
Die Reporting Partner des European Forum Alpbach sorgen dafür, dass nachhaltige Impulse für Europas Zukunft entstehen.
Jeden Sommer richtet sich der Blick Europas auf das Tiroler Bergdorf Alpbach. Das European Forum Alpbach (EFA) gilt seit Jahrzehnten als Fixpunkt für den Dialog über die großen Fragen unserer Zeit. Dass die Herausforderungen Europas nicht in einem einzigen Event gelöst werden können, liegt auf der Hand. „Europas Handlungsfähigkeit entsteht nicht von selbst. Sie braucht ständige Arbeit: zuhören, Wissen bündeln, Brücken bauen“, erklärt EFA-Präsident Othmar Karas. Um die zentralen Erkenntnisse des Jahresevents so festzuhalten, dass sie weiterwirken und nachhaltig genutzt werden können, wurden bereits im Vorjahr acht Reporting Partner installiert. Denn Alpbach soll kein Ort sein, an dem einmal im Jahr kluge Köpfe zusammentreffen und danach wieder auseinandergehen. Diese nationalen und internationalen Thinktanks verfolgen die Diskussionen, analysieren Schwerpunkte und dokumentieren die zentralen Erkenntnisse. „Das EFA ist nicht nur ein Ort des Denkens im Sommer, sondern ein dauerhaftes Netzwerk, das Ideen weiterträgt und umsetzt“, so Karas.


Dialog. Im Seminarraum oder im Freien – während der zwei Wochen in Alpbach wird überall diskutiert, geforscht und vernetzt.
© Andrei PungovschiWer sind die Reporting Partner, die sich um die zentralen Themen aus Demokratie, Klima, Sicherheit und Wirtschaft kümmern? Das in Österreich ansässige International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) betreibt interdisziplinäre Forschung zu zentralen globalen Herausforderungen wie Klimawandel und Energiesicherheit. Das KONTEXT Institut für Klimafragen ist ein österreichischer Thinktank, ebenfalls mit Fokus auf Klima- und Energiepolitik. Um Demokratiethemen kümmert sich die Hertie School, eine internationale Universität mit Sitz in Berlin, die sich auf Governance, öffentliche Verwaltung und Politikforschung spezialisiert hat, gemeinsam mit dem European University Institute (EUI) mit Sitz in Florenz, einer führenden Einrichtung für Forschung und Doktorandenausbildung im Bereich Sozial- und Politikwissenschaften.


Zukunft. Othmar Karas, Präsident des European Forum Alpbach, betont die Bedeutung des Dialogs über Europas Zukunft.
© EFA/Andrei PungovschiBruegel zählt zu den führenden wirtschaftspolitischen Thinktanks Europas und beschäftigt sich zusammen mit dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) mit den Themen Finanzen und Wirtschaft.
Die Stiftung Wissenschaft und Politik, Europas größter Thinktank für Außen- und Sicherheitspolitik, und das Austria Institut für Europa- und Sicherheitspolitik (AIES) sorgen dafür, die Themen rund um Sicherheit das ganze Jahr über weiterzudenken.
„‚Weiterdenken‘ heißt für uns: Fakten klären, Narrative hinterfragen, Debatten öffnen. Unsere Reporting Partner machen Erkenntnisse zugänglich und schaffen Orientierung. Das ist ein wichtiges Gegengewicht zu Polarisierung und Desinformation“, so Karas.


René Schlee.
© ELISABETH MANDL„Europa ist ein Kontinent der Möglichkeiten“
Programmleiter René Schlee erklärt, wie das European Forum Alpbach Europas Zukunftsdialog über das ganze Jahr hinweg am Leben hält.
TREND: Das European Forum Alpbach ist vor allem für seine Sommerveranstaltung bekannt. Warum war es Ihnen wichtig, die Aktivitäten über das ganze Jahr auszudehnen?
René Schlee: Das war kein Plan, den wir uns im Vereinshaus überlegt haben, sondern ein Wunsch, der aus unseren Netzwerken entstanden ist – aus dem Alumni-Netzwerk, von Partnern und Teilnehmenden. Wir wollten die vielen spannenden Themen und Impulse, die im Sommer entstehen, nicht einfach liegen lassen. Alpbach hat sich seit seiner Gründung 1945 als Dialograum verstanden. Dieses egalitäre Gespräch auf Augenhöhe wollen wir heute bewusst fortsetzen – und zwar kontinuierlich.
Welche Rolle spielen dabei die Reporting Partner?
Sie sind ein zentraler Baustein, um die Diskussionen aus Alpbach weiterzutragen. Es geht nicht darum, 500 Sessions im Detail zu dokumentieren, sondern die Resonanzräume, die in Alpbach entstehen, in die Welt hinauszutragen. Unsere Partner – vom WIFO über das Bruegel-Institut bis zur Stiftung Wissenschaft und Politik – verfügen über eigene wissenschaftliche Communitys. Sie bringen die Themen in ihre Kontexte, führen sie weiter und liefern wertvolle Rückkopplung für das nächste Forum.
Nach welchen Kriterien wählen Sie die Reporting Partner aus?
Erstens: wissenschaftliche Exzellenz. Zweitens: eine unabhängige, aber klar wertebasierte Haltung im Sinne unseres europäischen Purpose. Und drittens: geografische Vielfalt. Wir sind ein europäisches Forum, also sollen auch Partner aus verschiedenen Regionen Europas beteiligt sein, von Portugal bis zur Ukraine.
Wie entstehen aus diesen Diskussionen nachhaltige Impulse?
Wir kuratieren keine Einzelthemen, sondern ganze Ökosysteme. Unsere Labs etwa bringen Fachleute und Entscheidungsträger zusammen, die gemeinsam an konkreten Projekten wie der Kapitalmarkt- oder der Verteidigungsunion arbeiten. Die Teilnehmenden werden so zu Botschaftern in ihren Netzwerken. Dadurch entsteht ein permanenter Austausch zwischen Alpbach, den Reporting Partnern und den europäischen Institutionen.
Europa steht vor großen Herausforderungen: Klima, Technologie, Geopolitik. Wie spiegeln sich diese Themen im Programm wider?
Wir versuchen, diese Krisen multidisziplinär zu betrachten und die Silos zu durchbrechen. Gleichzeitig wollen wir den Blick weg vom reinen Krisenmodus lenken. Europa hat viele Stärken – technologisch, wissenschaftlich, kulturell. Unser Ziel ist, den Zukunftsoptimismus zu fördern und zu zeigen: Europa ist kein Kontinent des Rückzugs, sondern der Möglichkeiten.
Warum ist es gerade jetzt wichtig, über Europas Zukunft zu sprechen?
Weil Europa unter Druck steht, geopolitisch wie geoökonomisch. Wir müssen uns wieder auf unsere Stärken besinnen und definieren, welche Rolle wir in der Welt spielen wollen. Das gelingt nur im Dialog innerhalb Europas und mit Partnern in anderen Regionen. Wenn wir diese Gespräche führen, entsteht automatisch Zukunftsoptimismus. Und genau das ist das Herz des Forums Alpbach.
Zur Person.
René Schlee ist seit Jänner 2025 Programmleiter des European Forum Alpbach, wo er die inhaltliche Ausrichtung und die strategische Weiterentwicklung des Jahresprogramms verantwortet. Zuvor war er Regionaldirektor der Friedrich-Ebert-Stiftung für Südosteuropa sowie Länderrepräsentant in Kosovo und Nordmazedonien. Davor arbeitete er bei der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) in Wien im Bereich Nukleare Sicherheit und lehrte an der Universität Heidelberg zu Themen der nuklearen Nichtverbreitung, Nachrichtendienststudien und sicherheitspolitischen Technologien. Er hat Politikwissenschaft, Psychologie und Philosophie an der Universität Heidelberg sowie Intelligence and Strategic Studies an der Aberystwyth University studiert.