Betriebsübernahme und Corona: Wann ein Rückzieher möglich ist (1)
Einen Betrieb zu übernehmen ist Kraftakt, der auch aus finanzieller Sicht gut überlegt sein will. Rechtsanwält Daniel Kocab von der Kanzlei Lansky, Ganzger & Partner ist der Frage nachgegangen, unter welchen Voraussetzungen Käufer Rückzieher machen können, wenn zuvor gemachte Bewertungen und Prognosen zur Geschäftsentwicklung wegen der Corona-Krise nicht mehr stimmen.
Das Coronavirus und dessen Folgen haben Auswirkungen auf zahlreiche Rechtsbereichen und die Wirtschaft. Auch Unternehmenserwerbe können indirekt von den wirtschaftlichen Folgen des Virus betroffen sein. Käufer stellen sich vor allem dann die Frage nach der Möglichkeit des Rücktritts vom Kaufvertrag, wenn die Transaktion noch nicht vollzogen wurde, also das Closing noch nicht erfolgte.
Rechtsanwalt Daniel Kocab von der Kanzlei Lansky, Ganzger & Partner hat untersucht, unter welchen Voraussetzungen es für den Käufer möglich ist, wann das schwieriger oder vielleicht sogar gänzlich unmöglich ist und liefert die entsprechenden Erklärungen und Begründungen dafür.
Im ersten Teil widmet er sich der Frage nach der Möglichkeit des Abbruchs des Verkaufs, wenn dieser noch nicht vollzogen wurde.
Szenario: Ich befinde mich in Verhandlungen mit dem Verkäufer eines Unternehmens.
Frage:
Drohen mir rechtliche Konsequenzen - zum Beispiel Schadenersatz, wenn ich die Verhandlungen aufgrund des Coronavirus abbreche?
Antwort:
Grundsätzlich nein! Zwar darf man nicht grundlos den Abschluss eines Vertrags verweigern, wenn man bereits ernsten Abschlusswillen bekundet hat und die andere Partei Dispositionen im Hinblick auf den gezeigten Abschlusswillen getätigt hat. Jedoch hat das Virus massive negative Folgen auf die Wirtschaft, wodurch die Weigerung des Käufers den Kaufvertrag abzuschließen nicht grundlos wäre. Es gilt in diesem Fall die Vertragsfreiheit. Der Vollständigkeit halber: die Verhandlungen müssen grundsätzlich auch nicht wieder aufgenommen werden, wenn sich die Situation um das Virus entspannt
Szenario: Ich habe eine Absichtserklärung mit dem Verkäufer abgeschlossen.
Frage:
Kann ich den Abschluss des Hauptvertrages dennoch verweigern?
Antwort:
Grundsätzlich ja! In der Regel entfaltet eine reine Absichtserklärung keine Bindungswirkung – es besteht somit nicht die Verpflichtung zum Abschluss des Hauptvertrags. Aber Vorsicht: obwohl eine Absichtserklärung in den meisten Fällen keine Bindungswirkung entfaltet, kann diese bei entsprechender Formulierung auch als Vorvertrag interpretiert werden. Dann wäre die Verweigerung des Abschlusses des Hauptvertrags nicht mehr ohne rechtliche Konsequenzen möglich. Der Verkäufer könnte dann auf den Abschluss des Hauptvertrags klagen. Hier wäre somit eine nähere Einzelfallbetrachtung erforderlich
Szenario: Ich habe eine Absichtserklärung abgeschlossen, die auch eine Vertragsstrafe (Break-up Fee) für den Käufer enthält.
Frage:
Die Break-up Fee wird laut Absichtserklärung fällig, wenn der Käufer Vertragsverhandlungen einseitig abbricht. Was ist, wenn ich als Käufer die Verhandlungen aufgrund des Coronavirus abbreche?
Antwort:
Absichtserklärungen enthalten häufig eine betragsmäßig bestimmte Break-up Fee, wenn eine Partei die Verhandlungen einseitig abbricht. Dadurch soll vor allem die Berechnung des Schadenersatzes entfallen, da diese in der Praxis schwierig ist.
Ob eine Zahlungspflicht der Break-up Fee besteht, hängt vom Wortlaut der Klausel ab. Gilt die Klausel nur bei einem grundlosen Abbruch von Vertragsverhandlungen, wird der Ausbruch einer Pandemie wie dem Coronavirus keinen grundlosen Abbruch von Vertragsverhandlungen darstellen. Die Vertragsstrafe würde dem Verkäufer somit nicht zustehen.
Anders jedoch, wenn bereits ein einseitiger Abbruch von Verhandlungen für die Break-up Fee genügt und der Grund für den Abbruch dabei irrelevant ist. Zwar würde eine Abschlusspflicht des Hauptvertrags auch weiterhin für den Käufer nicht bestehen, wenn der Absichtserklärung keine Bindungswirkung zukommt.
Ob der Käufer aber eine Vertragsstrafe zahlen müsste, wäre im Einzelfall genauer zu prüfen.
Szenario: Ich habe eine Absichtserklärung abgeschlossen, die eine Exklusivitätsklausel vorsieht.
Frage:
Was passiert, wenn der Verkäufer trotz Exklusivitätsklausel nach einiger Zeit mit einem neuen potenziellen Interessenten in Vertragsverhandlungen eintritt?
Antwort:
Exklusivitätsklauseln finden sich sehr häufig in Absichtserklärungen und verbieten dem Verkäufer Parallelverhandlungen zu führen. Der Käufer investiert nämlich viel Zeit und Geld in die Transaktion (z.B. Kosten für die Due Diligence). Aus diesem Grund soll der Verkäufer keine Verhandlungen mit anderen Interessenten parallel führen dürfen.
Die Dauer der Exklusivität ist zeitlich beschränkt. Oft sehen die entsprechenden Klauseln bezüglich der Dauer der Exklusivität ein konkretes Datum oder einen Zeitraum vor.
Ist die Dauer der Exklusivität nicht zu lange und somit rechtlich zulässig, hat sich der Verkäufer grundsätzlich daran zu halten. Dies auch dann, wenn die Absichtserklärung früher beendet wird und die Parteien nichts gegenteiliges regeln. Deshalb sollte die Exklusivität mit der Beendigung der Absichtserklärung durch den Käufer ebenfalls enden.
In der Regel gilt die Exklusivität aber für die Dauer der Absichtserklärung, somit bis zum Abschluss des Hauptvertrags. Nimmt nun der Käufer von den Verhandlungen Abstand, würde dies auch als Beendigung der Absichtserklärung zu werten sein. Die Exklusivitätsklausel würde somit ihre Wirkung verlieren.
Die Aufnahme von neuen Verhandlungen mit neuen Interessenten wäre somit zulässig.
Für weitere Fragen zum Thema haben die Rechtsanwälte Lansky, Ganzger & Partner eine Online-Informationsseite unter lansky.at/de/newsroom/news/faq-corona/ erstellt und stehen für Nachfragen per E-Mail unter office <AT> lansky.at zur Verfügung.
Diese Serie mit Rechts-Tipps für Unternehmen ist eine Kooperation von trend.at und den Rechtsanwälten Lansky, Ganzger & Partner. Die bisher erschienen Beiträge finden Sie zusammengefasst im Thema "Corona - Recht im Ausnahmezustand".