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Rücktrittsrecht beim Kauf am Messestand

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Von einem Kauf bei einer Messe zurückzutreten ist aus rechtlicher Sicht fast nicht möglich.©istock
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Bei einem Kauf im Rahmen einer Messe gelten im Normalfall die gleichen Regeln wie in Geschäftslokalen. Der OGH und der EuGH haben jüngst Entscheidungen zum Rücktrittsrecht am Messestand getroffen. Die Juristen der D.A.S. Rechtsschutz AG nehmen zu den Folgen dieser Entscheidungen Stellung und fassen den Status quo zusammen.

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Nicht zu voreiligen Kaufentscheidungen verleiten lassen
Zu fast jeder Jahreszeit finden in Österreich Messen statt, auf denen Produkthersteller und Händler Produkte vorstellen oder diese mit zuweilen verlockenden Rabatten zum Kauf anbieten. Die Interessenten sollten sich von den vermeintlich guten Angeboten jedoch nicht zu voreiligen Kaufentscheidungen verleiten lassen. Auch jüngst getroffenen Entscheidungen des OGH und des EuGH zufolge ist das Rücktrittsrecht nämlich deutlich eingeschränkt.

Ein Beispiel: Herr M. kauft auf einem Messestand einen exklusiven Staubsauger, für den ihm auch ein hoher Messediskont eingeräumt wird. Zu Hause bemerkt er allerdings, dass der Staubsauger für seine Wohnung zu groß dimensioniert ist. Ein kleinerer hätte völlig gereicht und er fragt, ob er vom Kauf am Messestand zurücktreten kann.

Kein 14-tägiges Rücktrittsrecht
Den Juristen der D.A.S. Rechtsschutz AG zufolge ist das angesichts der geltenden Rechtslage zum Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz eher schwierig. Einen Automatismus vergleichbar dem Online-Handel mit einem 14-tägigen Rücktrittsrecht gibt es jedenfalls nicht. „Bei einer Messe einen Kaufvertrag zu unterschreiben, sollte daher wohl überlegt sein“, lautet die Empfehlung der Juristen. Besser sei es, Produkte und Preise eingehend zu vergleichen, anstatt sich zu vorschnellen Vertragsunterzeichnungen hinreißen zu lassen – selbst wenn ein hoher Messerabatt winkt.

Mit Verkauf in einem Geschäft gleichgestellt
Ein Rücktritt gemäß dem Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz würde voraussetzen, dass ein Geschäft zumindest im Rahmen eines Fernabsatzvertrags oder ein Vertrag, jedoch außerhalb von Geschäftsräumen, abgeschlossen wurde. Bei einem Kauf auf einer Messe liegt zwar auf den ersten Blick die Variante „außerhalb von Geschäftsräumen“ nahe, doch die Entscheidungen des EuGH und OGH zeigen, dass der Kauf auf einem Messestand tendenziell nicht als ein Auswärtsgeschäft eingestuft wird.

Rücktrittsrecht, wenn Besucher an Messestand gelockt wird
Ein Rücktritt wäre unter Umständen begründbar, wenn ein Firmenmitarbeiter einen Messebesucher gezielt anspricht und zum Stand des Unternehmens lotst. Ein Urteil des Obersten Gerichtshofs macht jedoch auch darauf wenig Hoffnung. So müssen Verbraucher laut OGH bei einem Messebesuch damit rechnen, mit Ausstellern und Verkäufern in Kontakt zu kommen. Demnach befindet sich der Verbraucher in einer ähnlichen Situation wie in einem Geschäftslokal des Ausstellers. Ausgehend von dieser Entscheidung sowie der Verbraucherrechte-Richtlinie ist daher in den meisten Fällen davon auszugehen, dass auf Messeständen geschlossene Verträge nicht widerrufen werden können. Auch das OLG Karlsruhe zog diese Kriterien bereits als Entscheidungsgrundlage heran.

Von hohem Rabatt überrumpelt?
Bleibt die Frage, ob es einen Unterschied macht, wenn die Kunden durch exklusive und besonders hohe Messerabatte zum Kauf verlockt werden. „Es ist schwierig zu sagen, ob der OGH davon ausgehen würde, dass die Verbraucher von diesen Messerabatten überrumpelt sein könnten. Denn solche erhalten die Verbraucher nur am Tag der Messe, nicht aber beim Einkauf in einem stationären Geschäftslokal, was eher für einen Überrumpelungseffekt sprechen könnte“, argumentieren die D.A.S. Rechtsexperten.

Besondere Lockangebote künftig als Rücktrittsargument?
Laut dem Obersten Gerichtshof könnte aber auch argumentiert werden, dass dem Verbraucher klar sein müsste, dass bei Messen besondere Preisnachlässe angeboten werden. „Vielleicht werden weitere Gerichtsentscheidungen zeigen, inwieweit es möglich ist, doch von einem Kauf auf der Messe zurücktreten“, hoffen die D.A.S. Juristen.

EuGH gibt groben Leitfaden zum Rücktrittsrecht bei Messekauf
Bemerkenswert ist auch eine jüngere Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). „Diese könnte großen Einfluss auf die weitere österreichische Gerichtspraxis haben“, betonen die D.A.S. Experten. Demnach wäre es Sache des nationalen Gerichts, das Erscheinungsbild des betreffenden Messestandes, das sich dem Durchschnittsverbraucher bietet, ebenso in die Beurteilung mit einzubeziehen, wie die Informationen, die dort geboten werden. Auch andere Umstände rund um das Unternehmen sollen in die Beurteilung, ob ein Rücktrittsrecht gewährt wird oder nicht, mit einbezogen werden.

Der EuGH hat damit einen Leitfaden vorgegeben, welche Kriterien bei einem Rücktritt von einem Kaufvertrag zu prüfen sind. „Was darunter jedoch genau zu verstehen sein wird, werden die nationalen Gerichte beurteilen müssen“, so die D.A.S. Juristen.

Weitere aktuelle Informationen rund um Ihr Recht finden Sie zusammengefasst im Thema "Rechtstipps" sowie auf der Webseite der D.A.S. Rechtsschutz AG.

Über die D.A.S. Rechtsschutz AG:
Seit 1956 ist die D.A.S. Rechtsschutz AG mit Spezialisierung auf Rechtsschutzlösungen für Privatpersonen und Unternehmen in Österreich tätig. Als unabhängiger Rechtsdienstleister bietet sie umfassenden Versicherungsschutz, fachliche Betreuung durch hochqualifizierte juristische Mitarbeiter und beispielgebende RechtsService-Leistungen wie die D.A.S. Direkthilfe® und D.A.S. Rechtsberatung an. Der Firmensitz des Unternehmens befindet sich in Wien. Die rund 400 Mitarbeiter stehen Kunden in ganz Österreich zur Verfügung. Die D.A.S. Rechtsschutz AG agiert als Muttergesellschaft der D.A.S. Tschechien (seit 2014). In den vergangenen Jahren hat die D.A.S. Österreich ihre starke Marktposition als Rechtsschutzspezialist gefestigt und wird bereits seit 2009 jährlich mit einem stabilen A-Rating durch Standard & Poor’s bewertet.

Seit 1928 steht die D.A.S., das Original für Rechtsschutz, für Kompetenz und Leistungsstärke im Rechtsschutz. Heute agieren D.A.S. Gesellschaften in mehr als 10 Ländern weltweit. Sie sind die Spezialisten für Rechtsschutz der ERGO Group AG, einer der großen Versicherungsgruppen in Deutschland und Europa.

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