche im ORF-Radio und in dieser Funktion an vorderster Front eine unermüdliche Befürworterin von gleichen Chancen und Rechten für Frauen.

Wüstenhagen und weitere sieben ORF-Frauen hatten genug gehabt von leeren Versprechungen, Männerbünden und gläsernen Decken. Sie beschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und gründeten vor rund 15 Jahren die Task Force der ORF-Frauenplattform. Es war ein bewusst kämpferisch gewählter Name für ein Frauennetzwerk, das im Laufe der Jahre viel erreichte. Ohne den Kampf gegen die Diskriminierung von Frauen, der den Anstoß für viele andere Veränderungen in Gesellschaft und Beruf gab, wäre es heute um das Thema Diversity und Inklusion schlecht bestellt, betont Wüstenhagen: „Die Einbeziehung aller Menschen in den Arbeitsprozess ungeachtet ihrer Herkunft, sexuellen Orientierung, Religion, Alter oder Fähigkeiten ist eine Weiterentwicklung des Frauenthemas.“

Was bedeutet Female Leadership?

  • Female Leadership bedeutet zunächst eine weibliche Führung und damit Frauen in Führungspositionen. Female Leadership beschreibt aber auch ein Konzept, wie Frauen führen. Damit ist Female Leadership als Gegenmodell zur nach wie vor dominierenden männlichen Führung in Unternehmen mit den ihr zugeschriebenen Eigenheiten zu verstehen.

  • Mit mehr weiblichen Führungskräften soll Macht gerechter verteilt werden. Female Leadership hebt (mögliche) positive Eigenschaften von Frauen in Führungspositionen hervor, beispielsweise Umsicht und Kooperation.

  • Frauen gelten als kommunikativ und empathisch, als kompromissfähig und besonnen im Handeln. Sie stehen außerdem tendenziell für partizipativere Führungsstile. Diese Merkmale können die Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen, was wiederum für produktivere Mitarbeiter sorgen kann. Von Female Leadership versprechen sich viele Unternehmen deshalb mehr Erfolg.

  • Die Wahrscheinlichkeit, dass aus der Führungsriege gute und tragfähige Ideen kommen, ist mit einem Führungsteam mit großer Diversität höher. Dadurch können verschiedene Perspektiven einbezogen werden, was Innovationen wahrscheinlicher macht.

Quelle: EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025

Gender Equality: Frauenquote steigern

Die Gleichstellung der Geschlechter – heute unter dem Begriff „Gender Equality“ geläufig – hat kürzlich auch die Europäische Union wachgerüttelt. Endlich, möchte man sagen. Nach einer jahrelangen Blockade, unter anderem durch die frühere deutsche Bundeskanzlerin Angel Merkel, haben sich die EU-Länder und das EU-Parlament jüngst auf verbindliche Frauenquoten für Leitungspositionen in börsennotierten Unternehmen geeinigt. Konkret ist vorgesehen, dass die EU-Staaten bis 2026 zwischen zwei Modellen wählen können:

  • Entweder sollen mindestens 40 Prozent der Aufsichtsräte Frauen sein.

  • Oder Aufsichtsräte und Vorstände erreichen zusammen einen durchschnittlichen Frauenanteil von 33 Prozent.

Wer sich nicht an die Regeln hält, muss wohl oder übel damit rechnen, von der Kommission zu Strafzahlungen verdonnert zu werden.

Bei allen ihren Tätigkeiten wirkt die Union darauf hin, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern.

Europäische UnionArtikel 8 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Facts zur Gleichstellung in der EU

  • 14 der 20 bei der Gleichstellung der Geschlechter weltweit führenden Länder sind EU-Mitgliedstaaten. Die Europäische Union nimmt daher weltweit eine Vorreiterrolle bei der Gleichstellung der Geschlechter ein.

  • Bislang hat jedoch kein EU-Mitgliedstaat eine vollständige Gleichstellung der Geschlechter erreicht, und Fortschritte werden nur langsam erzielt. Im EU-Gleichstellungsindex 2019 erreichten die Mitgliedstaaten durchschnittlich 67,4 von 100 Punkten, wobei sich dieser Wert seit 2005 nur um 5,4 Punkte verbessert hat.

  • Das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern in der EU beträgt 15,7 %. Das Rentengefälle zwischen Frauen und Männern in der EU beträgt 30,1 %.

  • In den größten börsennotierten Unternehmen der EU liegt der Frauenanteil in den Aufsichtsgremien bei nur 7,5 %, bei den Vorstandsvorsitzenden bei nur 7,7 %

Quelle: EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025

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Ulrike Wüstenhagen: "Man braucht eine Quote, um Parität zu erlangen."

© ORF

In Österreich besteht somit Nachholbedarf: Hier gilt seit Anfang 2018 für Neubestellungen von AufsichtsrätInnen bei börsennotierten und großen Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine verpflichtende Geschlechterquote von 30 Prozent. (Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat (GFMA-G)

Ulrike Wüstenhagen, die in ihrer Laufbahn als Personalchefin öfter mit der Aussage von Frauen konfrontiert war, man wolle „keine Quotenfrau“ sein, tritt vehement für derartige Bestimmungen ein: „Man braucht eine Quote, um Parität zu erlangen. Erst wenn diese erreicht ist, kann man Quotenregelungen streichen. Freiwillig gibt keiner etwas her.“

Als gebürtige Skandinavierin ist die frühere ORF-Managerin geprägt von einer Kindheit in Schweden, wo Gender Equality in der Gesellschaft fest verankert ist. So ist es wohl kein Zufall, dass aktuell Eva Magdalena Andersson als Schwedens Ministerpräsidentin und Sanna Mirella Marin als ihr finnisches Pendant mit ihren Plänen, beide Länder gegen viele Widerstände zielstrebig in die NATO zu führen, bemerkenswertes Leadership beweisen.

Female Leadership: Wenige Frauen in Führungspositionen

In Österreich ticken die Uhren (noch) anders. Dass Wüstenhagen richtig liegt, wenn sie Freiwilligkeit vermisst, lässt sich im jüngsten Frauen-Management-Report der Arbeiterkammer nachlesen:

  • Dank dieser gesetzlichen Verpflichtung (Anm.: 30 %-Quote für Aufsichtsräte), die auf dem Weg zu mehr Gleichstellung als erster Etappensieg zu werten ist, hat sich innerhalb von fünf Jahren die Repräsentanz von Frauen in den Aufsichtsräten erhöht.

  • Die Unternehmensführung (Geschäftsführung, Vorstand) bleibt immer noch eine reine Männerdomäne. In den umsatzstärksten 200 Unternehmen des Landes wurden Anfang Jänner 2022 von 609 Geschäftsführerpositionen 555 Funktionen von Männern bekleidet (91,1%).

  • Noch deutlicher fällt die Unterrepräsentanz von Frauen in den Vorständen der börsennotierten Gesellschaften aus: Nur 18 von 220 Vorstandspositionen (8,2 %) sind weiblich besetzt.

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Frauenanteil in Aufsichtsrat und Geschäftsführung; Österreich Stand Jänner 2022

© AK

Auch der BCG Gender Diversity Index zeigt, dass Österreich weit davon entfernt ist, ein Musterbeispiel für die Gleichstellung von Frauen zu sein. Zum Nachteil des Standorts und der Frauen. "Diversität ist ein Führungsthema. Fortschritte gibt es dann, wenn das Topmanagement mit gutem Beispiel voranschreitet und Maßnahmen wie Zielgrößen für Frauen in Führungspositionen oder Gender-KPIs setzt und selbst lebt", ist Sonja Hammerschmid, Aufsichtsrätin von Kapsch überzeugt.

Der Benefit von Diversity in Unternehmen

Allerdings werden sich insbesondere börsennotierte Unternehmen abseits des Drucks durch den Gesetzgeber in Zukunft stärker darum kümmern müssen, genügend Frauen in den Chefsesseln zu haben. Schon jetzt interessieren sich Investoren im Rahmen der immer strengeren ESG-Vorgaben (Environment, Social, Governance) dafür, wie Diversity-Programme in Unternehmen umgesetzt werden. Nicht nur, weil dies Teil der Social Responsibility ist, sondern auch aus Überzeugung, dass unternehmerische Entscheidungen umso besser werden, je mehr unterschiedliche Sichtweisen bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden.

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Europavergleich zu Frauen in Vorständen: Österreich liegt weit abgeschlagen zurück.

© AK

Je diverser, desto erfolgreicher: Dieser Zusammenhang hat sich auch in der im Jahr 2020 durchgeführten internationalen McKinsey-Analyse „Diversity Wins – How Inclusion Matters bestätigt und verstärkt. Die Daten bekräftigen, dass Inklusion und Diversität ein wichtiger Faktor für den Geschäftserfolg sind. Unternehmen mit hoher Gender-Diversität haben demnach eine um 25 % und damit signifikant größere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel zu sein. 2014 lag der Wert noch bei 15 %.

„Um in der heutigen Arbeitswelt zu bestehen und die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen, sind andere Führungsstärken gefragt. Homogene Führungsteams haben es schwer, passende Antworten auf diese Veränderungen zu finden,“ betont McKinsey-Partnerin und Diversity-Expertin Julia Sperling die Bedeutung von diversen Führungsteams.

Ein entscheidender Faktor, um Diversität und damit auch den Unternehmenserfolg nachhaltig zu verbessern, ist nach der Studie eine inklusive Unternehmenskultur. Sperling: „Es bringt nichts, wenn Frauen zwar formal dabei sind, aber nicht gehört und zu entscheidenden Meetings nicht eingeladen werden. Entscheidend ist, dass im Top-Management möglichst verschiedene Stimmen gehört und unerwartete Fragen gestellt werden – deshalb reicht es nicht, eine Quotenfrau zu benennen und das Thema Diversität dann abzuhaken,“ so Sperling.

Gender Pay Gap als Hindernis für Gender Equality

Rund um Gender Diversity wird jedoch nicht nur eine philosophisch-gesellschaftliche Diskussion geführt. Natürlich geht es um Macht und Geld. Frauen von den Futtertrögen der Macht wegzuhalten, war nicht nur in grauer Vorzeit gang und gäbe. Im Gegenteil: Eine Karrierebewusste Frau „Feministin“ oder „Emanze“ zu nennen, ist sogar heute noch in gewissen Männerzirkeln abwertend etikettiert und nicht verpönt. So erinnert sich auch Ulrike Wüstenhagen an die Widerstände, als es im ORF 2007 erstmals so richtig zur Sache ging. „Das sind doch wild gewordene Emanzen “, wurde ihren Forderungen entgegengehalten. Sie und ihre Kolleginnen ließen sich nicht einschüchtern und sagten dem „Gender Pay Gap“ den Kampf an.

Der große Unterschied beim geschlechterspezifischen Lohngefälle liege zumindest in großen Unternehmen meist nicht im Grundgehalt für ein und dieselbe Tätigkeit, sondern insbesondere bei den Zulagen und Prämien, die Männer „eindeutig besser und vehementer verhandeln“, sagt die Juristin. Auch beim Gender Pay Gap hat Österreich nur eine mäßige Bilanz vorzuweisen. Während in den EU-Ländern Frauen im Durchschnitt um 13 Prozent weniger verdienen als Männer, gehört Österreich mit einem Gefälle von fast 19 Prozent zu den Schlusslichtern der Union.

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Gender Pay Gap in Österreich und in der EU.

© Bundeskanzleramt

Eine Analyse der Statistik Austria vom März 2021 auf Basis der Daten zum Gender Pay Gap aus 2018 zeigt, dass nur ⅓ des gesamten Gender Pay Gap (im Jahr 2018 6,4 Prozentpunkte von insgesamt 20,4 Prozent) aufgrund von Merkmalen wie Branche, Beruf, Alter, Dauer der Unternehmenszugehörigkeit und Arbeitszeitausmaß erklärt werden können. Damit kommt zum Ausdruck, dass die strukturellen Unterschiede beziehungsweise Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern am Arbeitsmarkt zwar ein bedeutender Faktor für die Höhe der geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede sind, jedoch ⅔ des gesamten Gender Pay Gap (im Jahr 2018 14,0 Prozentpunkte von insgesamt 20,4 Prozent) nicht statistisch durch diese Merkmale erklärt werden können.

Maßnahmen gegen den Gender Pay Gap

Um gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit zu erreichen, bedarf es in Österreich noch vielfältiger Maßnahmen: Bisher wurden einerseits Maßnahmen gesetzt, um die strukturellen Faktoren für den hohen Gender Pay Gap zu reduzieren. Dazu zählen:

  • Förderung der Karriereperspektiven von Mädchen und Frauen in allen – insbesondere den sogenannten MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) – Berufen durch Informationsmaßnahmen wie die Online-Informationsplattform "meine Technik" oder etwa den Girls' Day und den Girls' Day MINI.

  • Abbau von Hindernissen für Frauen bei der Ausübung einer Vollzeitstelle: Dazu zählen unter anderem die Fortführung der Bemühungen zur Bereitstellung ausreichender und qualitativ hochwertiger Kinderbetreuungs- und Pflegeplätze und zur Erhöhung der Väterbeteiligung.

  • Initiativen zur Förderung von Frauen in wirtschaftlichen Führungs- und Entscheidungspositionen wie das Projekt "Frauen in Führungspositionen. Women are top!" oder weitere Maßnahmen.

Peer-Mentoring: Frauen für Frauen

Um mit solchen Missständen aufzuräumen, bedarf es vor allem der Ermunterung von Frauen, ihre legitimen Ansprüche auf Geld und Karriere durchzusetzen. Im ORF etablierte die kämpferische Frauenriege um Wüstenhagen ein Mentoring-Programm von Frauen für Frauen Die Anleitung durch erfahrene weibliche Führungskräfte ist für jüngere Frauen ein Weg, ihren beruflichen Erfolg auf allen Ebenen zu planen und geschickt voranzutreiben. Rund 30 bis 40 ORF-Managerinnen fungierten bisher für rund 300 weibliche Nachwuchstalente regelmäßig und unbezahlt als Mentorinnen und begleiteten ihre Mentees ein Jahr lang.

Praktischerweise entsteht aus solchen Initiativen fast wie von selbst ein wertvolles berufliches Netzwerk. Auch in diesem Punkt haben Frauen gegenüber Männern noch einiges aufzuholen. Während professionelles Networking für Männer in der Regel ein selbstverständlicher Bestandteil des Berufes ist, sind Frauen dabei zurückhaltender.

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Claudia Eder, Geschäftsführerin Asfinag Maut Service GmbH

© Miriam Mehlman

„Gerade bei einem Wechsel in eine neue Branche oder Funktion sind erfahrene MentorInnen besonders wertvoll. Sie helfen dabei, die Branche zu verstehen und die richtigen Entscheidungen zu treffen“, sagt Claudia Eder, Geschäftsführerin der Asfinag Maut Service GmbH, die selbst in verschiedensten Bereichen tätig war: vom Tourismus, den Handel, der Gesundheitsbranche über HR-Consulting bis hin zur Verkehrsbranche.

Mit einem Sparringpartner oder Mentor aus der Branche komme man immer weiter, meint Claudia Eder. Sie selbst war als Consultant erfolgreich, als sie die Gelegenheit bekam, die Führung der ASFINAG Maut Service Gesellschaft zu übernehmen: „Ich habe mit einem Sparringpartner aus der Branche reflektiert, ob ich mich für den Job bewerben soll und schnell war klar: Ja. Während meiner Selbstständigkeit war ich in der Regel beratend tätig und mir hat es gefehlt, als Team gemeinsam etwas umzusetzen. Im Gespräch mit ihm habe ich erkannt, dass ich gerade diese Herausforderung annehmen will“, erzählt sie.

Wenn es um Karriereziele geht, setzt Eder auf die Kraft der Visualisierung: „Je konkreter und klarer wir ein Ziel vor Augen haben, desto besser. Dadurch bekommt man in der Regel extreme Energie und Power, dass man das schaffen kann“, sagt sie. Das gilt natürlich für beide Geschlechter, aber gerade Frauen rät sie dazu, das Ziel immer im Fokus zu haben und über den eigenen Schatten zu springen. Auch hier könne der Austausch mit MentorInnen oder branchenerfahrenen Bekannten aus dem eigenen Netzwerk viel Aufschluss geben und Ängste und Unsicherheiten nehmen.

Frauenförderung durch Angebote für Kinderbetreuung

Ein typischer kritischer Faktor in Karrieren von Frauen ist die Familiengründung und die Geburt von Kindern. Wenn Frauen Nachwuchs bekommen, lässt die Fokussierung auf den Beruf oft nach. Das liegt zunächst am Faktor Zeit, wenn zu wenige Möglichkeiten der Kinderbetreuung angeboten werden. Aber auch gesellschaftliche Normen, als Working Mom eine "schlechte Mutter" zu sein, wenn ein Kind nicht lange genug von ihnen selbst betreut wird, ist im deutschsprachigen Raum weit verbreitet und der Grund, dass viele, auch hochqualifizierte Frauen drei oder mehr Jahre im Beruf pausieren. Der Zug für einen Wiedereinstieg auf derselben Karrierestufe geschweige denn eine Topkarriere ist dann längst abgefahren.

Viele Frauen bleiben auch beim Kind zu Hause, weil sie trotz ähnlicher Qualifikation wie der Ehegespons weniger verdienen, siehe Gender Pay Gap. Womit sich die berühmte Katze in den Schwanz beißt. Fazit: Junge Frauen, die noch nicht genug verdienen, um vom Gehalt Nanny, Haushaltshilfe & Co zu bezahlen, brauchen dringend ein gesetzlich verankertes Recht auf Kinderbetreuung, die nicht vor dem Mittagessen endet.

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Monika Köppl-Turyna, Leiterin Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria

© Foto Weinwurm

Auch Väterkarenz und generell mehr partnerschaftliche Zusammenarbeit einzufordern, ist ein wesentlicher Bestandteil der Karriereplanung von Frauen. Um mehr Männer für einen Papa-Monat in die Pflicht zu nehmen, verlangt Monika Köppl-Turyna, Leiterin des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria, einen zusätzlichen finanziellen Anreiz: Nämlich die Möglichkeit einer Kombination von pauschalem und einkommensabhängigen Karenzgeld zu schaffen, um das oft höhere Einkommen der Männer stärker zu berücksichtigen.

Köppl-Turyna, die einzige Frau an der Spitze eines österreichischen Wirtschaftsforschungsinstituts, selbst zweifache Mutter und erzählt von „viel Logistik“ rund um die Betreuung ihrer Kinder. Neben der höheren Flexibilität beim Karenzgeld erwartet sie sich vom Gesetzgeber die Umsetzung der Barcelona-Ziele der EU nach einer Kinderbetreuungsquote von 33 Prozent bei den unter 3-Jährigen.

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  • Barcelona-Ziele: Auf seiner Tagung in Barcelona im Jahr 2002 legte der Europäische Rat als Ziele fest: „ (…) Die Mitgliedstaaten sollten Hemmnisse beseitigen, die Frauen von einer Beteiligung am Erwerbsleben abhalten, und bestrebt sein, nach Maßgabe der Nachfrage nach Kinderbetreuungseinrichtungen und im Einklang mit den einzelstaatlichen Vorgaben für das Versorgungsangebot bis 2010 für mindestens 90 % der Kinder zwischen drei Jahren und dem Schulpflichtalter und für mindestens 33 % der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen.

    (PDF-Dokument, 48 Seiten)

Quelle: Europäische Kommission, Generaldirektion Justiz

In einer Studie hat ihr Institut nachgewiesen, dass Österreich im internationalen Vergleich mit Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Dänemark am schlechtesten abschneidet. Alle diese Länder haben ein besseres Kinderbetreuungsangebot bei unter 3-Jährigen. „In Oberösterreich sind zum Beispiel nicht einmal ein Viertel der Betreuungseinrichtungen VIF-konform, das heißt drei Viertel verfehlen den so genannten Vereinbarkeitsindikator für Beruf und Familie (Anm.: VIF). Besser ist die Situation in Wien, wo fast alle öffentlichen Einrichtungen diesen Indikator erfüllen“, sagt die Ökonomin. VIF-konform bedeutet unter anderem 9,5 Stunden Öffnungszeiten pro Tag, wenige Wochen Ferien sowie qualifiziertes Personal.

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Quelle: EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025

In Zeiten des Arbeitskräftemangels sollten die politisch Verantwortlichen längst wachgerüttelt sein. Denn wenn Frauen Beruf und Familie besser verbinden können, bleibt nicht nur den Betrieben enorm viel fachliches Potenzial erhalten, auch die gesamte Volkswirtschaft profitiert. „Produktivität und Konsum würden steigen. Gleichzeitig würde sich die Demografie durch mehr Kinder verbessern. Dafür muss man allerdings die langfristige Perspektive sehen “, betont Köppl-Turyna. Resümee: Die Berufswelt für Frauen im Einklang mit Gender Equality zu gestalten, ist auch im 21. Jahrtausend – lange nach dem Wirken von Simone de Beauvoir – immer noch eine große Aufgabe. Für die Politik, die Ökonomie und nicht zuletzt für die Gesellschaft.

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