
Das Vorstandsteam der Wüstenrot Versicherung, Brigitte Feldhofer und Christian Zettl, über die guten Geschäftsergebnisse, nachhaltige Vorsorge und den Einsatz von KI, um Kundenwünsche noch rascher und besser erfüllen zu können.
TREND: Das Jahr 2025 stellte Unternehmen vor große Herausforderungen. Für Wüstenrot brachte es aber einige Highlights.
Brigitte Feldhofer: Die Bausparkasse Wüstenrot ist heuer 100 Jahre alt geworden. Das zeigt, wie groß das Vertrauen der Kunden in uns ist. Vor fast 50 Jahren wurde auch die Wüstenrot Versicherung gegründet, und seit zwei Jahren sind wir mit der Wüstenrot Bank ein Allfinanzdienstleister. Das ist eine Entwicklung, auf die wir in der gesamten Wüstenrot Gruppe sehr stolz sind.
Trotz des schwierigen Umfelds konnte die Wüstenrot Versicherung 2025 sehr erfreuliche Geschäftszahlen erzielen.
Christian Zettl: Wir sind ein reiner Retail-Versicherer – wir fokussieren uns auf das Privatkundengeschäft. Und hier hat sich die schlechte Wirtschaftslage bisher nicht so stark niedergeschlagen. Natürlich kann sich das ändern, aber wir decken vor allem im Sachversicherungsgeschäft Grundbedürfnisse der Menschen ab. Kfz- oder Eigenheimversicherungen bieten Schutz gegen existenzbedrohende Risiken. Diese Absicherung geben Kunden nicht so einfach auf – in der gesamten Branche zeigt sich in diesen Segmenten kaum ein Einbruch.
Wie hat sich in dieser Situation das Finanzergebnis in der Wüstenrot Versicherung entwickelt?
Feldhofer: 2025 war an den Märkten ein herausforderndes Jahr. Es war belastet durch die Zollkonflikte, durch hohe geopolitische Unsicherheiten und damit verbunden große Volatilitäten an den Märkten. Aber wir sind in diesem Umfeld mit unserem Finanzergebnis sehr zufrieden. Als Versicherung veranlagen wir langfristig, und wir diversifizieren stark über verschiedenste Assetklassen. Dazu zählen liquide Aktien, Anleihen, wir haben aber auch alternative Assetklassen im Portfolio: zum Beispiel Investments in Infrastruktur oder erneuerbare Energie. Diese breite Diversifikation hat uns schon über viele Jahre ein sehr stabiles Finanzergebnis gebracht.
Und Ihr Risikomanagement?
Zettl: Bei den herrschenden Volatilitäten ist es wichtig, dass das versicherungstechnische Kerngeschäft auf soliden Beinen steht. Wir legen ein großes Augenmerk darauf, dass wir nicht zu stark vom Finanzgeschäft abhängig sind.
Sie bieten im Marktumfeld eine der höchsten Garantieverzinsungen bei der Lebensversicherung an. Wird sich das in den nächsten Jahren so fortsetzen?
Feldhofer: Ja, definitiv. Wir geben unsere guten Ergebnisse an unsere Kunden weiter und planen das auch für die kommenden Jahre.
Die Regierung hat bei der Pensionserhöhung für das kommende Jahr den Sparstift angesetzt. Wirkt sich das bei Ihnen in einer verstärkten Nachfrage nach Lebensversicherungen aus?
Feldhofer: So wie bei den Sachversicherungen sehen wir auch am Lebensversicherungsmarkt Wachstum. Es gibt hier einen klaren Trend hin zu fondsgebundenen Lebensversicherungen oder zu Hybridmodellen, also einer Mischung aus Fondspolizzen und klassischen Lebensversicherungen. Der jüngste OECD-Bericht zum Gender-Pension-Gap hat wieder die große Bedeutung von vermehrter Vorsorge für Frauen aufgezeigt. Hier ist durch die verstärkte mediale Präsenz des Themas auch einiges in Bewegung gekommen.
Welche Initiativen setzt die Wüstenrot Versicherung, um bei Frauen das Bewusstsein für eine Zukunftsvorsorge zu stärken?
Feldhofer: Vielen Frauen ist nicht bewusst, dass ihnen in der Pension Altersarmut drohen kann. Wir als Versicherer können durch Beratung zu Bewusstseinsbildung und Aufklärung beitragen und über die Möglichkeiten zur Vorsorge informieren. Um die Pensionslücke zu schließen, ist eine frühzeitige Vorsorge wichtig, um vom Zinseszinseffekt profitieren zu können.
Zettl: Im Vertrieb legen wir viel Wert darauf, ein passendes Team zusammenzustellen. Damit bieten wir für jede Kundin oder jeden Kunden die ideale Beratung auf einer viel individuelleren, persönlicheren Basis.
Feldhofer: Diversität ist bei uns im ganzen Unternehmen ein gelebter Wert. Wir haben bei Lehrlingen bereits einen weiblichen Anteil von über 50 Prozent. Und Vorsorge ist Vertrauenssache. Daher ist es ganz wichtig, divers aufgestellt zu sein, um für jede Situation den vertrauensvollen Berater, die vertrauensvolle Beraterin zu haben.
Gibt es bei Ihren Fondspolizzen auch eine verstärkte Nachfrage nach nachhaltigen Investments?
Feldhofer: Auf jeden Fall. Nachhaltigkeit ist mittlerweile so in den Köpfen der Menschen verankert, dass man sie fast schon voraussetzt. Kunden erwarten nachhaltige, aber auch einfach verstehbare Produkte. Es ist nicht jeder mit dem Kapitalmarkt vertraut. Daher ist es wichtig, transparente und einfache Produkte zu entwickeln.
Können Sie dafür ein Beispiel aus Ihrer Produktpalette geben?
Zettl: Bei Hybridprodukten kann man fondsgebundene mit klassischen Lebensversicherungen verbinden und je nach Risikobereitschaft den Anteil der Fondspolizzen höher oder niedriger halten. Das Angebot ist für Kunden sehr transparent und sie stellen sich einfach die für ihre Situation passende Vorsorge mit ihrem individuellen Risikomix zusammen.
Sie haben mit der Mobilitätsversicherung auch eine neue Kfz-Versicherung auf den Markt gebracht. Wurde die auch nach diesen Kriterien gestaltet?
Zettl: Wir haben 2024 eine neue Mobilitätsversicherung lanciert – sie hat den Fokus, simpel und transparent zu sein. Für den Kunden sind wir mehr als nur ein Schadenserlediger, denn wir haben das Produkt mit mehreren Assistance-Leistungen ausgestattet, die er in Anspruch nehmen kann. Es gibt keine Bausteine, für die man mehr bezahlen muss, um mehr Leistungen zu erhalten. Zum Beispiel: Mein Auto hat eine Panne – mir wird sofort geholfen. Oder mein Auto bleibt im Ausland liegen. Da werden mir die Reparatur, eine Hotelübernachtung und die Rückreise organisiert. Die Kunden sind begeistert davon. Daher haben wir auch Wachstumsziffern, mit denen wir den Markt in den vergangenen beiden Jahren mindestens um das Doppelte outperformt haben. Die Entwicklung war exorbitant gut.
Wie vertreiben Sie diese Mobilitätsversicherung?
Zettl: Wir arbeiten intensiv mit externen Maklern zusammen. Die haben natürlich das Ziel, ihren Kunden das beste Produkt zum besten Preis anzubieten. Der außergewöhnlich gute Absatz zeigt, dass unsere Mobilitätsversicherung „outstanding“ ist.
Wie sieht die Digitalisierungsstrategie der Wüstenrot Versicherung für die nächsten Jahre aus?
Zettl: Das zentrale Element unserer Digitalisierung ist die Wüstenrot App. Wir sind das einzige Allfinanzunternehmen in Österreich, das Banking, Versicherungen und Bausparen anbietet. Kunden können aktuell von Schadensmeldungen bis zu Änderungen von Daten alles selbst vornehmen, aber natürlich werden die Leistungen der App ständig ausgebaut.
Gerade bei Schadensmeldungen kommen vorgegebene Raster oft an ihre Grenzen.
Zettl: Für uns ist es wichtig, wie unsere Kunden zu denken. Wir arbeiten intensiv daran, Lösungen mit KI-Modellen zu entwickeln, bei denen uns jeder über sein präferiertes Kommunikationsmittel seinen Schadensfall meldet. Er muss nicht anhand vorgegebener Formulare auf der Homepage seinen Schaden melden, sondern schickt wahlweise eine E-Mail oder eine WhatsApp-Nachricht, und unser KI-Modell dokumentiert daraus den gesamten Schadensfall.
Wie sieht die Strategie der Wüstenrot Versicherung für die nächsten Jahre aus?
Zettl: Unser Ziel ist, eine ganz klare, einfache und transparente Produktarchitektur anzubieten. Wir wollen vermehrt Produkte lancieren, die Kunden sofort verstehen. Bei der Verarbeitung von Schadensmeldungen wollen wir so schnell sein, dass wir sofort die entsprechende Leistung bieten können. Unser Anspruch lautet: Wir sind stets für die Bedürfnisse unserer Kunden da.
Zu den Personen.
Brigitte Feldhofer ist seit Juli 2021 im Vorstand und verantwortlich für Veranlagung, Lebensversicherung sowie Immobilien.
Christian Zettl ist seit Dezember 2022 im Vorstand mit dem Fokus auf Sachversicherung und Innovation.