Fotos im Internet: EuGH-Urteil stärkt Urheberrecht
LEGAL COMMENTARY: Ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs stellt die Verwendung von urheberrechtlich geschützten Fotos im Internet klar und stärkt den Urheberschutz. Rechtsanwalt Georg Kresbach von Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & CoKG erklärt das Urteil und seine Konsequenzen.
Rechtsanwalt Georg Kresbach
Serie Legal Commentary
In der Serie "Legal Commentary" in Kooperation mit Wolf Theiss Rechtsanwälte geben Anwälte der Kanzlei Kommentare bzw. Erläuterungen zu aktuellen juristischen Entscheidungen, neuen rechtlichen Bestimmungen und weiteren juristischen Themen. Bereits erschienene Artikel:
In einem ganz neuen Urteil vom 7.8.2018 (C-161/17) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschieden, dass die Verwendung eines Fotos, das zunächst mit Zustimmung des Fotografen im Internet veröffentlicht worden ist, durch einen anderen Nutzer im Internet das Urheberrecht des Fotografen verletzt und damit unzulässig ist. Mit dieser Entscheidung wird klargestellt, dass im Internet veröffentlichte Fotos – wie auch andere urheberrechtlich geschützte Werke – nicht frei nutzbar sind, und zwar auch dann nicht, wenn sie ursprünglich mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht worden sind. Das Urteil des EuGH stärkt somit das Urheberrecht im Internet und schränkt so die freie Verwendung von geschützten Fotos (und anderer geschützter Werke) maßgeblich ein.
Der dieser Entscheidung des EuGH zugrunde liegende Sachverhalt ist schnell erzählt: Eine Schülerin in Deutschland hat im Rahmen einer von ihrer Schule angebotenen Spracharbeitsgemeinschaft ein Referat erstellt, in das sie zur Illustration eine von einem Fotografen angefertigte Fotografie aufgenommen hat. Die Schülerin hatte diese Fotografie von der Website eines Reisemagazin-Portals heruntergeladen. Das Schülerreferat war dann auf der Website der Schule für jedermann zugänglich und abrufbar. Der Fotograf, der darin eine unzulässige öffentliche Widergabe seines Fotos und folglich eine Verletzung seines Urheberrechts sah, klagte auf Unterlassung und Bezahlung einer angemessenen Entschädigung und bekam vom EuGH Recht.
Im Ergebnis ist die Entscheidung des EuGH wenig überraschend: Denn Art 3 Abs 1 der hier einschlägigen Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ("Info-Richtlinie") räumt dem Urheber das ausschließliche Recht ein, die öffentliche Wiedergabe seiner geschützten Werke zu erlauben oder zu verbieten. Jede Nutzung eines Werks durch einen Dritten ohne eine vorherige Zustimmung des Urhebers dieses Werks verletzt daher dessen Urheberrechte. Diese Bestimmung der Info-Richtlinie wurde vom EuGH bisher so ausgelegt, dass dann, wenn ein geschütztes Werk für ein "neues Publikum" zugänglich wurde, also im Internet für ein Publikum abrufbar ist, das der Urheber bei der erstmaligen Veröffentlichung im Internet nicht vor Augen hatte, dies die Rechte des Urhebers verletzt.
Die Begründung des EuGH
Folglich war im gegenständlichen Anlassfall strittig und vom EuGH zu klären, ob dadurch, dass das besagte Foto (als Bestandteil des Schülerreferats) nicht mehr nur auf dem Portal des Reisemagazins, sondern auch auf der Website der Schule abrufbar war, dieses Foto für ein "neues Publikum" zugänglich gemacht wurde. Der EuGH bejahte dies mit folgender Begründung:
- Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk auf einer anderen Website als die, auf der die ursprüngliche Wiedergabe mit Zustimmung des Urheberrechtsinhabers erfolgt ist, eingestellt, dann ist dies als eine Zugänglichmachung für ein neues Publikum einzustufen. Denn in einem solchen Fall besteht das Publikum, an das der Urheberrechtsinhaber gedacht hatte, als er der Wiedergabe seines Werks auf der Website zugestimmt hatte, auf der es ursprünglich veröffentlicht wurde, nur aus den Nutzern dieser Website und nicht aus den Nutzern der Website, auf der das Werk später ohne seine Zustimmung eingestellt worden ist, oder sonstigen Internetnutzern. An diesem Ergebnis ändert im Übrigen auch nichts der Umstand, ob der Rechteinhaber die Nutzung seines Werks durch andere im Internet ausdrücklich untersagt hat oder nicht.
Anders würde jedoch nach Ansicht des EuGH der Fall liegen, wenn die Zugänglichmachung geschützter Werke über einen anklickbaren Hyperlink erfolgt, der auf jene Website verweist, auf der die ursprüngliche Veröffentlichung eines Werks erfolgte. In einer solchen Konstellation vertritt der EuGH weiterhin die Auffassung, dass das Zielpublikum der ursprünglichen Wiedergabe alle potenziellen Besucher der betreffenden Seite sind und die Werke daher für sämtliche Internetnutzer frei zugänglich sind. Ist daher auf einer Website z.B. ein geschütztes Foto über einen anklickbaren Link, der zur ursprünglichen Veröffentlichung des Fotos im Internet verweist, abrufbar, dann stellt dies weiterhin keine Wiedergabe der fraglichen Werke für ein neues Publikum dar und ist somit zulässig.
Achtung bei der Zweitverwendung
Von diesem Grundsatz besteht allerdings eine wichtige Ausnahme: War das geschützte Werk auf der ursprünglichen Website nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich (z.B. durch Einrichtung einer pay-wall oder anderer vergleichbarer Zugangsbeschränkungen), dann wäre auch das Verlinken auf solche Werke unzulässig; in einem solchen Fall würde das geschützte Werk nämlich (auch) für solche Internetnutzer zugänglich gemacht werden, die sich den ursprünglichen vom Urheber gesetzten Zugangsbeschränkungen nicht unterworfen haben und somit ein neues, weil "anderes" Publikum darstellen.
Der vom EuGH in der vorliegenden Entscheidung bekräftigte Grundsatz, dass im Internet veröffentlichte Fotos, aber auch andere urheberrechtlich geschützte Werke nicht frei nutzbar sind, gilt im Übrigen für jede Form der "Zweitverwertung" im Internet: Auch die Verwendung eines Fotos, das von einer Website heruntergeladen wurde, um seinen eigenen Geschäftsauftritt auf Social Media Plattformen (Facebook, Pinterest Instagram odgl.) zu optimieren, verletzt das Urheberrecht des Rechteinhabers und ist unzulässig. Der verletzte Urheber könnte die sofortige Unterlassung einer solchen Verwendung seiner Fotos verlangen und zudem Entschädigungsforderungen geltend machen.
Zur Person
Georg Kresbach ist Rechtsanwalt und Partner bei Wolf Theiss Rechtsanwälte und Spezialist für die Bereiche Datenschutz & Cybersecurity, geistiges Eigentum, Telekommunikation, Medien & Technologie sowie für Handel, Großhandel und Konsumergüter, Gesundheitswesen und Pharma.