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Fischtreppen: Zweifel an Grundlage der Vorschriften

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Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig muss die Wasserrahmenrichtlinie der EU bis Ende 2026 umsetzen, Zielkonflikte zwischen Energiewirtschaft und Naturschutz inklusive.

©Johann Groder / EXPA / picturedesk.com
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EU-Richtlinien, schleppender Ökostromausbau und neue wissenschaftliche Erkenntnisse lassen einen Disput über teure und energieraubende Fischtreppen aufbrechen.

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Relativ knapp vor dem Ende einer mehrjährigen EU-Umsetzungsfrist zur Sanierung, Vergrößerung oder Errichtung von Fischtreppen an Österreichs Wasserkraftwerken, tauchen nun Zweifel über die gesetzliche Basis österreichischer Regeln auf, sagt Paul Ablinger, Geschäftsführer des Branchenverbands Kleinwasserkraft: „Für viele Vorschriften fehlen schlicht die wissenschaftlichen Grundlagen.“

Speziell für die bisherige Annahme, dass sich Fische nur durch eine hohe Wasserdotierung orientieren können („Leitströmung“), findet sich nach neuen Recherchen der Kraftwerksbetreiber in der Literatur keinen Beleg. Die gesetzliche Leitlinie, die bis zu fünf Prozent der Wassermenge für die Fische abzweigen will, war demnach eine Schätzung mehrerer Forscher, die aufeinander verwiesen. Ablinger: „Die Durchlässigkeit für die Tiere hängt an anderen Kriterien, etwa der Bauform.“

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Paul Ablinger, Geschäftsführer des Branchenverbands Kleinwasserkraft: „Für viele Vorschriften fehlen schlicht die wissenschaftlichen Grundlagen.“

 © Kleinwasserkraft Österreich

Wasser auf seine Mühlen sind auch Beobachtungen des Wasserkraftriesen Verbund, der Fische mit Mikrochips versehen und beobachtet hat. In einer Studie zu Bachforellen etwa zeigten sich keine signifikanten Unterschiede, egal, wie hoch die Wassermenge für das Umgehungsgewässer dotiert wurde. Das Studienfazit: „Diese Erkenntnis widerspricht der gängigen Annahme, dass die Auffindbarkeit durch höhere Durchflüsse in der Fischwanderhilfe gesteigert wird“

Tatsächlich hat Österreich Spielraum bei der Ausgestaltung der Fischtreppen laut der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Und das Büro von Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, das eben die Leitlinien zum Monitoring der Fischtreppen überarbeitet, gibt auf Anfrage auch zu, dass es sich um ein komplexes Thema handelt, „weil Ansprüche der einzelnen Fischarten unterschiedlich sind und die Auffindbarkeit (der Fischtreppen, Anm.) auch von vielen anderen Faktoren abhängt“. Änderungsbedarf sieht man dennoch keinen: „Der in den vergangenen Jahren beobachtete Trend des Rückgangs der Fischbestände lässt aber nicht vermuten, dass die bestehenden Regelungen überschießend wären.“

Zielkonflikte

Die Fischtreppen rufen jedenfalls mehrere Zielkonflikte hervor. Der EU geht es um die Gewässergüteklassen inklusive Durchgängigkeit für Fische – dank bürokratischer Regeln auch dann, wenn einzelne Tierarten wie Huchen oder Äschen gar nicht vor Ort existieren oder die für Wanderungsnachweise vorgeschriebene Körpergröße kaum erreichen, klagen die Kraftwerksbetreiber. Der dadurch verlorene Ertrag bei der Stromproduktion spießt sich auch mit dem Ausbau für Ökostrom, denn gerade die Kleinwasserkraft hinkt den Klimazielen hinterher. Vor allem aber kommen die Kraftwerksbetreiber mit ihrem Einwand den Fischereiverbänden in die Quere, die schon grundsätzlich ihre Reviere in Gefahr sehen, sollte die Wasserkraft so massiv ausgebaut werden wie etwa PV- oder Windkraft.

In der Energiewirtschaft liegen indes die Nerven blank. Die Trockenheit ließ die Stromproduktion aus Wasserkraft heuer bereits um über 20 Prozent unter den langjährigen Durchschnitt einbrechen. Und die nun vorgeschriebene Sanierung der Fischtreppen kostet nicht nur viel Geld, sondern reduziert auch weiter den Stromertrag. In Summe kosten Ökologisierungsmaßnahmen wie diese bisher schon bis zu sieben Prozent der Stromproduktion (laut früheren Berechnungen der TU Graz). Das sind immerhin rund 3.000 Gigawattstunden Strom, die verloren gehen, ein Wert von knapp 300 Millionen Euro.

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