
Der Radioonkologe DAVID KUCZER kann in der ersten privaten Klinik für Strahlentherapie seine Patient:innen so behandeln, wie es der Mediziner als ideal empfindet: rasch und präzise.
Eine Krebserkrankung verunsichert Patienten und erfordert in vielen Fällen eine möglichst rasche Behandlung, je nach Tumorart und -größe in Form einer Operation, einer Strahlenbehandlung, einer Chemotherapie oder einer Kombination daraus. Der Radioonkologe David Kuczer behandelte kürzlich eine ältere Dame, deren Söhne an einem Donnerstag Kontakt mit ihm aufgenommen hatten. Diagnose: fortgeschrittene Gehirnmetastasen. Nur einen Tag später sah er sich mittels Computertomografie die Tumore an und entwickelte das ideale Bestrahlungsprogramm. Am Montag darauf erhielt sie die erste hippocampusschonende Behandlung nach neuesten Erkenntnissen. „In Fällen wie diesen zählt jeder Tag“, erklärt Kuczer: „Die Metastasen waren schon so weit unten im Gehirn, dass sie drohten, den Abfluss für den Liquor, also das Hirnwasser, zu blockieren. Da geht es dann wirklich um Leben und Tod.“
Ich will die technischen Möglichkeiten. die zur Verfügung stehen, komplett ausnutzen.
SPEZIALZENTRUM.
Seit mittlerweile drei Jahren kann Kuczer sich um seine Patienten und Patientinnen so kümmern, wie es seiner Vorstellung entspricht. Das 2010 vom Israeli Avner Goldenberg und vom Franzosen Ludovic Robert gegründete Medizinunternehmen Amethyst Radiotherapy betreibt Spezialzentren für Krebstherapie in Europa. Standorte gibt es etwa in Deutschland, Polen, Großbritannien, Frankreich, Rumänien und Italien.
In Österreich eröffnete das Konsortium 2020 eine solche Einrichtung im Untergeschoß der Wiener Privatklinik. Dort befindet sich nun ein hochmoderner Linearbeschleuniger des Typs Elekta Versa HD (siehe Titelbild). Damit steht Kuczer ein hochmoderner Linearbeschleuniger zur Verfügung, der dank eines integrierten Bildgebungssystems eine ganz präzise Strahlentherapie ermöglicht. In der Privatklinik gibt es aber auch ein hochkarätiges Tumorboard mit Experten der verschiedensten Fachrichtungen vom Internisten über eine Gynäkologin und Chirurgen bis eben zum Radioonkologen, von dem jeder Fall zeitnah und intensiv besprochen wird. Kuczer: „Unser Tumorboard ist sehr streng, und das ist auch gut so. So wird gleich jeder Patient von Fachärzten mit langjähriger Erfahrung mitbeurteilt.“
In diesem Gremium wird dann auch entschieden, ob und wann eine Strahlenbehandlung in Frage kommt. Etwa die Hälfte aller Krebspatienten brauchen eine solche Therapie, erläutert der Experte. Bei Brustkrebs kommt die Bestrahlung beispielsweise nach einer Operation zum Einsatz, bei Darmkrebs wiederum vor dem chirurgischen Eingriff. Bei anderen Krebsarten wie etwa Prostatakarzinomen kann die Strahlentherapie heute oft auch die Operation ersetzen. Für 200 bis 300 Patienten pro Jahr entwickelt Kuczer das jeweils für sie perfekte Strahlenbehandlungsprogramm.
„Das gibt mir die Zeit, die Behandlung so gut zu planen, dass ich für jeden die technischen Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen, komplett ausnutzen kann.“ In der Strahlentherapie kommen Röntgenstrahlen zum Einsatz. Sie sorgen entweder für die sofortige Zerstörung von Tumorzellen oder beschädigen sie so, dass sie sich nicht mehr vermehren können. Die Röntgenstrahlen veröden aber auch die Blutgefäße im Tumor. Das führt dazu, dass das Krebsgeschwür im Inneren ausgehungert und der Tumor abgebaut wird.
Wichtig ist, dass das umliegende Gewebe kaum oder nicht geschädigt wird, sonst kann es zu Narbenbildung beziehungsweise Entzündungen kommen. Besonders relevant wird das, wenn Organe wie die Lunge oder das Herz betroffen wären. Je besser hier geplant wird, je mehr Bildgebung zur Verfügung steht, desto besser kann die Therapie eingestellt werden.
MODERNSTE TECHNOLOGIE. Der Linearbeschleuniger des Typs Elekta Versa HD ermöglicht präzise Strahlentherapien wie die volumetrisch modulierte Bogentherapie (VMAT), bei der sich die Maschine um den liegenden Patienten dreht. Das Gerät gibt dabei die Strahlungsdosis präzise an den Tumor ab. Angeboten wird aber auch die stereotaktische Körperstrahlentherapie (SBRT), bei der in wenigen Sitzungen Tumore zerstört werden. Sie eignet sich etwa für kleine wiederkehrende Krebsgeschwüre.
MANGELVERWALTUNG.
All das hat seinen Preis: Eine Strahlentherapie in diesem ersten privaten Behandlungszentrum in Österreich kostet zwischen 12.000 und 18.000 Euro. Die Kassen übernehmen hier derzeit noch nichts. Kuczer betont allerdings, dass er sich bei der Preisgestaltung dennoch um Leistbarkeit bemüht. In Deutschland würden für vergleichbare Therapien das Doppelte verrechnet. „In Härtefällen gehe ich auch mit dem Preis herunter oder überweise in ein öffentliches Spital, das gerade Kapazität hat. Dann bekommt auch ein ärmerer Mensch Zugang zur Therapie.“ Er tut dies bisweilen auch deshalb, weil er um die Auslastung in einigen Krankenhäusern weiß. Auch das war ein Grund, warum er sich entschied, Patienten nur mehr privat zu betreuen.
Kuczer, der in Wien sein Medizinstudium abschloss, ging zunächst nach Deutschland und wurde an der Charité in Berlin zum Radioonkologen ausgebildet. Dort sei man damals in Sachen Krebsbehandlung auf dem neuesten Stand gewesen. Als seine Frau mit dem ersten Kind schwanger wurde, entschied sich das Paar, nach Österreich zurückzukehren, und er nahm eine Stelle am Krankenhaus Wiener Neustadt an. Den Ausschlag gab, dass dort gerade in unmittelbarer Nähe das MedAustron, ein Zentrum für Strahlentherapie, entstand.
Die Arbeit im Krankenhaus – und, so betont Kuczer, das betreffe jedes Spital mehr oder weniger stark – sei aber einerseits mit Beginn der Covidpandemie, andererseits durch mehrere Strukturprobleme immer unbefriedigender geworden. Kuczer führt hier die Pensionierungswelle, aber auch die Verkürzung der zulässigen Arbeitszeit an. Viele Ärzte und Ärztinnen, die heute eingestellt werden, entscheiden sich oft für eine Teilzeitstelle, um sich auch der Familie widmen zu können. All das habe zu einem Personalmangel und damit einer Mangelverwaltung geführt. „Alles ist ein Problem geworden, jede Organisation einer diagnostischen Maßnahme, aber auch irgendwo ein Bett zu bekommen. Es wurde frustrierender und frustrierender.“


DAVID KUCZER
© beigestelltKEINE KASSENVERTRÄGE.
In seinem privaten Institut kann er seine Patienten nun so behandeln, wie es seinen Vorstellungen entspricht. Was er sich allerdings wünschen würde: dass die Kasse die Kosten für Strahlentherapie im niedergelassenen Bereich übernimmt. Dass derzeit diese Art der Krebsbehandlung – anders als etwa in Deutschland – in Österreich nur in Krankenhäusern angeboten wird, hat damit zu tun, dass es hier keinen Vertrag mit den Kassen gibt. Dabei, so Kuczer, habe es vor vielen Jahren hier schon einmal Überlegungen gegeben, dass Röntgeninstitute nicht nur Diagnostik, sondern eben auch Therapie anbieten können. Doch das sei dann leider im Sand verlaufen. Was Kuczer zu bedenken gibt: Für das Gesundheitssystem würden sich dadurch auch die Kosten für diese Therapien senken, denn alles, was im niedergelassenen Bereich gemacht werden könne, sei immer günstiger als Behandlungen in einem Krankenhaus.