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Neuer Streit ums Flaschenpfand

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 © PET to PET Recycling Österreich GmbH

Im Millionenkarussell des neuen Einwegflaschenpfands fehlt bei der Sammlung mengen- wie geldmäßig noch der Überblick. Beim Recycling - hier die Anlage in Müllendorf - sind die Stoffströme schon eindeutig.

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Ein halbes Jahr nach Einführung des neuen Plastikflaschenpfands gibt es Streit unter den beteiligten Unternehmen um Millionen Euro an nicht eingelösten Pfandbeiträgen – und massive Lücken bei den Mengenangaben.

Hinter den Kulissen des neuen Pfandsystems für Kunststoff-Einweggebinde (vulgo Plastikflaschenpfand) ist ein Gerangel um von den Kunden zwar bezahlte, aber nicht eingelöste Pfandbeiträge entstanden. Sie stammen von PET-Flaschen und Aludosen, die in den Supermärkten gekauft und nicht mehr in die Automaten zurückgebracht werden, ganz offiziell „Schwund“ genannt.

Diese Mittel werden zwar vom neuen mit der Sammlung in den Supermärkten beauftragten Unternehmen Recycling Pfand Österreich verwaltet. Sie sind nicht nur Körberlgeld, sondern offizieller Teil der Einnahmen der Gesellschaft, die sich sonst aus Lizenzbeiträgen der Getränkehersteller finanziert. Allerdings beansprucht mittlerweile auch die bis zum Vorjahr für die Kunststoffsammlung großteils zuständige Sammelgesellschaft ARA zumindest Anteile dieses Gelds für sich. Ihr Argument: Wie sich im ersten Halbjahr herausstellte, werden zahlreiche Einweggebinde in Wirklichkeit nach wie vor über das Gelbe Sack/Tonne-System der ARA entsorgt. Und um die Verwirrung perfekt zu machen, verwendet die Recycling Pfand Österreich just dieses Argument, um umgekehrt bei der ARA auf die Rückgabe jene Flaschen und Dosen zu drängen, die irrtümlich bei ihr landen. Immerhin stellt das Material einen wertvollen Rohstoff dar, der in der Recyclingkette zunehmen nachgefragt wird.

Eine Pattsituation, an die der Gesetzgeber offenbar nicht gedacht hatte: „Hier gibt es im Moment noch keine Einigung“, heißt es dann auch aus der ARA, „aktuell wird unter Einbeziehung des Umweltschutzministeriums und der Verpackungskoordinierungsstelle an einer Vereinbarung gearbeitet“. Die Recycling Pfand sitzt am längeren Ast und will, ohne das Thema zu dementieren, in der Sache indes keinen großen Streit sehen: „Das setzt eine aktive Auseinandersetzung zwischen zwei oder mehreren Parteien voraus. Das trifft aus unserer Sicht nicht zu“, heißt es hier.

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Um die nicht eingelösten Pfandbeiträge in Millionenhöhe gibt es ein Gerangel: „Hier gibt es im Moment noch keine Einigung“, heißt es aus der ARA (im Bild Vorstand Harald Hauke), „aktuell wird unter Einbeziehung des Umweltschutzministeriums und der Verpackungskoordinierungsstelle an einer Vereinbarung gearbeitet“.

Schwund höher als erwartet

Erschwerend kommt hinzu, dass über die genauen Mengen dieses Schwunds und dessen Verbleib unterschiedliche Angaben herumgeistern. Das Volumen dürfte höher sein, als im Vorfeld des neuen Sammelsystems vermutet. Fix ist, so die ersten Halbjahreszahlen, dass Recycling Pfand Österreich bislang nur 357 Millionen der 880 Millionen in Verkehr gebrachten PET-Flaschen und Aludosen auch wieder eingesammelt hat. Das sind 40 Prozent oder umgerechnet nur etwa 6.000 Tonnen, also erwartbare 12.000 im ganzen Jahr. Nach bisherigen Erfahrungen der ARA müssten freilich höhere Mengen im Spiel sein. Das Unternehmen betonte bisher stets, dass ihr durch die Konkurrenz des neuen Systems jährlich die gesamte bisher gesammelte Menge von 30.000 Tonnen an Pfandflaschen und Aludosen verloren gehen würde (inklusive einem Umsatzverlust von rund 45 Millionen Euro, der sich freilich durch die Irrläufer und die jetzige Rückforderung der Pfandbeträge um einiges verringern könnte).

Ein Teil der Lücke zwischen jetzt und früher dokumentierten Sammelmengen ist einerseits damit zu erklären, dass unterschiedliche Produktgruppen betroffen sind, sagen Branchenkenner. Vieles dürfte zudem schlicht in den Restmüll wandern, weil die Konsumenten mit der Umstellung der Sammelsysteme noch nicht zurechtkommen. Letztlich hat die Getränkeindustrie heuer weniger Einweggebinde verkauft, es wird daher auch weniger im Supermarkt zurückgegeben – ein politisch durchaus erwünschtes Ziel der neuen Regelung. Die im Gegenzug gestiegene Menge an Tetra Paks im Handel ist aus Sicht der Kreislaufwirtschaft eher ein Wermutstropfen. 

Recycling steigt - auch dank Auslandshilfe

Es geht jedenfalls um einen erklecklichen Batzen Geld. Die dank Automaten registrierte Menge aus den Supermärkten repräsentiert immerhin einen Pfandwert von rund 90 Millionen Euro im Halbjahr. Der Wert des Schwunds könnte rechnerisch noch höher sein. Die angestrebte (und von der EU für 2025 vorgeschriebene) Sammelquote von 80 Prozent liegt damit vorläufig noch in weiter Ferne, auch wenn Recycling Pfand Österreich unter Berücksichtigung der Mengen, die beim Großhandel und den Haushalten stets im Umlauf sind, sie bis Jahresende „in Reichweite“ sieht. 

Was sich im jetzt fix schon leicht verbessert hat, ist die Recyclingmenge in Österreich. Die ist nur zum Teil von der heimischen Sammlung abhängig. Die dafür zuständige PET to PET-Recycling Österreich GmbH kauft nämlich Gebinde aus allen Sammelsystemen im In- und Ausland. Die höhere Sammelqualität durch die neue Supermarktsammlung nutze freilich auch ihr, sagt sie: Das Halbjahresergebnis vom Vorjahr von 16.071 konnte auf heuer 18.403 Tonnen PET-Getränkeflaschen gesteigert werden, ein Plus von etwa 2.400 Tonnen. 

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