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Auf der Alm gibt´s doch a Sünd: Wie sich Skifahrer strafbar machen

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Auf der Alm gibt´s doch a Sünd: Wie sich Skifahrer strafbar machen
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Wenn die Pisten voller Schnee sind, hat nicht nur der Tourismus Hochsaison, sondern auch Unfallchirurgen und Gerichte. Denn ob verweigerte Hilfeleistung, wie kürzlich in den Schlagzeilen, oder andere nicht eingehaltene internationale FIS-Regeln, die zu Anzeigen führen, auch am Berg gilt wie zu ebener Erde das Zivil- und Strafrecht. Worauf es am Berg wirklich ankommt und wie die neuesten Gerichtsurteile ausgefallen sind.

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Am Berg gibt es zwar laut einem beliebten Spruch keine Sünde, doch der Gesetzgeber kennt auf diesem Gebiet trotzdem kein Pardon. Zwar ist der lockere zwischenmenschliche Umgang vom strengen Urteil des Gesetzes ausgenommen, aber wer die sogenannten FIS-Regeln nicht einhält, muss mit der vollen Härte des Gesetzes rechnen.

So heißt es in den Erläuterung der vom Weltskiverband FIS zusammengestellten Verhaltensregeln klar und unmissverständlich: "Wer unter Verstoß gegen die FIS-Regeln einen Unfall verursacht, kann für die Folgen zivil- und strafrechtlich verantwortlich gemacht werden."

Allerdings: Die FIS-Regeln stellen keine gesetzliche oder gesetzesähnliche Regelung dar. Die Einhaltung der Regeln wird aber bei einer straf- oder zivilrechtlichen Beurteilung mitberücksichtigt.

Unfallflucht und verweigerte Hilfe: Ahndung wie im Straßenverkehr

Das zeigt das Beispiel des Deutschen, der Anfang Jänner einem Bergrettungsteam in Tirol die Suche nach einem verschütteten Steirer verweigerte - wahrscheinlich sich ohne der Konsequenzen bewusst zu sein. Denn nun droht dem Skitourengeher wegen unterlassener Hilfeleistung bis zu einem Jahr Haft.

Denn in den FIS-Regeln steht unter Punkt 9: "Bei Unfällen sind Skifahrer und Snowboarder zur Hilfeleistung verpflichtet." In den weiterführenden Erklärungen zu den FIS-Regeln heißt es: Das bedeutet Erste Hilfe, Alarmierung des Rettungsdienstes und Absichern der Unfallstelle. Unfallflucht wird damit ebenso strafrechtlich verfolgt wie im Straßenverkehr.

Schuld- oder Teilschuld bei schlechter Ausrüstung

Auch schlechte Ausrüstung ist keine Ausrede, die vor Gericht zählt. Wer etwa eine lockere Bindung, kaputte Skischuhe, seit Jahren oder gar Jahrzehnten kein Service bei seinen Skiern hat machen lassen, kann sich bei einem Unfall strafbar machen.

Das gilt auch für neu entwickelte Sportgeräte. Wenn der Unfallverursacher selbst Profi ist (z.B. Skilehrer) und mit mangelhafter Ausrüstung am Hang unterwegs ist und jemand verletzt, ist ein Straffahren höchst wahrscheinlich.

Sonst ist bei einem Unfall mit einem Teilverschulden zu rechnen, wenn offensichtlich mangelhaft Ausrüstung schuld ist.

Stammt die Ausrüstung von einer Ski-Verleihfirma kann diese haftbar gemacht werden. Allerdings kann es Probleme mit der Ski-Zusatzversicherung geben. Denn bei grober Fahrlässigkeit (z.B. kein Service innerhalb der vereinbarten Fristen, etc.) zahlt auch deren Versicherung nichts.

Jeder Sportler am Berg ist bei einem Unfall zudem verpflichtet eine Zeugenaussage zu machen.

Am Berg gilt nationales Recht

Grundsätzlich gilt das Recht des Unfallortes, allerdings handelt es sich bei den FIS-Regeln um allgemeine Verhaltensregeln des Internationalen Skiverbandes, die auf allen Skipisten gelten.

Die Frage nach dem Verschulden an einem Skiunfall ist daher zwar generell nach den FIS-Regeln zu beurteilen. Für Art und Höhe des Schadenersatzes sowie Verjährungsfristen gilt jedoch das nationale Recht.

Schadenersatzansprüche bei Helmverzicht

Ob ein Skihelm getragen werden muss, wird von Land zu Land unterschiedlich gehandhabt. In Österreich herrscht Skihelmpflicht, allerdings nur für alle Minderjährigen Ski- und Snowboardfahrer bis zum 15. Lebensjahr. In Tirol und Vorarlberg gibt es keine derartige Regelung. In den Bundesländern Burgenland, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Kärnten sowie Niederösterreich und Wien gilt die Helmpflicht für Minderjährige bis zum 15. Lebensjahr.

Normalerweise folgen auf die Nichteinhaltung der Pflicht nur Hinweise. Wenn das Kind keinen Helm trägt, gibt es momentan also noch keine strafrechtliche Verfolgung der Erziehungsberechtigten.

Helm mindert Schadenersatzansprüche

Wie in Österreich besteht auch in Italien nur für Minderjährige eine Helmpflicht. Allerdings kann ihm das mangelnde Tagen bei der Beurteilung der Verschuldensfrage nicht angelastet werden. Sehr wohl aber bei der Bemessung der Schadenersatzansprüche für etwaige Kopfverletzungen, und zwar nur für diese gibt es dann einen Abzug von 30 Prozent.

In Slowenien gibt es eine Skihelmpflicht für Kinder bis 14. Bei der Beurteilung der Verschuldensfrage ist die Kausalität zwischen Verletzungen und Missachtung der Helmpflicht maßgebend und kann als Mitverschulden betrachtet werden.

In Frankreich gibt es de facto keine Helmpflicht, außer für Kinder in der Skischule.

Alkoholkonsum bei Beurteilung der Schuldfrage maßgeblich

Alkohol trinken allein ist nicht strafbar. Wer allerdings eine Gefahrenquelle schafft, muss Vorkehrungen treffen, um die Gefahr abzuwenden. Das heißt: Wer sich betrinkt, sollte nicht Ski fahren. Tut er dies trotzdem und verursacht einen Skiunfall, fließt dieser Umstand bei Beurteilung der Verschuldensfrage mit ein.

Die FIS-Regel 1 besagt, dass jeder Schifahrer und Snowboarder sich so verhalten muss, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt. Wie auch die 2.Regel vorschreibt, dass jeder Sportler seine Fahrgeschwindigkeit und -weise beherrschen soll.

Aktuelle Urteile

1. Ein Zwölfjähriger wurde für einen Crash auf der Piste verantwortlich gemacht

  • Minderjährige stürzt und reist Frau mit
    Auf einer harten Kunstschneepiste mit eisigen Stellen ist die Minderjährige M. schnell unterwegs. Vor ihr fährt Frau Z. mit ihrer sechsjährigen Tochter am äußerst rechten Pistenrand sehr langsam in Pflugbögen.

  • Rund 30 Meter hinter Frau Z. stürzt M. Sie überschlägt sich kopfüber und rutscht fast ungebremst von hinten in Frau Z. hinein. Frau Z,. stürzt und verletzt sich deswegen. Frau Z. fordert von der noch minderjährigen M. Schadenersatz.

Laut Urteil bestehen die Ansprüche zu recht:
M. war zu schnell unterwegs. Weil aber ohnehin eine Haftpflichtversicherung alle Schäden abdeckt ein, wurde nicht geprüft, ob dieses „Fehlverhalten“ ein Verschulden darstellt. Eine Geschwindigkeit von 30 km/h auf einer harten Kunstschneepiste mit eisigen Stellen birgt jedenfalls die Gefahr eines Sturzes in sich und stellt somit eine Sorgfaltswidrigkeit dar. Das ist auch für eine Zwölfjährige erkennbar und eine Gefahrenvermeidung zumutbar. Die Schadenersatzansprüche der verletzten Frau Z. bestehen daher zu Recht.

2. Stopp-Schild auf der Schipiste ist laut neuem Urteil nicht verbindlich

Der OGH hat in einer aktuellen Entscheidung geurteilt, dass ein auf der Schipiste aufgestelltes Stopp-Schild nicht verbindlich ist. Schipisten sind demnach keine Straßen mit öffentlichem Verkehr, auf denen die Straßenverkehrsordnung gilt. Das bedeutet, dass ein Skikfahrer, der sich dieser Stopp-Tafel nähert dadurch nicht benachrangt ist und andere Schifahrer dadurch keinen Vorrang haben.

Ein wesentliches Argument gegen verbindliche Vorrangregelungen mit Warte- oder Anhaltepflicht durch Vorrangzeichen auf einer Schipiste ist die FIS-Regel Nr. 1. in der ohnehin die Eigenverantwortlichkeit und die allgemeinen Rücksichtnahme festgeschrieben ist. Schifahrer sind laut FIS-Regeln bei Annäherung an eine Pisteneinmündung oder -kreuzung zu besonderer Vorsicht und erhöhter Aufmerksamkeit sowie zur Beobachtung der von der jeweiligen anderen Piste kommenden Wintersportler verpflichtet.

Urteilsbegründung: Ständige Änderungen der Fahrtrichtung, Fahrweise und Fahrgeschwindigkeit gehören zum Wesen des Skifahrens. Da die Fahrspuren kreuz und quer verlaufen, lässt sich die Möglichkeit zur Einschätzung, welcher Pistenbenutzer dem anderen nun den Vorrang zu gewähren hat, mit den im Straßenverkehr üblichen Verhältnissen nicht vergleichen.

Somit ist eine Verschuldensteilung 1:1 angemessen, wenn zwei Schifahrer, die sich auf einer durch Schilder angekündigten gefährlichen Engstelle unaufmerksam aufeinander zu bewegen, frontal kollidieren.

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