
Ex-Kanzler Christian Kern
©Andreas Jakwerth/LAIF/Picturedesk.comEx-Kanzler und China-Experte Christian Kern über die nötige Neupositionierung Europas in einer sich ändernden Weltordnung.
trend: Als Sie 2019 bei der Austria China Association andockten, sagten Sie, China sucht wegen des Handelskriegs mit den USA eine engere Anbindung an Europa. Wie viel ist seither passiert?
Christian Kern: Recht wenig. Deshalb habe ich mit Jovanka Porsche und dem ehemaligen deutschen Vizekanzler Philipp Rösler (FDP, Anm.) den Thinktank Global Neighbours gegründet, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, zum gegenseitigen Verständnis zwischen Europa und China beizutragen. Denn die Beziehungen sind in den letzten Jahren erodiert. Sie haben sich zum Beispiel wegen der Konflikte um chinesische E-Autos verschlechtert, vor allem aber, weil die USA massiv Druck gemacht haben, schon unter Präsident Joe Biden, wenn Sie an das Exportverbot für Halbleiter denken. Und Europa hat es verabsäumt, eine klare eigene Strategie zu entwickeln. Vor allem in Österreich habe ich ein angesichts der Bedeutung Chinas erstaunliches Desinteresse erlebt.
Mit Donald Trump ist der Handelskrieg eskaliert: Wie soll bzw. muss sich Europa gegenüber China positionieren?
Wir brauchen strategische Autonomie in Europa. Wir dürfen weder am Rockzipfel von China noch an dem der USA hängen. Was Trump derzeit veranstaltet, können wir uns nicht gefallen lassen. Den ersten emotionalen Reflex, voll zurückzuschlagen, müssen wir zwar im Zaum halten, weil Europa sicherheitspolitisch von den USA abhängig ist, was sich so schnell auch nicht ändern wird. Trotzdem: Wir dürfen unsere eigenen Interessen nicht vergessen und müssen zu einer eigenen Position gegenüber China finden.
Auch um den Preis, Trump zu verärgern? Trumps Mission, die Nachkriegsordnung zu zerstören, wird an ihre Grenzen stoßen. Die Kapitalmärkte fliegen ihm schon um die Ohren. Und er zerstört Vertrauen – die wichtigste Währung für die Wirtschaft. Er wird es sich nicht leisten können, auf Dauer Wohlstandsverluste zu produzieren (...)
Lesen Sie das Interview in ganzer Länge in der trend.EDITION vom 25. April 2025.