Nachhaltigkeitsberichte: Ab 2017 verpflichtend

Für Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sind ab 2017 in der EU Nachhaltigkeitsberichte zwingend vorgeschrieben. Viele der betroffenen Unternehmen haben bisher keinen gemacht. In welchen Bereichen der größte Nachholbedarf ist.

Nachhaltigkeitsberichte: Ab 2017 verpflichtend

Nur jedes zweite börsennotierte österreichische Unternehmen berichtet detailiert über Nachhaltigkeit.

Bisher scheinen viele Firmen dem Jahr 2017 sorglos entgegen zu sehen, was die neuen Vorschriften für Nachhaltigkeitsberichte betrifft. Diese Berichte sind für Unternehmen oft noch ein Buch mit sieben Siegeln, um das sie bisher einen weiten Bogen gemacht haben. Doch 2017 ist damit Schluss.

Ab dem Geschäftsjahr 2017 müssen laut einer neuen EU-Richtlinie alle Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern, die im öffentlichen Interesse stehen – also börsenotierte Unternehmen, Unternehmen aus dem Finanz- und Versicherungssektor und Unternehmen von erheblicher öffentlicher Bedeutung jährlich einen Nachhaltigkeitsbericht abliefern. Sie müssen künftig detailliert über ihre Aktivitäten im ökologischen und sozialen Bereich berichten. Grundlage dafür ist die EU-Richtlinie über nichtfinanzielle Informationen und Diversität (NFI-RL), die bis Dezember 2016 in nationales Recht umgewandelt werden muss.

Begutachtung für Gesetzesentwurf

Das österreichische Justizministerium hat dazu als Richtlinie das „Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG)“ veröffentlicht. Am Montag, 14. November 2016, endet die Frist für Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf. Dieser sieht vor, dass große Unternehmen von öffentlichem Interesse, die im Durchschnitt eines Geschäftsjahres mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen, auch eine Erklärung über nichtfinanzielle Informationen wie Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung abgeben.

Die Veröffentlichung dieser Erklärung kann entweder im Lagebericht selbst oder in einem separaten „Nichtfinanziellen Bericht“ erfolgen. Dieser muss zwar nicht zum gleichen Zeitpunkt wie Jahresabschluss und Lagebericht sowie Corporate-Governance-Erklärung vorgelegt werden, allerdings gelten für die anschließende Offenlegung dieselben Fristen wie für den Jahresabschluss selbst. Der Vorstand muss dem Aufsichtsrat den Nachhaltigkeitsbericht zur Prüfung vorlegen. Es gibt zwar keine inhaltliche Prüfpflicht durch den Abschlussprüfer, allerdings muss das Vorliegen der nichtfinanziellen Erklärung oder des nichtfinanziellen Berichts bestätigt werden.

120 Unternehmen in Österreich betroffen

Die Richtlinie und ihre nationalen Umsetzungen werden einen erheblichen Einfluss auf die Berichterstattung der betroffenen Unternehmen haben“, analysiert Brigitte Frey, Partnerin bei EY Österreich. In Österreich gelten die neuen Regeln für rund 120 Unternehmen, EU-weit sind es ungefähr 6.000. Viele Unternehmen werden ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung umstellen müssen. Frey: „Betroffene Unternehmen sollten besser früher als später mit der Vorbereitung starten, damit die Bemühungen auch Erfolg bringen.“

Um festzustellen, wie gewissenhaft die Unternehmen, die Nachhaltigkeitsberichterstattung bereits bisher nehmen, hat EY hat die Nachhaltigkeitsberichterstattung der wichtigsten Unternehmen Österreichs unter die Lupe genommen. Dafür wurden die 100 Top-Unternehmen Österreichs und jeweils die fünf Top-Kreditinstitute und -Versicherungen und 19 öffentliche Unternehmen mit mehr als 500 Millionen Euro Umsatz analysiert.

Jedes vierte große Unternehmen veröffentlicht Nachhaltigkeitsbericht

Nur etwas mehr als jedes vierte Unternehmen (26%) publizierte 2015 einen Nachhaltigkeitsbericht, in den drei Jahren davor waren es de facto genau so viel (25 %). Von diesen Unternehmen entschied sich rund ein Drittel (31%), die Nachhaltigkeitsberichterstattung in den Geschäftsbericht zu integrieren – deutlich mehr als noch im Jahr davor (22%). Außerdem setzen sie immer öfter auf externe Prüfung: Rund die Hälfte (48%) der veröffentlichten Berichte wurde von unabhängigen Dritten unter die Lupe genommen.

Mit Abstand am häufigsten wenden heimische Top-Unternehmen dabei die Leitlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung der Global Reporting Initiative (GRI) an: 86 Prozent der Berichte, und damit noch etwas mehr als im Vorjahr (82%), wurden nach dem Standard erstellt.

Nur jedes zweite börsennotierte Unternehmen berichtet detailliert über Nachhaltigkeit

Von den 39 am 21. Dezember 2015 im ATX-Prime notierten Unternehmen veröffentlichte 2015 nur jedes Zweite einen Nachhaltigkeitsbericht. Zwar gab es im Vergleich zum Vorjahr einen deutlichen Anstieg von 42 Prozent auf 51 Prozent, womit seit 2011 ein stetiger Aufwärtstrend zu beobachten war – allerdings würde damit immer noch knapp die Hälfte der ATX-Prime-Unternehmen nicht den ab 2017 in Kraft tretenden Berichtspflichten entsprechen.

Auch bei den Nachhaltigkeitsberichten der ATX-Prime-Unternehmen dominiert klar der GRI-Standard, der bei 90 Prozent der Berichte zum Einsatz kommt. 60 Prozent der Unternehmen veröffentlichen einen eigenen Bericht, bei 40 Prozent ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung in den Geschäftsbericht integriert – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr (31%). Knapp mehr als die Hälfte der Berichte wurde extern geprüft.

Deutlicher Rückgang bei Nachhaltigkeitsberichten öffentlicher Unternehmen

Im Segment der öffentlichen Unternehmen gab es hingegen einen markanten Rückgang: 2015 veröffentlichte von jenen 19 Unternehmen, die zu mehr als 50 Prozent im Besitz der öffentlichen Hand sind und einen jährlichen Umsatz von über 500 Millionen Euro erwirtschaften, nur noch knapp ein Drittel (32%) einen Nachhaltigkeitsbericht, im Jahr davor waren es immerhin noch 47 Prozent. Damit liegen öffentliche Unternehmen in Österreich erstmals hinter den ATX-Prime-Unternehmen. Alle veröffentlichten Berichte beruhen auf dem GRI-Standard, ein Drittel hat die Nachhaltigkeitsberichterstattung in den Geschäftsbericht integriert. Auffällig: zwei Drittel (67%) aller Nachhaltigkeitsberichte öffentlicher Unternehmen wurden extern geprüft – das ist mit Abstand der höchste Anteil in allen Segmenten.

Versicherungsbranche mit massivem Aufholbedarf

Im Rahmen der EY-Analyse der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Österreich wurde besonderes Augenmerk auf die Versicherungsbranche gelegt. In dieser Branche sind alle Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern ab dem Geschäftsjahr 2017 zur nichtfinanziellen Berichterstattung im Lagebericht verpflichtet. Eine Analyse der Top-8-Versicherer, die insgesamt 92 Prozent des Marktes abdecken, zeigt massiven Aufholbedarf. EY-Partnerin Brigitte Frey dazu: „Die Offenlegung von bzw. Berichterstattung über Nachhaltigkeitsthemen scheint noch kein Thema in der Versicherungsbranche zu sein. Kein einziger großer Versicherer hat im letzten Jahr annähernd ausreichend Informationen vorgelegt, die den Anforderungen der NFI-Richtlinie entsprechen. Verlangt werden unter anderem die Offenlegung von Risiken in den Bereichen Umwelt, Soziales und Arbeitnehmer, Menschenrechte sowie Korruption und Bestechung oder von Zielen und Maßnahmen zur Steuerung – diese Punkte erfüllt momentan keines der Top-Versicherungsunternehmen mit Sitz in Österreich.“

Relevanz insgesamt deutlich gestiegen

Die Relevanz der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist in den vergangenen Jahren insgesamt erheblich gestiegen: So zeigt eine kürzlich veröffentlichte EY-Studie, dass bereits ein Viertel (24%) der Investoren ihre Investitionsentscheidungen aufgrund von nichtfinanziellen Kennzahlen treffen. Gleichzeitig geben aber fast zwei Drittel (64%) der Investoren an, dass Unternehmen ihre nichtfinanziellen Kennzahlen gar nicht oder nicht ausreichend ausweisen.

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