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Vorarlberger Verpackungs-Kaiser: Familie Lehner, ALPLA [PORTRÄT]

Aktualisiert
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13 min
Zwei Generationen Firmenchefs: Günther Lehner (li) übergab die Rolle des CEO 2021 an seinen Sohn Philipp.
Zwei Generationen Firmenchefs: Günther Lehner (li) übergab die Rolle des CEO 2021 an seinen Sohn Philipp.©ALPLA
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1955 gründeten die Brüder Alwin und Helmuth Lehner in Hard in Vorarlberg ihr Kunststoff-Verpackungs-Unternehmen ALPLA, das zu einem Weltkonzern angewachsen ist. Mit einem Vermögen von rund 4,2 Mrd. Euro liegt die Familie Lehner auf Platz 7 im trend. Ranking der reichsten Österreicher. Ein Porträt.

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Die Anfänge: Alpenplastik

Von der breiten Bevölkerung weitgehend unbemerkt hat von Hard am Bodensee aus eine der größten wirtschaftlichen Erfolgsgeschichten der Zweiten Republik ihren Ausgang genommen. 1955 gründeten die Brüder Alwin und Helmuth Lehner hier ihre „Alpenplastik Lehner Alwin OHG“ – kurz ALPLA – und legten damit den Grundstein für ein heute weltweites Unternehmensimperium, das heute rund 180 Produktionsstandorte in 45 Ländern umfasst und über 22.000 Mitarbeiter beschäftigt.

Dabei versuchten sich die beiden findigen Brüder zunächst mit einer ganz anderen, wesentlich bodenständigeren Geschäftsidee. Um das Familienbudget aufzubessern kamen sie darauf, Christbäume zu verkaufen. Sie bestellten Weihnachtsbäume und machten sich bereit für den Verkauf – und scheiterten. Aber nicht aus eigenem Unvermögen, sondern weil die Bäume erst am Heiligen Abend eintrafen und sie damit schon unverkäuflich waren.

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Firmengründer Alwin Lehner (1932-2018)

© ALPLA

Alwin und Helmuth Lehner ließen sich dadurch jedoch nicht vom Ziel, selbstständig zu sein abbringen und suchten nach etwas Neuem. Das fanden sie bei einer Wiener Kunststofffabrik. Es gelang den Brüdern für die Fabrik Vertreter in Vorarlberg und in der Schweiz zu werden und so kamen sie günstig an eine Spritzgussmaschine, die sie in der Waschküche ihres Elternhauses aufstellten. Dort begannen sie nun selbst Kunststoffprodukte herzustellen und, von den ersten Ergebnissen enttäuscht, auch gleich an der Verbesserung der Maschine und der Gussformen zu arbeiten. Ins Geschäft kamen sie schließlich mit einem Milchbauern, der Kisten für den Transport der Milch benötigte, und diesmal konnten die Brüder liefern.

Das machte die Runde und bald darauf waren einige Unternehmen aus der Nachbarschaft Kunden der Lehner-Brüder, die in eine weitere Spritzgussmaschine investieren und erste Mitarbeiter anstellen mussten, um die Aufträge abwickeln zu können.

Der ALPLAMAT – eine Erfindung für dem Welterfolg

Gleichzeitig gewann Polyethylen (PE) als Werkstoff immer mehr an Bedeutung, vor allem als Verpackungsmaterial für Flüssigkeiten. Und Alwin Lehner, ein gelernter Maschinenbauer und begnadeter Tüftler vor dem Herrn, erkannte, dass die am Markt verfügbaren Maschinen für die Herstellung von PE-Flaschen nicht wirklich geeignet waren. „Es war nichts G’scheites am Markt“, sagte er, als er 2015 von der Vorarlberger Wirtschaft für sein Lebenswerk geehrt wurde. Und weil es „nichts „G’scheites“ gab, entwickelte er eben seine eigene Maschine, mit der Flaschen in unterschiedlichen Größen hergestellt werden konnten – den „ALPLAMAT“.

Bereits der erste „Alplamat“ aus 1958 war ein Jahrhundertwurf, technologisch den Maschinen der Mitbewerber weit voraus und höchst effizient. So kamen die Vorarlberger ins Geschäft mit den ersten großen Kunden, Mautner-Markhof und dem US-Kosmetikkonzern Elizabeth Arden.

Mit laufenden technischen Verbesserungen wurde der Alplamat bis in die 1990er Jahre nach dem von Alwin Lehner entwickelten Konzept gebaut und in alle Welt exportiert. "Am Tag habe ich gearbeitet und in der Nacht studiert. Die besten Einfälle hatte ich immer in der Nacht, unter'm Tag hatte ich ja nicht viel Zeit zum Denken", beschrieb Lehner die Anfangszeit in einem ORF-Interview.

Und gleich aus noch einer Not machte Lehner eine Tugend: Weil zwischen der eigenen Produktionsstätte und der Essig-Produktionsanlage von Mautner-Markhof der Arlberg lag – den Tunnel gab es damals noch nicht – und es höchst kompliziert sowie unwirtschaftlich gewesen wäre, leere Kunststoffflaschen durch fast ganz Österreich zu fahren, kauften die Brüder kurzerhand eine alte Pulverfabrik in der Nähe des Mautner-Markhof-Werks und begannen, dort Flaschen zu produzieren.

Aufstieg zum internationalen Unternehmern

Mit dem Alplamat und der Philosophie, dass man dort sein müsse, wo die Kunden sind, war der Grundstein für den internationalen Erfolg der Firma ALPLA gelegt. Für das Schweizer Unternehmen SAIS entwickelte ALPLA-Gründer Alwin Lehner in nur einem Tag das Modell einer neuartigen Flasche für Speiseöl. Für den Klebstoff-Spezialisten BOLTON ADHESIVES produziert ALPLA seit 1976 die weithin bekannten Hüllen für die „UHU Sticks“

In den 1970er und 1980er Jahren setzte sich der Aufstieg des Familienunternehmens zur globalen Company ungebrochen fort. Alwin Lehner jettete mit seinem Partner Helmut Scheffknecht um die Welt und von Erfolg zu Erfolg. „Manchmal haben wir ein Tempo erreicht, das rückblickend vielleicht etwas schnell war“, wird Helmut Scheffknecht im ALPLA-Unternehmens-Blog rückblickend auf diese Ära zitiert.

Und weil man selbst kaum mehr Herr des rasanten Wachstums wurde, begann ALPLA auch im Ausland Mitbewerber zu übernehmen und eigene Werke zu eröffnen – und schließlich auch Inhouse-Werke direkt in den Fabriken großer Kunden und Hersteller. Die ursprünglich für Mautner-Markhof gefasste Idee, direkt bei den Kunden vor Ort sein zu müssen, wurde damit auf die Spitze getrieben.

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Mit Düsenantrieb zum Erfolg: Helmut Scheffknecht (li) und Alwin Lehner Mitte der 1970er Jahre im Jet auf internationaler Geschäftsreise.

© ALPLA

Einen weiteren großen Schub bekam das Unternehmen in den 1980er Jahren. Zunächst zu Beginn des Jahrzehnts, als ALPLA in der Phase der durch die Ölkrise massiv gestiegenen Kunststoffpreise mit innovativen Ultraleicht- und Faltflaschen neue Maßstäbe am Verpackungssektor setzte und schließlich gegen Ende des Jahrzehnts, als sich nach dem Fall des Eisernen Vorhangs neue Chancen in Zentral- und Osteuropa ergaben und das Unternehmen mit zahlreichen eigenen Werken und Inhouse-Produktionen bei Kunden in Ungarn, Polen, Tschechien und Russland – darunter der Coca-Cola Corporation – ins Geschäft kam.

1991 gelang schließlich mit dem ersten Werk in Mexiko auch der Sprung nach Mittelamerika. Firmengründer Alwin Lehner erzählte dazu später:

„Wir sind hinüber geflogen und haben ein Grundstück gekauft. Das Werk in Mexiko haben wir mit Johnson Wax gemacht. Im Laufe der Zeit ist Mexiko ein ganz bedeutender Standort geworden und wir sind dort zum Marktführer aufgestiegen.“

Jahr

Umsatz (in Mio. €)

+/- ggü. Vorjahr in %

2015

3.300

5,43

2016

3.250

-1,52

2017

3.400

4,62

2018

3.660

7,65

2019

3.800

3,83

2020

3.690

-2,89

2021

4.000

8,40

2022

5.100

27,50

Umsatzentwicklung Alpla Holding 2015 - 2022

Familie Lehner - über Generationen erfolgreich

1997 war für den Firmengründer Alwin Lehner die Zeit gekommen, sich zur Ruhe zu setzen und das Unternehmen an die nächste Generation zu übergeben. Das ALPLA-Führungsteam bestand in der Folge aus Günther Lehner, dem Sohn des Gründers, dem langjährigen Geschäftspartner Helmut Scheffknecht und Georg Früh als Finanzchef.

Das Trio übernahm ein internationales Unternehmen, einen Global Player mit über 30 Tochtergesellschaften und mehr als 3.000 Beschäftigten weltweit. „Die Zeiten ändern sich. Aber es muss weitergehen“, erklärte Alwin Lehner, als er das Zepter an die nächste Generation übergab.

Von Ruhestand konnte jedoch für den umtriebigen Firmengründer weiterhin keine Rede sein. Denn bis ins hohe Alter lebte Alwin Lehner weiter für seine Firma. Er war dort fast täglich präsent und brachte laufend Ideen für technische Entwicklungen ein, wie er es immer schon getan hatte. Daneben gab es für den gelernten Maschinenbauer, der im Juli 2018 starb, nur seine Familie – seine Frau Herma, die er 1958 geheiratet hatte und mit der er drei Kinder hatte. Und seine Oldtimer, die er liebte und sammelte.

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Das ALPLA-Werk in Toluca, Mexiko (2000)

© ALPLA

Günther Lehner setzte die Tradition seines Vaters in einer Linie fort und trieb die Expansion mit Herzblut und großem Erfolg immer weiter voran. Bis zum Jänner 2021, als Günther Lehner dann die Funktion des CEO an seinen eigenen Sohn Philipp übergab, war das ALPLA-Firmenimperium der Familie Lehner bereits auf 181 Betriebe in 46 Staaten herangewachsen.

Mit dem im Jahr 1984 geborenen Philipp Lehner, der an der Regent’s Univesity in London und an der Harvard Business School studiert hat und dann zunächst bei ALPLA in den USA als General Manager arbeitete, ehe er an den Stammsitz in Hard zurückkehrte, ist das Unternehmen seither bereits in dritter Generation erfolgreich.

Kunststoff 2.0: Recycling und Nachhaltigkeit

Philipp Lehner, der neue Vorstandschef der ALPLA Group, stellt sich bewusst den Fragen der Gegenwart, in der Kunststoff-Verpackungen zusehends kritisch gesehen werden und „Raus aus Plastik“ groß propagiert wird.

Via TikTok-Videos versucht er, auf die Vorteile von Kunststoffverpackungen – auch gegenüber von Glas oder Aluminium – hinzuweisen. „Wichtig ist, dass die Menschen verstehen, dass nicht das Material Kunststoff das Problem ist, sondern der Umgang damit“, erklärt er seine Beweggründe dafür.

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Der CEO als TikTok-Influencer: In kurzen Videos spricht ALPLA-Chef Philipp Lehner über die Vorteile von Kunststoffen.

© tiktok.com/@philipp_lehner

Zudem investiert ALPLA in das Kunststoff-Recycling, für das jährlich 50 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. „Unser Ziel ist ein Kreislauf von Flasche zu Flasche – auch in Regionen, in denen die Verwertung von Abfällen derzeit keine große Rolle spielt“, erklärt dazu Georg Lässer, Head of Corporate Recycling bei ALPLA. Die ALPLA-Group ist zudem auch Mitglied der sogenannten Recyclat-Initiative. Diese Vereinigung von Unternehmen und dem Naturschutzbund NABU setzt sich für echtes und nachhaltiges Kunststoff-Recycling auf Basis des gelben Sacks ein.

PET-Recycling bei ALPLA

Durch neue Technologien und verbesserte Abläufe sollen alte Verpackungen zukünftig in noch größerem Anteil und noch effizienter recycelt und wiederverwendet und so der Bedarf an neu aus Erdöl hergestelltem Plastik dramatisch reduziert werden. So tüftelt ALPLA derzeit an einer neuartigen Papierflasche, die nur noch innen mit einer hauchdünnen Schicht aus Recycling-Kunststoff überzogen ist.

Gleichzeitig bemüht sich die Familie Lehner, auch im asiatischen Raum, der derzeit noch kaum recycelt, entsprechende Einrichtungen und Abläufe zu etablieren. Dabei geht es natürlich nicht ausschließlich um Umweltschutz, sondern auch um entsprechende Profite. Zwischen den positiven Effekten für die Umwelt und wirtschaftlichem Erfolg gibt es für ALPLA-CEO Philipp Lehner keinen Unterschied. „In zehn Jahren wollen wir die weltbeste Papierflasche haben und in 50 Ländern tätig sein. Es ist unser Ansporn, uns nicht mit dem, was wir haben zufrieden zu geben, sondern neue Möglichkeiten zu generieren, weiter zu wachsen und zu florieren“, sagt er dazu in einem Podcast mit dem Industriemagazin. Und die besten Ideen habe er beim Motorradfahren: „Ich fahre leidenschaftlich gerne Motorrad. Wenn man stundenlang verlassene Straßen fährt, man keine Menschenseele sieht und einem schon der Hintern wehtut, dann kommen einem die besten Ideen.“

Jahr

Mitarbeiter

+/- ggü. Vorjahr in %

2015

16.500

3,31

2016

17.300

4,85

2017

19.300

11,56

2018

20.800

7,77

2019

20.900

0,48

2020

21.600

3,35

2021

22.100

2,31

2022

23.300

5,43

Mitarbeiterentwicklung Alpla Holding 2015 - 2022

Die Familie Lehner privat

Mit dem erstaunlichen internationalen Erfolg des Unternehmens ALPLA war auch der Aufstieg der Eigentümerfamilie zu einer der reichsten in Österreich im Grunde nur eine Frage der Zeit.

Im trend. Ranking der 100 Reichsten des Landes liegt die Familie Lehner aktuell mit einem geschätzten Vermögen von 4,2 Milliarden Euro an der siebenten Stelle. Das legt die Familie jedoch nicht groß an den Tag. Ganz getreu der Lebensweise, die Alwin Lehner, der im Jahr 2018 im Alter von 86 Jahren verstorbene Gründer Alwin Lehner vorgelebt hat.

Das Unternehmen ist für die Familie Lehner eine Sache, das Privatleben eine andere. Bloß weil sie als Unternehmer erfolgreich sind und die Familie dadurch zu Wohlstand gekommen ist, bedeutet das nicht, dass dieser Wohlstand zur Schau gestellt wird.

Die Seitenblicke-Gesellschaft ist nicht die Welt der Lehners, und gesellschaftlich engagiert man sich lieber im Stillen und lokal, ohne ein großes Medienecho zu erwarten. Zum Beispiel als Sponsor des Harder Handballvereins. Die Herrenmannschaft des ALPLA HC Hard spielt in der HLA Meisterliga, der höchsten österreichischen Handballliga. Die „roten Teufel vom Bodensee“ sind dort äußerst erfolgreich. Was Günther Lehner, der selbst leidenschaftlicher Handballer war, besonders freut.

Die reichsten Österreicher:innen

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