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Kündigung durch den Arbeitgeber: Wie Sie am besten reagieren

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Aktualisiert
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12 min

Die Kündigung: Der Alptraum jedes Mitarbeiters. Doch selbst dabei kann man noch jede Menge falsch machen. Damit man auf alle Eventualitäten gefasst ist: Die wichtigsten Tipps von einem AK-Juristen, der sich Tag täglich mit solchen Problemen befassen muss.

©Elke Mayr
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Was Mitarbeiter, die gekündigt werden, unbedingt verlangen sollten, warum es ratsam ist einen Betriebsrat bei zu ziehen, welche Tricks Arbeitgeber bei Kündigungen anwenden. Was man nach einer Kündigung auf keinen Fall tun sollten und wovon es abhängt, ob man gute Chancen hat, die Kündigung vor Gericht erfolgreich anzufechten.

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Gekündigt! Das fühlt sich zunächst an wie ein Schlag in die Magengrube. Doch muss man die Kündigung einfach hinnehmen? Darf man überhaupt einfach gekündigt werden? Muss ich die Kündigung gleich unterschreiben? Mit Fragen, wie diesen, die einem in dieser Situation durch den Kopf gehen, sollte man sich am besten schon vorab sicherheitshalber beschäftigen. Zumal manche Arbeitgeber mit allen Wassern gewaschen sind und selbst noch bei der Kündigung versuchen, die oft geschockten Mitarbeiter über den Tisch zu ziehen.

Wie wird eine Kündigung wirksam?

Damit eine Kündigung wirksam wird, ist nicht das Einverständnis des Arbeitnehmer Voraussetzung, sondern lediglich, dass diesem die Entlassung zugeht, also mitgeteilt wird. Dabei ist es irrelevant, ob man schriftlich, mündlich, per Mail oder in sonst irgendeiner Form ausgesprochen wird. Nur ganz wenige Kollektivverträge verlangen die Kündigung „eingeschrieben zugestellt“ – auch bekannt als „blauer Brief“. Sich einer Kündigung zu entziehen indem man die Annahme verweigert oder Widerspruch leistet, spielt es leider nicht. „Eine Kündigung ist immer eine einseitige Willenserklärung“, so Tomanek.

Welche Personen genießen einen besonderen Kündigungsschutz?

„Genießt man keinen besonderen Kündigungsschutz kann man immer gekündigt werden“, erklärt Alexander Tomanek, Jurist der Arbeiterkammer Wien. Einen besonderen Kündigungsschutz genießen nur Betriebsratsmitglieder, Schwangere, jene in Karenz oder Elternteilzeit, Präsenz- und Zivildiener und Behinderte, die mehr als 50 Prozent beeinträchtigt sind.

Das Kündigungsgespräch: So tappen Mitarbeiter in keine Falle

Muss eine Kündigung unterschrieben werden?

Einer der wichtigsten Punkte, die man während einer Kündigung beachten sollte: „Unterschreiben Sie nichts“, warnt Tomanek. Das Problem bei Kündigungen: Arbeitgeber überrumpeln nicht selten den Arbeitnehmer und „halten ihnen schnell ein Schriftstück unter die Nase, in dem man etwa auf weitere Ansprüche wie Auszahlung des Resturlaubs verzichtet“, erzählt der AK-Jurist. Doch was liegt, das pickt: „Wenn man einmal unterschrieben hat, lässt sich daran nichts mehr ändern“, so der Experte.

Unterschreiben Sie nichts!

Alexander TomanekJurist der Arbeiterkammer Wien

So verlangen Arbeitgeber immer wieder, dass noch in der Kündigungsfrist der gesamte Urlaub verbraucht werden muss, um sich die Ausbezahlung der Urlaubsersatzleistung zu ersparen. Tomanek: „Doch dazu kann einen niemand zwingen.“ Wenn man beispielsweise für die Dauer der Kündigungsfrist ohnehin freigestellt wird, ergibt es keinen Sinn für Arbeitnehmer in dieser Phase dann auch noch einen Urlaub zu konsumieren. Verbraucht man diesen nämlich nicht, wird der offene Urlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Urlaubsersatzleistung ausbezahlt.

Wenn man schon ahnt, dass man auf der Abschussliste steht und mit einer Kündigung rechnet oder auch nur zur Vorsicht, ziehen Sie den Betriebsrat zum Gespräch bei. Man weiß schließlich nie, ob der Arbeitgeber beispielsweise dem Arbeitnehmer Dinge unterstellt oder das Gespräch in anderer Hinsicht in eine fragwürdige Richtung geht. Notfalls unterbrechen Sie auch das Gespräch und holen ihn oder sie. Die Rolle des Betriebsrats ist nicht zu unterschätzen. Er fungiert als Anwalt des Beschäftigten. Auch vor Gericht hat seine Aussage entsprechendes Gewicht. „Doch in den meisten Fällen ist das Beiziehen des Betriebsrates zum Kündigungsgespräch nicht nötig“, beruhigt Tomanek.

Verlassen Sie ihren Arbeitsplatz nur, wenn Sie dazu schriftlich aufgefordert werden.

Alexander TomanekJurist der Arbeiterkammer Wien

Was man nach einer Kündigung auf keinen Fall tun sollte

Zweiter wichtiger Punkt bei einer Kündigung: Lassen Sie sich die Kündigung unbedingt schriftlich geben. Und: Gehen Sie nicht nach Hause, wenn Sie gekündigt worden sind, selbst wenn Sie sofort freigestellt werden. AK-Jurist: „Verlassen Sie Ihren Arbeitsplatz nur, wenn Sie dazu schriftlich aufgefordert werden."

Regelmäßig taucht in der Beratung der AK die Streitfrage auf: Hat mich der Arbeitgeber nach Hause geschickt – oder bin ich einfach „abgehauen“? Hat man eine schriftliche Dienstfreistellung in Händen, hat man später kein Problem das auch zu beweisen. Andernfalls kann der Arbeitgeber das Verlassen des Arbeitsplatzes als Arbeitsverweigerung auslegen und die Kündigung in eine fristlose Entlassung umwandeln. In diesem Fall endet das Arbeitsverhältnis ohne Frist, sprich sofort. Ist man noch im System Abfertigung alt, ist die dann verloren. Arbeitnehmer verlieren in einem solchen Fall auch den aliquoten Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld.

Was gleich nach der Kündigung zu tun ist

1. Sofort zum Betriebsrat - wie hat er sich zur Kündigung geäußert?

Der erste Weg nach einer Kündigung sollte der zum Betriebsrat sein. Fragen Sie ihn, ob er vor der Kündigung vom Arbeitgeber informiert worden ist und wie er sich zur Kündigung geäußert hat. „Damit hat man auch bessere Karten in einem möglichen Anfechtungsverfahren“, weiß Tomanek. Der Betriebsrat kann sogar von sich aus eine Kündigung anfechten.

2. Juristischen Rat einholen

Als Nächstes sollte man zum Hörer beziehungsweise zum Handy greifen und sich ersten rechtlichen Rat einholen. Dafür stehen Gewerkschaft, Arbeiterkammer oder Rechtsanwälte bereit. AK-Experte: „Ich rate bei Kündigungen immer bei uns oder anderswo juristischen Rat einzuholen. Damit agieren Betroffene wieder auf Augenhöhe mit dem Arbeitgeber, denn schließlich hat sich dieser auch vor Ausspruch der Kündigung bei seinen Rechtsvertretern rechtlich eingehend informiert.“
Viele Gekündigte tun das auch reflexartig und holen juristischen Rat ein. „Viele stehen noch unter Schock, wenn sie bei uns anrufen. Wir agieren dann wie nach einem Unfall wie eine Art Notfallambulanz und übernehmen die Erstversorgung“, erzählt Tomanek, der gemeinsam mit 75 Arbeitsrechts-Juristen der AK Wien, täglich solche und andere Probleme behandelt. „Was bei Ärzten das blutstillende Pflaster ist, stellt bei uns ein erstes Schreiben an den Arbeitgeber dar, damit alle Ansprüche geltend gemacht werden und nicht mehr verfallen bzw. verjähren können.“

Die erste Notfallmaßnahme ist, wenn der Arbeitnehmer beispielsweise nach der Kündigung den Arbeitsplatz ohne schriftliche Aufforderung verlassen musste. Tomanek: „Dann setzen wir ein Schriftstück auf, indem wir darauf hinweisen, dass der Arbeitnehmer arbeitswillig und arbeitsbereit ist.“

Wir agieren wie eine Art Notfallambulanz.

Alexander TomanekJurist der Arbeiterkammer Wien
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Wenn Arbeitnehmer ihre Kündigung nicht hinnehmen wollen, kann der Gang vors Gericht der letzte Ausweg sein.

© iStock

Voraussetzungen zur Anfechtung einer Kündigung

Innerhalb von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt zu der man die Kündigung erhalten hat, kann der Arbeitnehmer diese beim Arbeits- und Sozialgericht anfechten.

Gründe, eine Kündigung anzufechten sind, dafür verpönte Motive wie:

  • Die Vorbereitung auf eine Betriebsratswahl

  • Die Tätigkeit in einer Gewerkschaft

  • Die Geltendmachung von Ansprüchen

  • Sozialwidrigkeit, laut Arbeiterkammer mit Abstand der häufigste Grund für eine Anfechtung

Die Anfechtung wegen Sozialwidrigkeit muss man sich wie ein großes Mosaik vorstellen. Es gibt hier verschiedenste Faktoren, die vom Senat beim Arbeits- und Sozialgericht berücksichtigt werden. Unbedingte Voraussetzung ist aber jedenfalls eine zumindest sechsmonatige Beschäftigungsdauer beim Arbeitgeber

Als Checkliste wie gut die Chancen vor dem Arbeits- und Sozialgericht stehen, rät Tomanek Betroffenen sich folgende Fragen zu beantworten:

  • Wie alt bin ich? Je älter, desto schwieriger ist es, einen neuen Job zu finden. Die oft zitierte Regel, dass man ab 50 einen Kündigungsschutz hat, steht jedoch in keinem Gesetz, widerlegt Tomanek einen der häufigsten Irrtümer im Arbeitsrecht.

  • Welche Ausbildungen habe ich?

  • Wie viel habe ich bisher verdient?

  • Habe ich Schulden?

  • Bin ich für Kinder und (Ex-)Ehepartner finanziell verantwortlich?

  • Wie hat sich der Betriebsrat zur Kündigung geäußert?

  • Wurde meine Stelle bereits nachbesetzt oder zumindest ausgeschrieben?

  • Welche Gründe gab es überhaupt für die Kündigung? Gab es nachweisbare wirtschaftliche Gründe? Oder lag es an der Person des Arbeitnehmers?

Im Grund geht es darum herauszufinden, wie lange es dauern würde, bis der Gekündigte auf dem Arbeitsmarkt eine adäquate Arbeit finden könnte. „Je älter man ist, desto schlechter die Ausbildung und umso höher das Gehalt und umso geringer die Chancen anderswo einen adäquaten Job zu bekommen, umso besser die Chancen auf einen positiven Verfahrensausgang“, sagt Tomanek. Ein Beispiel ist etwa ein Schulabbrecher, der bei einer Versicherung aufgrund seines Verkaufstalents Karriere gemacht hat und zum Zeitpunkt der Kündigung zu den Topverdienern zählt. Der wird so leicht keinen ähnlichen Job mit dieser hohen Bezahlung bekommen.

Entscheidet das Gericht, dass die ausgesprochene Kündigung sozialwidrig ist, darf man beim bisherigen Arbeitgeber weiter arbeiten.

Kommt der Senat jedoch zur gegenteiligen Ansicht, bleibt es bei der Kündigung. Zwischen diesen beiden Entscheiden kann es aber auch zu Vergleichen kommen, sprich der Arbeitgeber kauft sich quasi frei, indem er dem gekündigten Mitarbeiter eine finanzielle Entschädigung (meist freiwillige Abfertigung) bezahlt.

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