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Borealis - die Kunststoff- und Chemietochter der OMV

Aktualisiert
Lesezeit
7 min
Das zur OMV gehörende Chemieunternehmen Borealis liegt auf Rang 7 der umsatzstärksten Unternehmen Österreichs.
Das zur OMV gehörende Chemieunternehmen Borealis liegt auf Rang 7 der umsatzstärksten Unternehmen Österreichs.©Elke Mayr
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Der Kunststoff- und Chemiekonzern Borealis ist hochprofitabel, für Konzernmutter OMV bei der Transformation von Öl zur Chemie ein Hoffnungsträger. Borealis ist nach Umsatz die Nummer 7 in Österreich.

von

Facts: Borealis AG

  • Gründung: 1994

  • Konzernzentrale: Trabrennstraße 6-8, 1020 Wien

  • Mitarbeiter: 7.649 in 120 Ländern

  • Branche: Chemieindustrie (Basischemikalien, Polyolefine, Düngemittel)

  • Rechtsform: Aktiengesellschaft (nicht börsenotiert)

  • Umsatz 2022: 12,225 Mrd. €

  • Gewinn (EBIT) 2022: 1,076 Mrd. €

  • Umsatzanteile nach Regionen: Europa 53 Prozent, Asien/Pazifik 20 Prozent, Nordamerika 21 Prozent, Südamerika 4 Prozent, Afrika 2 Prozent

  • Eigentümer: OMV 75 Prozent; ADNOC - Abu Dhabi National Oil Company (Staatsfonds der Vereinigten Arabische Emirate/VAE) 25 Prozent (seit April 2022, davor war Mubadala Investment aus Abu Dhabi, staatliche Aktiengesellschaft aus VAE, Eigentümer des Anteils).

  • Management: Thomas Gangl (CEO) - seit April 2021; Mark Tonkens (CFO), Lucrèce Foufopoulos-De Ridder (Executive Vice President Polyolefins, Innovation & Technology); Wolfram Krenn (Executive Vice President Base Chemicals & Operations), Philippe Roodhooft (Executive Vice President Joint Ventures and Growth Projects)

  • Aufsichtsrat: Alfred Stern, CEO OMV - Aufsichtsratsvorsitzender (AR-Vorsitz) seit April 2021; Al Mazrouei Saeed, Deputy Platform Chief Executive Officer, Direct Investments at Mubadala; Stellvertreter des Vorsitzenden (AR-Vors.Stv.); Florey Reinhard, OMV-CFO, AR-Mitglied Teh Alvin, Executive Director, Head of Consumer, Direct Investments at Mubadala, AR-Mitglied, van Koten Martijn Arjen, OMV, AR-Mitglied

  • Website: www.borealisgroup.com

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Die Borealis Zentrale in Wien

© Elke Mayr

Die Borealis-Story

Durch die Zusammenlegung des Petrochemiegeschäfts von Neste Oil (Finnland) und Statoil (Norwegen) in Kopenhagen ist im Jahr 1994 das Unternehmen Borealis entstanden. Der Name nimmt deutlich Bezug auf Nordeuropa (Latein für „nördlich“). Zunächst war auch die Firmenzentrale in Kopenhagen angesiedelt, ab 2006 in Wien.

Im Verlauf der vergangenen 28 Jahre ist das Unternehmen weltweit expandiert und derweil in 120 Ländern tätig. Der Kunststoffhersteller wächst von Jahr zu Jahr und ist hochprofitabal. Allein gegenüber dem Vorjahr konnte das Unternehmen den Gesamtumsatz um satte 48 Prozent steigern.

1998 erfolgte der Einstieg durchd die österreichische OMV mit der Einbringung der OMV-Petrochemiesparte PCD. OMV und IPIC übernahmen dabei den 50 %-Anteil an Borealis von Neste Oil.

2005 ist Statoil bei Borealis ausgestiegen.

Im Juni 2006 wurde auf Drängen vom damaligen OMV-Chef Gerhard Roiss der Firmensitz von Kopenhagen nach Wien verlegt.

2017 erfolgte die Fusion des OMV-Aktionärs International Petroleum Investment Company (IPIC) aus Abu Dhabi und Mubadala. 64 Prozent der Anteile gehörten nun Mubadala aus Abu Dhabi, 36 Prozent der OMV

Im Herbst 2020 übernimmt die OMV unter der Leitung des damaligen CEO Rainer Seele Anteile von Mubadala und hält nun 75 Prozent der Anteile. Mubadala besitzt nunmehr noch 25 Prozent. Die OMV soll Mubadala für den Kauf des 40-Prozent-Pakets 4,7 Milliarden Euro bezahlt haben.

Im April 2022 übernimmt ADNOC (Abu Dhabi National Oil Company) den 25-Prozent-Anteil von Mubadala.

Die Geschäftsbereiche von Borealis

Das 1994 künstlich von den beiden zwei Konzernen Neste Oil (Finnland) und Statoil (Norwegen) in Nordeuropa zusammengefügte Unternehmen Borealis ist heute einer der global führenden Anbieter von Polyolefinlösungen. Dabei geht es um Kunststoffe, die aus dem Prozess der Polymerisierung hervorgehen und für die unterschiedlichsten Industrien und Zwecke Verwendung finden.

Der Name des Unternehmens Borealis ist eine Anleihe aus der Wissenschaft. Das Polarlicht, in der Wissenschaft Aurora borealis genannt, ist der wissenschaftliche Begriff für das Nordlicht auf der Nodhalbkugel.

Etwa in der Automobilindustrie werden Polyolefinkunststoffe beispielsweise bei Stoßfängern, Karosserieteilen und Türverkleidungen eingesetzt. Im Energiebereich werden hochentwickelte Kunststoffe für Niedrig-, Höchst-, Hoch- und Mittelspannungs-Kabelanwendungen sowie Halbleiterprodukte verwendet. Oder auch Kunststoffrohre für Wasserleitungen. Bei Verbrauchsgütern in Haushalts- und Elektrogeräte werden Borealis-Kunststoffe eingesetzt. Ebenso in der Verpackungsgüterindustrie oder bei Gütern für die Health Care-Branche, wo Polyolefine für medizinische Geräte, pharmazeutische Produkte und als Verpackungen für Diagnostikprodukte eingesetzt werden.

Borealis sieht sich als europäischer Marktführer in den Bereichen Basischemikalien, Pflanzennährstoffe und mechanisches Recycling von Kunststoffen. Das Recycling von Kunststoffen und somit Wiederverwertung hat sich das Unternehmen groß auf die Fahnen geschrieben.

Die OMV-Tochter ist laut trend TOP 500: Österreichs größte Unternehmen [RANKING] nach Umsatz die Nummer 7 in der Alpenrepulik. Weltweit ist Borealis in über 120 Ländern aktiv. Das Headoffice des Unternehmens befindet sich in Wien. In den Innovationszentren in Linz (Österreich), Porvoo (Finnland), Stenungsund (Schweden) sowie dem Joint Venture Borouge in Abu Dhabi (UAE) werden die Produkte für die unterschiedlichsten Industrien und Branchen entworfen.

Jahr

Umsatz (in Mio. €)

+/- ggü. Vorjahr in %

2015

7.700

-7,56

2016

7.218,00

-6,26

2017

7.564,34

4,80

2018

8.337,13

10,22

2019

8.102,87

-2,81

2020

6.818,00

-15,86

2021

10.153,00

48,91

2022

12.225,00

20,41

Umsatzentwicklung Borealis 2015 - 2022

Borealis hat Produktionsstandorte in den elf Ländern Österreich, Belgien, Brasilien, Deutschland, Frankreich, Finnland, Italien, Niederlande, Schweden, Südkorea, USA. Dazu kommen noch das Joint Venture Borouge gemeinsam mit Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC) in Abu Dhabi (VAE) und Bayport Polymers gemeinsam mit TotalEnergies in Texas, USA.

Borouge, Borealis‘ Joint-Venture mit der Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC), betreibt einen der größten integrierten Polyolefin-Komplexe weltweit. Baystar, das Joint Venture mit dem US-Unternehmen TotalEnergies in Texas bedient den nordamerikanischen Kundenmarkt.

Die Borealis/Adnoc-Tochter Borouge hat kürzlich beim Börsengang rund 2 Mrd. Dollar erlösen können. Die Gelder sollen für die weitere Expansion in Asien verwendet werden. Borouge hat nun eine Marktkapitalisierung von 20,05 Mrd. Dollar und ist damit das sechstgrößte Unternehmen an der Abu Dhabi Securities Exchange (ADX). Der Börsengang sei der bisher größte in Abu Dhabi gewesen. Die Aktie war 42-fach überzeichnet.

Die neue Rolle von Borealis bei der Mutter OMV

Es war letztendlich ein Paukenschlag, dass der österreichischen Mineralölkonzern OMV im Herbst 2020 seinen Anteil von 36 Prozent beim Kunststoff- und Plastikkonzern Borealis auf über 75 Prozent erhöht und unter seine Fittiche genommen hat. Bis dahin hatte Borealis zu 64 Prozent im Eigentum von Mubadala gestanden, der staatlichen Beteiligungsgesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE).

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Borealis-Produktionsanlage in Schwechat

© Fotostudio Meister Eder

Angesichts der Klimawende hatte dies allerdings Beobachter und Experten weit weniger überrascht. Steht Österreichs teilstaatliche Mineralölkonzern OMV unter Druck bis zum Jahr 2050 aus fossilen Energieträgern komplett auszusteigen. Und das bisher angestammte Geschäft, die Produktion von Rohöl, Benzin und Diesel aufzugeben. Die OMV muss Ersatz für drohenden Umsatzausfälle schaffen.

In der OMV-Bilanz 2021 wurde die Tochter Borealis (OMV hält 75 Prozent der Anteile) erstmals vollkonsolidiert. Im Jahr 2022 trägt der Kunststoffkonzern mit einem Jahresumsatz von 12,225 Mrd. € bereits rund 18 Prozent zum Gesamtumsatz des OMV-Konzerns bei. Im Vorjahr waren es sogar 27 Prozent, im Jahr 2020 14 Prozent am Gesamtumsatz. Die Wachstumsaussichten sind weiterhin positiv, nachdem der Umsatz 2022 um 20,41 Prozent gestiegen ist (2021: 48 Prozent). Der Gewinn (EBIT) beläuft sich 2022 auf 1,076 Mrd. €, im Jahr davor waren es noch 1,512 Mrd. €.

Angesichts der Vielzahl von Patenten, dürfte Borealis noch einiges im Köcher haben. Mit 210 Patentanmeldungen für Basischemikalien, Pflanzennährstoffen und mechanischem Recycling für Kunststoffe wurde ein Plus von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr erzielt. Zudem ist Borealis auf Expansionstour in der Golfregion sowie in Asien. In insgesamt 120 Ländern ist das Unternehmen derzeit tätig.

Sesselrücken im Vorstand: Thomas Gangl neuer CEO

Die höchst profitable Tochter Borealis, mit ihrer relativ kurzen Firmengeschichte (Gründung 1994), scheint dafür bestens geeignet zu sein, um die Strategie der Mutter OMV auch nachhaltig zu verändern und mitzugestalten. Neuer Borealis CEO wurde Thomas Gangl. Er machte den umgekehrten Weg von Alfred Stern und kommt von der Konzernmutter OMV zu Borealis. Seit 2019 war Gangl OMV-Vorstandsmitglied und für den Bereich Refining & Petrochemical Operations der OMV verantwortlich. Gangl war insgesamt 20 Jahre bei der OMV. 1998 hatte er als Verfahrenstechniker bei OMV begonnen und war zwischenzeitlich Chef von OMV Deutschland.

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Thomas Gangl, CEO Borealis - zuvor Vorstandmitglied beim Mutterkonzern OMV.

© Borealis

Neo-OMV-Konzernchef Stern war zuvor von 2018 bis März 2021 CEO des Chemie- und Kunststoffkonzerns Borealis. Stern betonte zuletzt mehrfach, dass "die OMV vor dem größten Wandel der Unternehmensgeschichte steht“.

Der Ex-Borealis-Chef hat am 16. März 2022 für die OMV die Weichen neu gestellt. Das neue Credo der OMV-Strategie: Raus aus Öl und Gas. Und damit hat Stern keinen Zweifel daran gelassen, dass bei der OMV künftig die kleinere Borealis eine wichtige Rolle spielen wird.

Und dass der Ex-OMV-Topmanager Thomas Gangl der richtige Mann für den Transformationsprozess sein wird, steht bei langjährigen Weggefährten und Beobachtern außer Frage. Groß waren dementsprechend Vorschußlorbeeren für den 2022 neu nominierten Borealis-CEO. Er selbst hatte nebst seiner exzellenten Expertise im OMV-Konzern und darüber hinaus schon dafür gesorgt, dass er bei Borealis aufgrund seiner höchst kooperativen Art offene Türen vorfinden konnte - sowohl im Top-Management als auch bei den Blue-Collar-Workern in der Produktion.

Ich mache keine hierarchischen Unterschiede, das gilt genauso für die Raffineriearbeiter in Schwechat.

Thomas GanglCEO Borealis

Thomas Gangl

Gangl war sich schon zu seinen OMV-Zeiten nicht zu fein, auch dort hinauf oder hinunter zu steigen, wo man auch einmal schmutzige Hände bekommt und es nicht ganz so gemütlich ist wie in einem wohl temperierten Office oder erlauchten Gesprächszirkeln.

Ich bin selbst mitten in der Nacht, im Regen oder bei Minusgraden auf den Anlagen in Schwechat herumgeklettert. Es ist immer gut, zu wissen, wie sich das anfühlt. Diese Erfahrung hat sicher auch einen Einfluss darauf, wie man später mit Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen umgeht.

Thomas GanglCEO Borealis

Ganlg gilt als Beziehungsmensch, zielorientiert und pragmatisch. Er selbst stammt aus einfachen Verhältnissen aus einer Familie mit acht Kindern. Sparsamkeit galt für die Eltern als lebenswichtige Leitlinie, um das Leben der Großfamilie bewältigen zu können.

Gangl ist frei von Starallüren und entspricht so gar nicht dem Bild des karrierebesessenen Aufsteigers.

Andreas LamplChefredakteur trend

Jahr

Mitarbeiter

+/- ggü. Vorjahr in %

2015

6.500

0,00

2016

6.600

1,54

2017

6.600

0,00

2018

6.834

3,25

2019

6.869

0,51

2020

6.920

0,74

2021

6.934

0,20

2021

7.649

1,88

Mitarbeiterentwicklung Borealis 2015 - 2022

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