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Semperit-CEO: Defense und Zukäufe auf der Agenda

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MANFRED STANEK. Der international erfahrene Manager ist neuer Semperit-CEO.

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Manfred Stanek, seit März neuer Semperit-CEO, will den Gummikonzern zurück auf Wachstumskurs bringen. Das neue Geschäftsfeld Defense ist gerade im Entstehen, Zukäufe sind ab 2027 geplant. Doch für eine erfolgreiche Zukunft braucht es auch einen Kulturwandel.

„Hallo, ich bin Manfred“, stellt sich der neue CEO auf dem Werksgelände in Wimpassing vor, dem ältesten Semperit-Standort. Der Gummikonzern wird von vielen immer noch mit der Herstellung von Reifen assoziiert, das Geschäft wurde aber bereits vor vielen Jahren an die deutsche Continental verkauft.

Was heute hier hergestellt wird, präsentiert Stanek auf einem Rundgang: Industrie- und Hydraulikschläuche, Handläufe für Rolltreppen und Seilbahnringe. „Wir haben jetzt viel schwarzen Gummi gesehen“, formuliert er salopp: Die Rico-Gruppe, die seit 2023 zu Semperit gehört, sei ganz anders. Das oberösterreichische Unternehmen produziere hochautomatisiert kleinste Silikonteile, die in Duschköpfen, in Hörgeräten oder in Autos zum Einsatz kämen. Das Stammwerk in Thalheim habe er bereits besichtigt – wie übrigens auch alle anderen Semperit-Standorte in Europa und den USA. Asien habe er sich für September und Oktober aufgehoben. So weit, so klassisch der Start als Vorstandschef eines 200 Jahre alten Industriekonzerns mit weltweiter Präsenz, der unter der Wirtschaftsflaute leidet und nicht so richtig zur Ruhe kommt.

Der 56-jährige Stanek ist der dritte externe Semperit-Vorstandschef in neun Jahren. Martin Füllenbach, ein deutscher Manager und ehemaliger Hauptmann, leitete den Industriekonzern ab 2017 vier Jahre und sechs Monate, bevor er sein Mandat überraschend zurücklegte. Sein Nachfolger, der gebürtige Oberösterreicher Karl Haider, verlängerte seinen Vorstandsvertrag nach drei Jahren nicht und übergab diesen März an den gebürtigen Wiener. „Es ist nie leicht, wenn jemand geht und jemand Neuer kommt. Ich habe daher von Anfang an großen Wert darauf gelegt, dass wir als Vorstands- und Führungsteam zusammenwachsen und auch emotional ankommen“, sagt Stanek, verheiratet mit einer Brasilianerin und Vater von drei Kindern.

Dass er von seiner Familie in der Begrüßungsrede erzählte, sorgte bei manchen Mitarbeitenden für leichtes Erstaunen. Es vermittelte aber einen guten ersten Eindruck, wie der Neue agiert: nahbar, hemdsärmelig und per Du mit Lehrlingen, Werksleitern und Vorstandskollegen. Stanek selbst beschreibt sich als jemand, „der wirklich sehr gerne arbeitet“. Und Birgit Noggler, Vertreterin des Mehrheitseigentümers B&C im Aufsichtsrat, spricht von „einem modernen Manager, was Führungsstil, Teambuilding, Werte und Visionen“ angeht. Aus Sicht von Branchenexperten hat er in seiner Zeit bei der Greiner Gruppe gezeigt, dass er Wachstumsstorys schreiben kann.

Pendeln zwischen USA und Brasilien

Das oberösterreichische Familienunternehmen war Staneks erste Station nach mehr als 13 Jahren im Ausland. „Ich wollte schon immer eine internationale Karriere machen. Mein Vater war Unternehmer in der Reisebranche. Vielleicht kommt es daher“, sagt der CEO, der 2003 für den Käufer der Unternehmensberatung Czipin, wo er als WU-Absolvent seinen ersten Job angetreten hatte, zunächst in die USA und dann nach Brasilien ging, später die Branche wechselte und für große Minen- und Recyclingunternehmen abwechselnd in Nord- und Südamerika tätig war. Erst 2016 kehrte er zurück, um CEO der Greiner Packaging in Kremsmünster zu werden.

Die sieben Jahre in dem Job seien eine tolle Zeit gewesen, in der es ihm gelungen sei, den Umsatz der Verpackungstochter von 550 auf 900 Millionen Euro zu steigern.

Und während der er zum ersten Mal erlebt habe, was es heißt, im Flow zu sein – also dieses komplette Aufgehen in einer Aufgabe zu erfahren, von dem er im gleichnamigen Bestseller bis dahin nur gelesen hatte. Und genau diesen Flow, den möchte er auch zu Semperit bringen.

Bei Greiner ist Stanek bis in den Gruppenvorstand aufgestiegen und wäre dort auch gerne Nachfolger des langjährigen Chefs Axel Kühner geworden. Doch die BASF-Vorständin Saori Dubourg setzte sich im Auswahlverfahren durch. „Ich sage mal so: In solchen Zeiten überlegt man sich, ob man noch am richtigen Ort ist“, kommentiert Stanek.

Neues Geschäftsfeld: Defense

Das ist nun der stolze Industriekonzern, der allerdings in den letzten 24 Monaten deutlich geschrumpft ist. Im Zuge der strategischen Neuausrichtung wurde 2023 das Handschuhgeschäft verkauft. Der damit einhergehende Umsatzverlust von mehr als 200 Millionen Euro konnte nur teilweise durch die Übernahme der Rico-Gruppe kompensiert werden. Zusätzlich bremste die schwache industrielle Nachfrage. Stanek: „Fast alle unsere Geschäftsfelder steckten zuletzt im Abschwung. Aber die Talsohle scheint durchschritten, das Geschäft kommt wieder, insbesondere wenn die Wirtschaft anzieht.“ Einzig die früher in Russland erzielten Umsätze sind wohl für immer verloren.

Die Mission des neuen Chefs ist somit klar: erneut eine Wachstumsstory schreiben. Dafür hat er drei Erzählstränge identifiziert: neben organischem Wachstum sind das Innovationen und neue Geschäftsfelder sowie gezielte Übernahmen. Während das M&A-Thema voraussichtlich erst ab 2027 schlagend werde, wolle man mögliche Chancen in der boomenden Rüstungsindustrie schneller ergreifen. „Wir sind dabei, ein neues Geschäftsfeld ‚Defense‘ zu schaffen. Einige unserer Produkte wie Dichtungen und Hydraulikschläuche eignen sich für die Rüstungsindustrie, und wir schauen uns das jetzt genauer an“, sagt der CEO, der aber auch nach innen wirken will. „Ich möchte nicht sagen, jetzt kommt der Manfred Stanek und mit ihm der große Kulturwandel. Das wäre nicht richtig. Wir befinden uns in einem permanenten Veränderungsprozess“, relativiert er. Was ihm genau vorschwebt? „Wir müssen die hierarchische Denke aufbrechen, indem wir neue Menschen hereinholen und innovative Führungskonzepte etablieren. Und ganz wichtig: mehr Verantwortung an die Business-Units delegieren“, sagt er. In dieser Logik genügt ein schlankes Headquarter. Im Sommer wurde dort bereits Personal abgebaut.

Privat mag Stanek vor allem zwei Dinge: Sport und Partys. Zuletzt sei er auf einem Konzert von Nena gewesen, in die er mit 14 Jahren total verknallt gewesen sei, erzählt er, geht zum Besprechungstisch, klappt seinen Laptop auf und vertieft sich wieder in die Welt des schwarzen Gummis.

Der Artikel ist im trend.PREMIUM vom 26. September 2025 erschienen.

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